Interview Smart CEO Europe Dirk Adelmann: „Unzufrieden mit der gesamten Marktentwicklung bei Elektrofahrzeugen“"

Interview Smart Europe CEO Dirk Adelmann
„Wir haben keine Subventionen in China bekommen“

Zuletzt aktualisiert am 17.01.2025
Smart wächst, aber wie groß will die Marke eigentlich werden?

Früher hatte Smart rund 1.400 Mitarbeitende allein am Standort Böblingen. Jetzt sind wir ca. 300 in ganz Europa. Die Mannschaft ist momentan also sehr schlank aufgestellt und das ist auch gut so. Das geht natürlich nur, weil wir im Hintergrund zwei sehr potente Partner haben. In Europa sind die Vertriebsstandorte und Teileversorgung sowie Design bei Mercedes-Benz integriert. Die komplette Technik stammt von Geely. Dazu produzieren wir mit anderen Geely-Konzernmarken zusammen in einem ultramodernen Werk in Xi’An.

Das klingt kostengünstig. Doch jetzt kommt die EU mit Zöllen. Wie geht Smart damit um?

Fahrzeuge, die wir seit dem 1. November 2024 importieren, werden mit 18,8 Prozent mehr Zoll berechnet als bisher. Wir gehen aktuell aber davon aus, dass es noch zu einer Verhandlungslösung kommen wird, die künftig keine Zusatzzölle vorsieht, sondern eher einen Minimum-Importpreis.

Was wäre der Vorteil gegenüber Strafzöllen?

Einen Minimum-Importpreis in Europa pro Fahrzeugkategorie einzuhalten, wäre eine Selbstverpflichtung der exportierenden Hersteller. Diese muss derart gestaltet sein, dass sie die potenziellen Subventionen ausgleicht. Alternativ sind Quotenlösungen, also Importbeschränkungen bis zu einer gewissen Menge, denkbar. Ein Minimum-Importpreis würde Smart weit weniger treffen als die verhängten Zölle, weil die Premium-Modelle beim Kunden-Endpreis heute schon höher eingepreist sind als bei vielen chinesischen Wettbewerbern. Das heißt, wir haben heute schon keine Gefährdung von europäischer Produktion durch unsere Fahrzeuge. Ich kann nur für Smart sprechen, aber wir haben keinerlei Subventionen erhalten in China.

Schaut sich Smart aktuell nach Produktionsstandorten in Europa um?

Wir analysieren kontinuierlich unser gesamtes Produktionssetup. Momentan gibt es hier aber nichts Neues zu berichten.

Smart hat Preiserhöhungen angekündigt, gewährte auf der anderen Seite seit geraumer Zeit hohe Rabatte. Wie passt das zusammen?

Als die BAFA Ende 2023 über Nacht die E-Auto-Kaufprämie eingestellt hat, sind wir wie manch andere Hersteller eingesprungen und haben zusätzlich zum Hersteller-Anteil auch den des Staates übernommen. Diese Unterstützung lief Ende 2024 aus. Ab Januar 2025 werden wir einen Teil der Preiserhöhungen weitergeben müssen, immer noch in der Hoffnung, dass es zu einer Verhandlungslösung kommen wird.

Momentan gibt es eine stark wahrnehmbare Kaufzurückhaltung. Wann ist "das Tal der Tränen" aus Ihrer Sicht durchstritten?

Wir sehen es bei Smart naturgemäß optimistischer: 2023 ist Smart in zehn Märkten mit dem Smart #1 gestartet und 2024 kam der Smart #3 sowie sieben weitere Länder hinzu. Das heißt, wir befinden uns nach wie vor in einer Hochlaufphase für die neuen Smart-Produkte. Wir haben 2024 den Absatz verdoppelt und werden nächstes Jahr mit dem Smart #5 versuchen, daran anzuknüpfen und vielleicht noch eine Schippe draufzulegen.

Sie sind also völlig zufrieden mit den Absatzzahlen?

Wir sind zufrieden mit der Absatzentwicklung in Europa bei Smart, allerdings ehrlicherweise unzufrieden mit der gesamten Marktentwicklung bei Elektrofahrzeugen. Deutschland liegt derzeit 28 Prozent unter dem erwarteten BEV-Anteil. Märkte wie Spanien und Italien dümpeln bei drei bis vier Prozent BEV-Anteil herum. Als wir 2019 Business-Cases gerechnet haben, waren in Spanien und Italien zweistellige BEV-Raten zu erwarten. Und das tut weh. In Frankreich hat die französische Regierung einen Alleingang gewagt. Das hat uns nicht unbedingt geholfen, da Smart seitdem von den lokalen Subventionen ausgeschlossen wurde.

