Berater fordert sensible Daten an: Compliance-Fall bei der bundeseigenen Autobahn GmbH

Berater fordert Konkurrenz-Daten an
Compliance-Fall bei der bundeseigenen Autobahn GmbH

ArtikeldatumVeröffentlicht am 10.12.2025
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Foto: Autobahn GmbH

Im April 2024 erhielten nach einem Bericht des Handelsblatt 19 leitende Beschäftigte der Autobahn GmbH eine E-Mail mit dem Betreff "EILT". Darin wurden sie aufgefordert, eine vollständige Übersicht aller externen Beratungen der IT-Abteilung zu erstellen – inklusive der Namen der beteiligten Personen, Tagessätze, Vertragsvolumina und laufenden Projekte. Die Absenderadresse stammte nicht aus dem internen System, sondern von einem externen Berater des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens EY.

Brisant ist der Umstand, dass der Berater offenbar im Auftrag einer Führungskraft der Autobahn GmbH handelte. Damit wären betriebsinterne Informationen an ein konkurrierendes Beratungsunternehmen gelangt. Diese Daten hätten in Vergabeverfahren einen erheblichen Wettbewerbsvorteil bedeuten können.

Staatsanwaltschaft prüft den Verdacht

Nach Recherchen des Handelsblatt liegt der Vorgang inzwischen bei der Staatsanwaltschaft. Das Landeskriminalamt Berlin übergab die Unterlagen zur rechtlichen Prüfung. Im Raum stehen mögliche Verstöße gegen Compliance-Regeln, Bestechlichkeit und der Verdacht des Verrats von Geschäftsgeheimnissen.

Die Autobahn GmbH bestätigte nach Angaben der Deutschen Presseagentur (dpa), dass eine interne Prüfung eingeleitet wurde. Aus rechtlichen Gründen wolle man sich derzeit nicht weiter äußern, betonte das Unternehmen. Zugleich verwies die Gesellschaft auf ihre Verpflichtung, faire und transparente Vergabeverfahren zu gewährleisten und Interessenkonflikte strikt zu vermeiden.

EY erklärte auf Nachfrage, man kommentiere grundsätzlich keine einzelnen Kunden oder Projekte.

Möglicher Vorteil bei späteren Ausschreibungen

Laut internen Unterlagen führte der EY-Berater die Abfrage durch und legte eine vollständige Liste aller externen Dienstleister der IT-Abteilung vor. Anfang 2025 wurde das Dokument auf Wunsch derselben Führungskraft aktualisiert. Kurz darauf gewann EY einen der größten IT-Aufträge der Autobahn GmbH – einen Vertrag mit einer Laufzeit von zehn Jahren.

Sollte sich der Verdacht bestätigen, hätte das Unternehmen über Informationen verfügt, die anderen Wettbewerbern nicht zugänglich waren. Compliance-Experten sehen darin einen klaren Verstoß gegen geltende Vergaberegeln.

Dauerprobleme mit externer Unterstützung

Der Vorfall rückt erneut strukturelle Schwächen der 2018 gegründeten Bundesgesellschaft in den Fokus. Die Autobahn GmbH war angetreten, die früher dezentral organisierten Landesverwaltungen zu bündeln. Gerade im IT-Bereich blieb der Aufbau eigener Kompetenzen jedoch lückenhaft.

Nach internen Schätzungen entfallen rund 40 Millionen Euro pro Jahr auf Beratungsleistungen im IT-Sektor, bei durchschnittlich 1.200 Euro Tagessatz. In der Zentrale ist das Verhältnis von externen zu internen Kräften nahezu ausgeglichen. Insgesamt arbeiten etwa 120 Dienstleister für das Unternehmen, 17 davon allein im Bereich Informationstechnik.

Fazit