Gebraucht-Tipp BMW E39: Ist der 5er der perfekte Klassiker für den Alltag?

Gebraucht-Tipp: BMW E39
Dieser BMW kennt kein Alter

ArtikeldatumVeröffentlicht am 25.11.2025
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Auf Social Media herrscht über unsere Beiträge regelmäßig eine rege Diskussion. Gut so! So können wir ungeschminkt und in Echtzeit lesen, welche Meinungen, Gedanken und Wünsche Sie, liebe Leser, zu unseren Themen haben. Ein regelmäßig wiederkehrender Wunsch liegt auf älteren, bezahlbaren Gebrauchtwagen. Bevor wir uns gleich etwas emotionaler auf das Thema stürzen, beginnen wir doch mal mit dem Blick in die Statistik. Das Verkaufsportal Autoscout24 gab Ende 2024 ein Durchschnittsalter von rund sechs Jahren für Gebrauchte vom Händler an, aber auch stattliche 13 Jahre für Autos, die privat inseriert werden – Tendenz steigend. Klar, das hat mit der Teuerung von Neuwagen und jungen Gebrauchten zu tun, zum Teil aber sicher auch mit einem Käuferkreis, der wenig Interesse an Downsizing, ständigen Warntönen und der neuesten Crossover-Mischung hat. Natürlich heißt das noch lang nicht, dass Käufer älterer Autos auf Komfort, Sicherheit, Qualität und Ökonomie verzichten wollen. Aus genau diesem Grund, stellen wir Ihnen heute einen Musterschüler vor, der nun schon seit über 30 Jahren (ja, wirklich!) unser Straßenbild bereichert: den BMW 5er der Baureihe E39. Hier sind fünf Gründe, die für den gut gereiften 5er sprechen, sowie ein Mängelkapitel über die wichtigsten Schwachstellen.

1. Das Fahrverhalten

Der E39 fährt gut. Und zwar so gut, dass überraschend viele Mitfahrer nach einigen Metern ins Staunen kommen. Das liegt an der feinen Klangkulisse, dem hohen Fahrkomfort, aber gleichzeitig auch an der modernen Ergonomie in Kombination mit der tresorartig gebauten Karosserie. Vielleicht rechnen viele nicht damit, dass ein objektiv altes Auto schon kurz nach dem Losfahren einen hochwertigeren Eindruck erzeugt, als moderne Äquivalente. Die gepriesenen 90er-Jahre stellen technologisch eine Art Peak dar – das beweisen auch Modelle wie die S-Klasse W140, oder Japan-Preziosen wie Honda NSX oder Toyota Supra. Beim E39-5er lag der Anspruch in der Verbesserung des technologisch bereits sehr ausgefeilten Vorgängers E34. Muße und Budget waren vorhanden, die teuren Entwicklungsleistungen auf Feinheiten zu fokussieren. Xenon-Scheinwerfer für besseres Licht, aufwendige Geräuschdämmung, z.B. in Form doppelter Türdichtungen, eine große Auswahl an Elektronikfeatures, aber eben vor allem auch ein völlig neuentwickeltes Fahrwerk aus Aluminiumdruckguss (übrigens das Erste seiner Art in einem Serienauto) waren das Resultat. Der Anspruch lag auf Ingenieursleistungen, nicht auf optischem Lametta. Und diese Ingenieursleistungen beherrschte in einer Zeit, in der Auto-Entwicklungen noch heterogener erfolgten als heute, niemand sonst. Klar, Mercedes stand stets mindestens ebenbürtig an der Spitze der Automobilbaukunst, jedoch mit einer völlig anderen technischen Spielart. BMW verkaufte damals genau das, was sie versprachen: Freude am Fahren.

