EU-Staaten und Europaparlament hatten vor rund drei Jahren beschlossen, dass Neuwagen ab 2035 kein CO₂ mehr ausstoßen dürfen. Von diesem strikten Verbot hat sich die EU-Kommission offiziell verabschiedet und schlägt vor, das CO₂-Reduktionsziel auf 90 Prozent im Vergleich zum Basisjahr 2021 zu reduzieren. Allerdings muss der dadurch höhere CO₂‑Ausstoß durch die Verwendung von umweltfreundlichem Stahl und mehr klimafreundlichen Kraftstoffen ausgeglichen werden.
Der Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA) hat diesen Vorschlag kritisiert. VDA-Präsidentin Hildegard Müller sagte, er sei in der jetzigen Form nicht mehr als ein Lippenbekenntnis. Was nach Technologieoffenheit klinge, sei "mit so vielfältigen Hürden versehen, dass es droht, in der Praxis wirkungslos zu bleiben".
CO₂-Kompensationen nicht von der Industrie beeinflussbar
Müller stört vor allem, dass Maßnahmen die 10-Prozent-Lockerung des CO₂-Einsparziels kompensieren sollen, die nichts mit dem Kern der Branche zu tun haben. Grünen Stahl und erneuerbare Kraftstoffe nannte die VDA-Präsidentin, neue Anforderungen an die Autoindustrie, "bei denen die Verfügbarkeiten nicht in unserer Macht liegen". Die Industrie sei also auf Entwicklungen angewiesen, die sie nicht beeinflussen könne.
Müller rief Parlament und Mitgliedstaaten auf, den Vorschlag der Kommission in den anstehenden Verhandlungen "entscheidend zu verändern". Das Gesamtpaket der Kommission für eine Abkehr vom sogenannten Verbrenner-Aus nannte Müller sogar "fatal" für Zeiten mit zunehmendem internationalem Wettbewerb. Über den Dienstag, an dem die EU-Kommission den Vorschlag bekanntmachte, sagte sie, es sei "kein guter Tag" für den Automobilstandort Europa, für Wirtschaft, Wachstum und Beschäftigung.
Aufruf zur Modifikation des Vorschlags
Müller rief daher Parlament und Mitgliedstaaten auf, den Vorschlag der Kommission in den anstehenden Verhandlungen "entscheidend zu verändern". Damit steht Müller im Gegensatz zu Bundeskanzler Friedrich Merz. Der CDU-Chef (und seine Partei) hatten von der Kommission zuvor in einem Brief eine Abkehr vom Verbrenner-Aus gefordert und begrüßte den Vorschlag: "Es ist gut, dass die Kommission nach dem klaren Signal der Bundesregierung jetzt die Regulierung im Automobilbereich öffnet", sagte er der "Bild". Und weiter: "Mehr Technologieoffenheit und mehr Flexibilität sind richtige Schritte – um Klimaziele, Marktrealitäten, Unternehmen und Arbeitsplätze besser zusammenzubringen." Die Bundesregierung müsse die umfangreichen Vorschläge der Kommission aber jetzt im Einzelnen prüfen, so Merz. Bei der Ausgestaltung sei Technologieoffenheit "von zentraler Bedeutung". Außerdem dürften neue Vorgaben nicht zu mehr Bürokratie führen.
Bundesumweltminister Carsten Schneider hält den Vorschlag der Kommission ebenfalls für positiv – für einen pragmatischen Mittelweg, der auch die Anliegen der Gewerkschaften berücksichtigt. Autohersteller und Zulieferer erhielten dadurch mehr Spielraum für den Übergang zur Elektromobilität. "Die Regeln werden flexibler, aber die Klimawirkung bleibt erhalten", sagte Schneider. Der Umweltminister glaubt gleichzeitig an eine elektrische Zukunft: "Elektroautos sind technisch überlegen und werden immer besser und günstiger. In zehn Jahren werden fast alle Neuwagen in Europa Elektroautos sein".