Oliver Blume forderte kürzlich eine Neuauflage der staatlichen Kaufprämie. Würden Sie das unterstützen?

Kaufprämien sind eine Möglichkeit. Aber ich würde es gerne größer denken: Der Kunde ist verunsichert, weil es eine Prämie gab, die plötzlich gekippt wurde. Klare Fahrpläne der EU zum Verbrenner-Aus werden nun wieder diskutiert. Sprich, die Unsicherheit ist es, die momentan zur Kauf-Zurückhaltung beiträgt. Uns als Gesamtindustrie wäre sehr geholfen, wenn es eine klare, planbare Unterstützung gäbe. Das kann in Form einer Kaufprämie, eines CO2-Malus-Systems für bestimmte Kraftstoffe oder die Vergünstigung von Ladestrom sein. Elektromobilität sollte sich für den Endkunden lohnen. Und zwar nicht nur beim Fahrzeugpreis, sondern auch bei den Total Costs of Ownership. Da hilft es natürlich nicht, wenn die Strompreise durch die Decke gehen und gleichzeitig Benzin und Diesel auf einem relativ moderaten Niveau verharren. Idealerweise regelt es die Politik so intelligent, dass es den Steuerzahler nichts zusätzlich kostet.

Was wünschen Sie sich für Smart im nächsten Jahr?

Smart ist als Marke in Europa bekannt. Doch wenn viele Leute über Smart reden, dann kommt einem als allererstes der Fortwo in den Sinn. An der Bekanntheit der neuen Modelle arbeiten wir also weiterhin. Das zu ändern, ist unsere Hauptaufgabe.

Das gelingt nur mit attraktiven Modellen? Wie groß werden die Smarts noch?

Unsere Fans und auch die Vertriebspartner hoffen natürlich auf einen Fortwo-Nachfolger. Und Smart ist immer für eine Überraschung gut. Doch 2025 konzentrieren wir uns auf die erfolgreiche Einführung des Smart #5. Die ungeraden Nummern bei Smart eint ja, dass es SUV oder Crossover sind. Das heißt, das nächste Fahrzeug mit einer geraden Nummer wird sicherlich kein SUV. So viel können wir verraten.

Die Studie des Smart #5 trug einen Projektor und eine Bluetooth-Box. Werden wir solche Spielereien in der Serie wiederfinden?

Tatsächlich werden der Beamer und die Boombox in China angeboten. Das sind Gimmicks, die für Kunden dort durchaus ein Kaufgrund sind. In Europa sind die Käufer pragmatischer, sie legen gerade in dem Segment viel mehr Wert auf Sicherheit, Komfort und Connectivity. Daran orientieren wir uns.

Vita

Dirk Adelmann hat als CEO die Leitung der smart Europe GmbH übernommen. Er verfügt über fast 20 Jahre Erfahrung im Daimler-Konzern, ein großer Teil davon in leitenden Managementfunktionen im In- und Ausland.

Dirk Adelmann kam 2002 als Mitglied des Associate Management Consulting Teams (AMCT/IMAP) zu Daimler. Nach Abschluss des Programms im Jahr 2003 trat er in die damalige smart GmbH ein, um smart als Marke in mehreren neuen Märkten einzuführen. Nach Vertriebs- und Marketingfunktionen bei Chrysler Europe und Mercedes-Benz Overseas wurde er 2012 zum Managing Director von MB Vietnam ernannt. Während seiner Amtszeit steigerte das vietnamesische Team das Volumen, den Marktanteil und den Konzernbeitrag erheblich, was 2015 mit der Auszeichnung "Market of the Year Award" gewürdigt wurde.

2016 übernahm er die Verantwortung für den Bereich Retail Strategy & New Business Models MBC in der Zentrale. Seine Abteilung trug maßgeblich zur Entwicklung des VdZ (Vertrieb der Zukunft) und zur erfolgreichen Transformation von smart zu einer rein elektrischen Marke bei.

In der Position des CEOs leitet Dirk Adelmann das smart Europe Team beim Aufbau eines kosteneffizienten und kundenzentrierten Geschäftsmodells, indem er das volle Potenzial des internationalen Ökosystems von Mercedes-Benz, Geely und allen anderen Kooperationspartnern im Rahmen des revolutionären Omni-Channel-Kundenansatzes für die europäischen Märkte ausschöpft.