BWM 5er Limousine E39 Diesel-Röntgengrafik (1995)
BMW

Und wer die erleben möchte, genießt noch heute die verwindungssteife Karosserie, in der sich der samtig laufende Längsantrieb anspannt, wie ein großer Muskel. Die präzise Lenkung, die auch mit den riesigen Vierspeichen-Buslenkrädern ein enormes Feedback liefert, ohne nervös zu wirken. Und ein komfortables Fahrwerk, das mit relativ ausgeprägter Rollneigung auch bei zügiger Kurvenfahrt selten stößig wird, ohne Straffheit zu vermissen. Das Ganze fährt so stramm wie die Tür des E39 ins Schloss fällt. Die (bis auf den 520d und die V8-Topmodelle) omnipräsenten Reihensechszylinder-Triebwerke schieben mit konstanter Vehemenz an und erzeugen mit ihrem seidigen Lauf ein ähnlich wohliges Gefühl wie gleichmäßig hohe Schlagzahl einer feinen mechanischen Uhr. Klar, ein 150-PS-starker 520i reißt im Durchzug keine Bäume aus. Doch seine Laufkultur macht das fast vollständig wett. Und hohe Endgeschwindigkeiten erreicht auch er überraschend mühelos. Eine weiter faszinierende Kleinigkeit: Sogar die standardmäßig verbauten Stahlfelgen mit Radkappen hegen ein Geheimnis. Sie bestehen nämlich genau wie das restliche Fahrwerk aus Alu. Vermutlich das einzige Mal überhaupt in der Autogeschichte baute BMW eine Alufelge, die exakt wie eine Stahlfelge aussieht. Erst beim Betrachten des Hinweisaufklebers über die Montage von Wuchtgewichten wird das plötzlich klar. Man muss schon ausgesprochen wenig für Autos übrig haben, damit einen das kalt lässt.

2. Das Design

Dass der 1995 enthüllte E39 nicht neu ist, sieht jeder. Aber dass schon über 30 Jahre am windschlüpfig-schlanken Nagashima-Design vorbeigeglitten sind, dürfte manch einen erstaunen. Bis auf den markentypischen Hofmeister-Knick in der C-Säule und die markante Falz die sich über die Fahrzeugschulter zieht, ist rein gar nichts an der Außenhaut der E39 überflüssig. Der auch nach heutigen Maßstäben beachtlich niedrige cW-Wert von 0,27 erforderte die Unterbringung aller vorderen Leuchteinheiten unter einer glattflächigen Abdeckung. Weil zum BMW-Gesicht klassische Doppelscheinwerfer gehörten, wurde diese ganz unaufdringlich in Klarglas umgesetzt. Das hatte (bis auf den Honda Accord) zu dieser Zeit niemand. Allein die Nebelscheinwerfer platzierte man einzeln und tief am unteren Lufteinlass, also dort, wo sie am besten funktionieren. Die zeittypisch rundliche Form folgte an jeder Ecke einer Funktion. Wer gern in philosophisch-wissenschaftlichen Sichtweisen denkt, hat daran seine helle Freude. Apropos hell: Auch zum Facelift änderte sich logischerweise nicht viel. Die Frontscheinwerfer erhielten eine Linsenoptik und die charakteristischen Standlichtringe, auch Angel-Eyes genannt. Hinten erhielten die Heckleuchten eine klare Abdeckung und Lichtleiter-Stäbe fürs Fahrlicht. Neben einer minimal umgeformten Niere und noch dezenter veränderten Stoßfängern erlaubte man dem E39 also ein gewisses, feines Maß an Schmuck und ganz nebenbei eines der ersten, eigens mit Leuchtmitteln erzeugten Nacht-Designs überhaupt. Gut, dass es noch lang dauert, bis man dieses Kapitel über den aktuellen 5er schreiben muss.

BMW 5er Touring E39 520i (1999)
BMW

3. Die Praxistauglichkeit

Der E39 ist kein fragiles Kunstwerk, das sich nur mit größter Vorsicht und unter einem gewissen Verzicht bewundern lässt. Er wurde entwickelt, um schnell und komfortabel lange Reisen zu ermöglichen. Und das kann er heute noch ganz fabelhaft. Neben den bereits erläuterten Vorzügen in Antrieb und Fahrwerk bietet er auch nach aktuellen Maßstäben noch ganz hervorragende Sitze und eine Ergonomie, die sich kaum verbessern ließe. Fensterheber und Zweizonen-Klimaanlage waren stets serienmäßig, zumeist ist letztere sogar automatisch geregelt. Der E39 wird per Funkschlüssel ver- und entriegelt und ist fast nie ohne Bordcomputer oder Tempomat anzutreffen. Kurzum: Bis auf die Annehmlichkeiten moderner Infotainmentsysteme lässt er keinerlei Wünsche an Alltagsfunktionen offen. Und letztere lässt sich in vielerlei Hinsicht gut nachrüsten. Der E39 ist eines der ersten Autos mit Einbau-Radios. Sprich: Das Radio greift die Form des Armaturenträgers auf, statt nur in einem simplen DIN-Rahmen zu bleiben. Dafür gibt es zwar krude Nachrüstrahmen, doch gibt es schon seit Jahren ein breites Angebot an Nachrüstgeräten im Originallook, die jegliche Art der Smartphone-Spiegelung beherrschen und zudem ein praktisches Display besitzen. Die sehen täuschend echt aus und ersetzen die Originalgeräte, die oft mit Pixelfehlern oder defekten Navi-Rechnern im Kofferraum (ja, sowas gab's mal) kämpfen. Achten Sie beim Kauf nur darauf, dass das Gerät explizit für den E39 gedacht ist. Varianten für den 3er E46 oder den X5 (E53) besitzen einen anderen Winkel der Deckplatte und sitzen immer schief. Wer gern während der Fahrt Getränke zu sich nimmt, hadert mit hoher Wahrscheinlichkeit über die einst optionalen Werks-Cupholder – dünne Bügelchen ohne jeglichen Tiefgang, die unter dem Klimabedienteil sitzen und fast immer kaputtgehen. Auch hier gibt es billige Nachrüstlösungen, die besser funktionieren.

