BMW M5 Touring vs Audi RS 6 Performance im Test: Hybrid-Power gegen V8-Emotion

BMW M5 Touring und Audi RS 6 Performance im Test
Einer beeindruckt, der andere berührt

ArtikeldatumVeröffentlicht am 25.12.2025
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Liebeskummer ist wohl das treffende Wort, um unserer Gemütslage den richtigen Ausdruck zu verleihen: Einerseits möchte man BMW abbusseln für den Entschluss, die M-Maschinerie wieder in den Kombi-5er zu packen, andererseits bohrt die Frage, wieso der 4,4-Liter-V8 nicht als Solist einziehen durfte.

Die Antwort? Hat wie so oft mit dem Flottenverbrauch zu tun. Nach WLTP schlägt der BMW M5 Touring nämlich mit gerade mal 44 Gramm CO₂ zu Buche – die Vorgänger-Limousine notierte das Vierfache. Ein (aus Herstellerperspektive) geldwertes Argument pro Hybridisierung, bei dem es absolut zweitrangig ist, dass derlei Werte nur real werden, wenn man die Sparpotenziale ganz gezielt anzapft.

Na ja, und dann geht es im Reigen der Powerkombis, Sie werden lachen, natürlich um Power. Im Kampf um die Kundengunst nutzen die 727 System-PS jedenfalls mehr, als die damit verbundenen Nebenwirkungen schaden. Obgleich es sich um schwerwiegende handelt: 2.459 Kilogramm wiegt der Doppelherz-Allradler – gut 300 mehr als der RS 6 , der sich kraft seines 630 PS starken Vierliter-V8 auf dasselbe Leistungsgewicht hievt. Herauskürzen lassen sich die Unterschiede aber nur rechnerisch, in den Charakterzügen verfestigen sie sich.

Audi RS6 Avant Performance, Motor
Rossen Gargolov

Innenraum und Bedienung: Moderne Show oder bewährte Ergonomie

In diesem Sinne, ran an den Speck: Der BMW empfängt einen mit der neueren Mode. Nervige Klapptürgriffe draußen, drinnen das breite Doppeldisplay samt umlaufender Lichtleiste in M-Farben. Die cheffigen Sessel wirken so opulent wie das Drumherum, ziehen einem die Seitenwangen bis (fast) über die Ohren und stehen einen Tick besser zum Lenkrad als die schlankeren Audi-Sitze.

Dass sich im Unterboden des M5 ein 22,1-kWh-Akku breitmacht, bemerkt man nur indirekt – anhand der Ladekabeltasche, die in Ermangelung geeigneter Ablagen an Karabinerhaken im Kofferraum rumhängen muss.

Antriebskonzepte im Alltag und unter Volllast

Startknopf. Dingdong. Das System meldet sich aktiv, der Motor schlummert fürs Erste aber weiter. Gemessene 80 km vermag der M5 elektrisch zurückzulegen, die M-Motionen erwachen jedoch erst mit dem V8, der in Abhängigkeit von den Fahrmodi in den Antriebskanon einsteigt.

In "Hybrid" spielt er Pingpong mit der E-Maschine, die Dynamic-Programme halten ihn im Dauerlauf, dito die "e-Control", die ihm Leistung zum Nachladen der Batterie abzwackt. Kraftentfaltung? Enorm. Wobei die vollflächige Vehemenz von der Exzellenz ihres Hauptbestandteils lebt. Der Biturbo-Verbrenner steuert 80 Prozent alias 585 PS zum Summenspiel bei, pumpt los, ohne schnappzuatmen, und das gesamte Drehzahlband mit Vortrieb voll. Die 280 Nm des 145-kW-E-Motors haben’s entsprechend leicht, müssen keine Löcher stopfen, schieben sich stattdessen wie eine Stromschnelle in einen feisten Fluss – leider nicht ohne ab und zu negativ aufzufallen. Grundsätzlich gilt: je klarer die Kommandos, desto geschmeidiger das Wechselspiel. Bei geringer Last kommen sich die Kraftquellen aber gelegentlich in die Quere, woraufhin der Vortrieb erst ermattet, um dann recht unwirsch wieder herauszuplatzen.

BMW M5 Touring
Rossen Gargolov

Im mildhybridisierten Audi läuft die Luzie dagegen durchweg wie am Schnürchen, wobei "Luzie" viel zu feminin klingt angesichts des barbarischen Charmes, mit dem dich der Vierliter-V8 mit bis zu 850 Nm an sich zieht. RS-6-Kenner werden trotz des 48-V-Schubsers eine winzige Delle im Ladedruckaufbau registrieren, die von den dickeren Ladern der Performance-Version herrührt. Einmal aufgeboostet, wütet das Drehmoment aber gehörig durch den Allradantrieb, wirkt wegen der reduzierten Lastwechseldämpfung sehr präsent und packend. Herzrhythmisch: der Klang. Es brodelt, bollert, beim Hochschalten unter Last erbebt der Antrieb, während rockige Rumpler durch die Auspuffanlage grollen. Der BMW? Knurrt!

