Joachim Post, neuer Entwicklungsvorstand bei BMW, macht in einem bemerkenswert selbstbewussten Interview mit dem Handelsblatt eine klare Ansage: Die Münchner können Autos künftig schneller entwickeln als die chinesische Konkurrenz. Mit der auf der IAA vorgestellten Neuen Klasse und 40 neuen Modellen in den kommenden zwei Jahren will er beweisen, dass BMW nicht nur mithalten, sondern die Entwicklungs-Geschwindigkeit sogar vorgeben kann.
Post war Anfang 2022 Einkaufsvorstand bei BMW geworden und leitet seit Juni 2025 das Entwicklungsressort, das er von Frank Weber übernommen hat. Post ist 54 Jahre alt und seit 2002 bei BMW. Der Diplom-Ingenieur leitete in seiner Zeit bei BMW unter anderem die Kooperationen mit Toyota und Brilliance, später die Fahrzeugstrategie.
Künstliche Intelligenz als Turbo
Der Schlüssel für das höhere Tempo liegt laut Post in der Nutzung von Künstlicher Intelligenz. KI soll nicht nur die Fahrfunktionen verbessern, sondern auch die Entwicklungsarbeit revolutionieren: Statt mehrerer tausend Ingenieure an einem Fahrzeug reichen künftig 1.000 Mitarbeiter aus. KI beschleunige Entwicklungsprozesse wie Codierung, Simulationen und Wissensmanagement massiv. Das Ziel: mehr Tempo, mehr Effizienz, weniger Kosten.
Partnerschaften für mehr Schlagkraft
BMW setzt dabei nicht allein auf eigene Ressourcen. Kooperationen mit Technologie- und Zulieferunternehmen wie Qualcomm, Valeo und dem chinesischen KI-Spezialisten Momenta sollen die Entwicklung vorantreiben. Beispielsweise ist BMW stolz auf seine Erfolge bei der Entwicklung teilautomatisierten Fahrens: Bis zu Geschwindigkeiten von 130 km/h könne der Fahrer seine Hände vom Steuer nehmen – BMW ist der erste Hersteller, der dafür in ganz Europa eine Zulassung erhalten hat.
Zwischen Anspruch und Realität
So selbstbewusst die Worte von Post auch klingen – die Frage bleibt, ob BMW den hohen Anspruch halten kann. Autonomes Fahren bleibt komplex, regulatorische Unterschiede zwischen Europa, China und den USA erschweren die Skalierung. So erteilt Post einer kurzfristigen Einführung vollautomatisierten Fahrens auch eine klare Absage – Post verweist auf zu wenige Interessenten, um die Technik derzeit effizient zu skalieren. Eine Erfahrung, die aktuell die komplette Branche machen würde. Dass Tesla das ganz anders sieht, erwähnt der Entwicklungschef nicht.
Auf die Frage, ob China der Innovationstreiber in der Autoindustrie ist, sagt Post: "Die Innovationsgeschwindigkeit ist extrem hoch. Deswegen steht ja unser größtes Entwicklungszentrum außerhalb von München auch in China."
"Niemand hat so viele neue Technologien in der Breite wie wir"
Post verweist aber auch die Stärke in Europa in der Entwicklung, wo BMW "zahlreiche Patente" halte. Und er glaubt: "Die Chinesen schauen auch sehr genau auf uns. Deshalb hat etwa einer unserer chinesischen Konkurrenten jetzt kurzfristig eine Art Panoramic Vision in sein neues Modell eingebaut. Wir nehmen diese Konkurrenten sehr ernst. Aber ich glaube, es gibt derzeit niemanden, der so viele neue Technologien in der Breite verfügbar hat wie wir".
Und zur Neuen Klasse, deren erstes Modell, der iX3 (siehe Glaerie) auf der IAA debütierte, sagt Post, dass sich der Aufwand und die Investitionen in diesen "Weitsprung" gelohnt haben: "Es war goldrichtig, die Neue Klasse so aufzusetzen, wie sie jetzt ist". Man könne jetzt "Autos so auf den Markt bringen, wie man Brezen backt, wie man in Bayern sagt. Was wir in den nächsten zwei Jahren vorhaben, wird uns keiner so schnell nachmachen. Und deswegen sage ich: Das ist mehr als China-Speed, was wir jetzt machen".