BMW M5 E39
BMW

In Sachen Verbrauch reden wir in den meisten Fällen über die häufig anzutreffenden Benziner. Die Diesel sind zwar ebenso hochwertige Langläufer, doch wird die Zahl der Selbstzünder immer kleiner, zumal die meisten bereits viele Hunderttausend Kilometer abgespult haben. Folglich bleibt immer etwas Geld an der Tankstelle. Dank der langen Getriebeübersetzungen und der strömungsgünstigen Karosserie sind vernünftige Verbräuche im Acht-Liter-Rahmen aber recht mühelos machbar.

4. Der Hobbyfaktor

Merken Sie, dass wir bis hierhin in keinem Satz erwähnt haben, dass auch ein gewisser Freizeitwert im Fahren alter Autos steckt? Einschlägige Instagram-Kanäle liefern konstanten Nachschub an Inspirationen für himmlisch entspanntes Dahinrollen im eigenen Klassiker, unterlegt mit feiner zeitgenössischer Musik und Gedanken darüber, ob die Welt mit modernen Warntönen für jedes Wehwehchen wirklich besser ist. Diese Art von Lifestyle hat viele Reize. Es geht nicht darum, wie viele M-Logos oder Leucht-Nieren man für seine Leasingrate serviert bekommt, sondern wie befriedigend die nachhaltige Nutzung eines qualitativ hochwertigen Fahrzeugs auf Dauer ist, dessen Kernkompetenz in der Freude am Fahren liegt. Und wer sich genau dafür begeistert, mag zwar in der kurzlebigen und oberflächlichen Neuwagenwelt wie ein Nerd erscheinen, trifft aber dennoch überall auf Gleichgesinnte. Einer davon tippt gerade diese Zeilen. Der Austausch mit anderen Altauto-Fans macht Spaß. Die Zeiten der cordhosigen Oldtimertreffen auf kurzgemähten Wiesen, gemischt mit der Duftnote von Pfeifentabak und undichten Austin Healeys, sind vorbei. Die längst herangewachsene Generation setzt sich viel eklektischer zusammen und pflegt eine Kultur von Toleranz und Austausch – im Netz und in Natura. Wer in seinem 5er spontan aus einem Opel Vectra oder VW Corrado heraus gegrüßt wird, weiß das.

BMW 5er E39
BMW

5. Die Preise

Okay, zurück auf den Boden der Auto-Tatsachen. Die ganze Empfehlung wäre müßig, wenn sie sich nicht auch finanziell lohnen würde. Für den genannten Hobbyfaktor genügt ein offener Zweisitzer, doch fürs echte Leben drumherum bietet der 5er viel Platz, vier Türen, eine hohe Reisetauglichkeit und gute Zuverlässigkeit. Damit bedient er noch immer genau jene Ansprüche, die man noch heutzutage an eine Premium-Limousine stellt. Er bietet also einen durchaus vergleichbaren Gegenwert wie jede andere seiner insgesamt vier Nachfolgergenerationen. Für ein gutes Exemplar zahlt man je nach Laufleistung, Motorisierung und Ausstattung zwischen 6.000 und 12.000 Euro, Preziosen wie z.B. M5 oder seltene Sechsgang-Handschalter-Versionen des 535i und 540i mal ausgenommen. Es geht auch günstiger, doch dann sind meist Karosseriearbeiten aufgrund von Rostschäden fällig – je nach Werkstatt-Infrastruktur kein zwingendes K.-o.-Kriterium. Verglichen mit den Wegwerfpreisen, die noch vor einigen Jahren aufgerufen wurden, sind das relativ stattliche Beträge. Doch gemessen am Gegenwert und dem Fakt, dass gepflegte Exemplare noch viele Jahre Freude und Nutzen stiften, ist das günstig. Diesel ohne H-Kennzeichen (also so gut wie alle) sind sparsam, kosten aber empfindlich viel in der Steuer. Angesichts eines gewissen Kultfaktors dürfen jedoch gerade Besitzer eines 530d mit nicht allzu biblischem Kilometerstand auf stabile Restwerte hoffen. Beliebt sind allerdings vor allem die stärkeren Reihensechszylinder ab 525i, die charakterlich ganz hervorragend zum schnellen Reisewagen passen. Automatikgetriebe waren lange Zeit ein gewisser Preisdämpfer im Vergleich zu den herrlich knorpeligen Handschaltern. Angesichts der hohen Qualität und der relativ modernen Funktion der Automatikgetriebe stellen diese heute einen gewissen Reiz dar. Speziell zu den stärksten Motorisierungen, allen voran den V8-Modellen und den Dieseln, passen sie ganz hervorragend.