Fahrwerk und Lenkung im Vergleich

Überhaupt kommt man sich im M5 immer etwas abgeschottet vor. Wobei nicht nur der üppige Aufbau die Gefühle dämpft, auch die Schnittstellen wirken distanziert. Zwar haben es die M-Macher geschafft, dass sich der künstlich generierte Pedaldruckpunkt des integrierten Bremssystems natürlicher anfühlt als jener der konventionellen Audi-Anlage. Die Lenkung jedoch ist derart damit beschäftigt, das Gewicht zu kaschieren, dass einem jegliches Feedback durch die Finger flutscht. Erst in der Sport-Stellung beginnt der BMW dank des erhöhten Gegendrucks allmählich, in der Hand zu liegen, ohne jedoch davon griffig oder intuitiv zu werden.

Audi RS6 Avant Performance
Rossen Gargolov

Mitverantwortlich: die Hinterachslenkung. Im RS 6 bereits seit Generationsbeginn aktiv, ist sie ein Novum im M5, das mithelfen soll, die traditionellen Fahrverhaltensmuster gegen die gewachsenen Widerstände durchzusetzen. Und auch wenn ihr das im Team mit dem aktiven Hinterachsdifferenzial erstaunlich gut gelingt, ist die noch größere Errungenschaft des M5 eigentlich jene, ohne aktive Wankstabilisierung ins Gefecht mit der hohen Masse ziehen zu können. Während Audis optionales DRC-System Karosseriebewegungen über hydraulisch verschaltete Dämpfer entgegenwirkt, die Bandagen quasi auf Knopfdruck lockert oder strafft, wird der M5 ausschließlich strukturell gestützt. Konkret: über ein komplexes Netzwerk aus Verstrebungen, das die zerrenden Querkräfte auffängt, verdrängt, umleitet und kontert.

BMW M5 Touring und Audi RS6 Avant Performance
Rossen Gargolov

Komfort gegen Dynamik: Zwei Wege zum Power-Kombi

Die Befürchtung, der BMW würde durch das effektive Sekundär-Skelett im Komfort verkrampfen, erhärtet sich nur zum Teil. Mag sein, dass der Audi in der mittleren Stufe seiner Dämpfer lockerer liegt als der M5 im Schonprogramm. Wirklich ruppig wird der BMW aber nur dann, wenn Bodenwellen schräg auf das kreuz und quer versteifte Chassis treffen und ihn in Horizontal-Geschüttel versetzen. Dafür wiederum kniet er sich umso energischer in Kurven, baut mehr Spannung zwischen Lenkrichtung und Fahrbahn auf und drängelt vorlieblich mit dem Heck, während das Sportdifferenzial des Audi allenfalls einen leichten Druck aus der Hüfte zu bewerkstelligen vermag. Dennoch hat man im RS 6 die größere Freude am Fahren. Er muss sich nicht erst aufraffen, sondern steht von sich aus auf der Matte, hat konstante Körperspannung, haftet an Befehlen, reagiert gieriger, wirkt spontaner, quirliger – oder ist schlicht und einfach: leichter.

Und das zahlt sich auch längsdynamisch aus. Beim M5 dämpft die Massenträgheit die Wucht des 1.000 Nm starken Hybrids nämlich derart, dass sich der Audi bis 100 km/h um drei Zehntel in Front stemmen und dort halten kann. Erst im Bereich ab 160 hat der BMW seine Leibesfülle niederbeschleunigt, beginnt sich in Front und schließlich davonzuschieben. Wobei die Wirksamkeit des Power-Plus ebenso wie die (kaufentscheidende?) Leistungszahl der üblichen Hybrid-Fußnote bedarf. Die da lautet: "Nur solange Elektro-Vorrat reicht."

Fazit

Technische Daten
BMW M5 Touring M5Audi RS 6 Avant performance
Außenmaße5096 x 1970 x 1510 mm4995 x 1951 x 1460 mm
Kofferraumvolumen500 bis 1630 l565 bis 1658 l
Hubraum / Motor4395 cm³ / 8-Zylinder3996 cm³ / 8-Zylinder
Leistung430 kW / 585 PS bei 5600 U/min463 kW / 630 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h280 km/h
0-100 km/h3,6 s3,3 s
Verbrauch5,7 kWh/100 km
Testverbrauch11,1 kWh/100 km10,8 l/100 km