BMW 5er E39 (1995)
Uli Jooß

Mögliche Mängel

Leider ist nicht alles Gold, was glänzt. Im Alter zeigen sich Schwachstellen, die auch die talentiertesten Ingenieure seinerzeit nicht ganz vorhersehen konnten. Trotzdem: Das "ewige Autoleben" ist praktisch für jeden E39 möglich, sofern er nur halbwegs gepflegt wurde. Antriebstechnisch gibt's keine tückischen Todesfallen. Im Alter kämpft jeder 5er irgendwann mit den BMW-Klassikern der damaligen Zeit: undichte Ventildeckeldichtungen, defekte Kurbelgehäuseentlüftungen, defekte Vanos-Spulen, sowie von der Abwärme des Triebwerks zerbrechlich kross gebackene Kunststoffteile des Kühlsystems und der Motorsensorik. Nichts davon ist teuer oder schwierig zu reparieren, gleiches gilt für typische Fahrwerks- und Bremsverschleißteile. Auch versierte Selbstschrauber können die meisten dieser Baustellen in Eigenregie beheben. Störungen im Motorlauf sind meist auf Kleinigkeiten zurückzuführen: defekte Zündspulen oder -kerzen, undicht gewordene Thermostatgehäuse, die auf den Kurbelwellensensor tropfen und letzteren zum Spinnen bewegen. Erst wenn hier alles in Ordnung ist und der Wagen den Motorstart verweigert, kann das Zünd-Anlassmodul mit Wegfahrsperre eine Macke haben. Hier muss im Einzelfall detailliert nach Abhilfe gesucht werden. Mechanisch kritisch kann es werden, wenn die Abläufe der Wasserkästen hinter den Federbeindomen verstopft sind. Dann sammelt sich im Extremfall so viel Wasser, dass der Unterdruck, der zum Bremskraftverstärker führt, eine Portion Regenwasser direkt in die Ansaugbrücke schlürft. Ein Wasserschlag zerstört das Triebwerk dann in Sekundenbruchteilen. Das lässt sich natürlich denkbar einfach vermeiden.

Aliexpress China Tuning am BMW 5er e39 2019
Arturo Rivas

Der größte Rückgratbrecher heißt heutzutage Rost. Der findet sich bei den Limousinen vorwiegend rund um die Schwellerkannten und die dahinter liegenden Ablaufstopfen im Bodenblech, sowie am außen durchgezogenen Heckblech unter der Öffnung des Heckdeckels. Hiervon lässt sich das Meiste aber ohne allzu enormen Aufwand beim versierten Karosseriebauer beheben. Schwieriger ist es beim Touring. Alles, was das Kombiheck von der Limousine unterscheidet, ist anscheinend besonders rostfreudig und zudem nicht überall so trivial zu reparieren. Hier gilt das Credo: Nutzen Sie die große Auswahl an E39. Im Zweifel finden Sie ein besseres Exemplar. Zuletzt bleiben drei Kleinigkeiten, die mit Gummi zu tun haben: Die gummiumrahmten Einstiegsleisten fallen fast immer auseinander, weshalb das kein Grund zur Sorge über den Gesamtzustand darstellt – wer Ersatz findet, kann das leicht beheben. Der Taster zum Öffnen des Heckdeckels sitzt hinter einer Gummiabdeckung, die vom vielen Benutzen undicht wird, woraufhin irgendwann der Schalter seinen Dienst quittiert. Ersatz ist nicht teuer und lässt sich locker selbst einbauen. Gleiches gilt auch, wenn die schwarzen Gummiknöpfe des Vorfacelift-Schlüssel zu klebrigem Lakritz geworden sind. Im Netz finden sich neue Knopfmatten für Einstelliges. Relativ egal ist übrigens die Laufleistung, sofern der Pflegezustand stimmt.

Fazit