Verbrenner-Aus 2035: Welche Hersteller dagegen sind - und warum

Verbrenner-„Verbot“ 2035
Wer alles gegen das Verbrenner-Aus ist

ArtikeldatumVeröffentlicht am 01.11.2025
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Bundeskanzler Friedrich Merz formulierte es nach dem Autogipfel so: "2035 darf es keinen harten Schnitt geben." Die Bundesregierung will in Brüssel auf mehr Flexibilität drängen. Vizekanzler Lars Klingbeil zeigt sich offen für Brückenlösungen wie Plug-in-Hybride (PHEV) und Range-Extender (REEV), solange die Klimaziele eingehalten werden. Auf EU-Ebene läuft die Überprüfung der Regeln. Ein formaler Kurswechsel ist bislang nicht signalisiert.

Was politisch auf dem Tisch liegt

In Berlin werden drei Pfade diskutiert: eine flexiblere Anrechnung von PHEV und REEV über 2035 hinaus, gezielte E-Auto-Anreize für Haushalte mit kleineren und mittleren Einkommen sowie eine verlängerte Kfz-Steuerbefreiung für Stromer. Brüssel bleibt der Referenzrahmen: Die CO₂-Ziele sind gesetzt, die Überprüfung soll präzisieren, nicht pauschal kippen. Für Käufer heißt das: Der Kurs ist vorgegeben, die Umsetzung könnte schrittweise angepasst werden. Das Spannungsfeld besteht zwischen Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätzen einerseits und Regeltreue im Einklang mit dem Pariser Klimaschutzabkommen sowie Investitionssicherheit andererseits.

Industrie: Ruf nach Technologieoffenheit von vielen Seiten

Auf dem auto motor und sport-Kongress zeichnete sich ein gemeinsamer Nenner ab: weg vom starren Verbot, hin zu einem flexibleren Instrumentenmix. Bosch-Chef Stefan Hartung kritisierte das EU-Verkaufsverbot für Verbrenner als "Erfindung der Europäer", die europäische Hersteller benachteilige. In China spielten Plug-in-Hybride und Range-Extender weiterhin eine wichtige Rolle und leisteten einen Beitrag zum Klimaschutz, argumentierte er, während sich deren Entwicklung in Europa kaum noch lohne. Statt Verboten brauche es Anreize und einen klaren Blick auf die Wertschöpfung der Zukunft.

Auch Bentley-Chef Frank-Steffen Walliser trat für Technologieoffenheit ein. Das Ziel heiße CO₂-Reduktion, nicht die Vorfestlegung auf eine einzige Antriebsform. Synthetische Kraftstoffe müssten "eine wichtige Rolle spielen", betonte er. Pilotprojekte zeigten die technische Machbarkeit, nun gehe es um die Hochskalierung. Am Ende solle "der Kunde entscheiden", mit welcher Lösung er die Emissionen senkt.

Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius verband Widerspruch und Commitment: Spätestens bis 2030 werde der Konzern in allen Segmenten ein elektrisches Angebot haben. Zugleich brauche es "CO₂-freien Strom", damit die Transformation auch bilanziell trage. Die Branche stehe vor einem Jahrzehnt der Parallelwelten, in dem weiter in effiziente Verbrenner investiert werden müsse – flankiert von neuen Elektro-Modellen, darunter ein bestätigtes Einstiegsmodell auf CLA/MMA-Basis nach dem Auslaufen der A-Klasse. Bereits vor dem Kongress hatte sich Källenius in seiner Funktion als Präsident des Europäischen Automobilherstellerverbands (ACEA) in einem offenen Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gerichtet. Hier kritisierte er die "fehlenden Marktbedingungen für einen reibungslosen Umstieg auf reine E-Mobilität" und nannte die CO₂-Ziele bis 2030/2035 "nicht realistisch", das Verbrenner-Aus 2035 sei "einfach nicht mehr machbar". Im offenen Brief heißt es zudem: "Die Welt hat sich drastisch verändert, seit die aktuelle Richtung eingeschlagen wurde – und die EU-Strategie für den Automobilsektor muss sich entsprechend ändern".

Für die Nachfrage- und Alltagsseite warb Imelda Labbé, Präsidentin des VDIK, um Planbarkeit. Die Debatte um das 2035-Zieldatum dürfe Käufer nicht weiter verunsichern. Nötig sei ein "Masterplan Elektromobilität", der Kaufanreize und Ladeinfrastruktur systematisch verzahnt – mit besonderem Blick auf ländliche Räume und Großstädte mit hoher BEV-Dichte. Ohne Lückenschluss an der Säule bleibe jeder Technologiepfad angreifbar.

Nur Audis Chef sieht die Sache anders

Außerhalb des Kongresssaals ist der Ton ähnlich deutlich. Zu Beginn der internationalen Automobilausstellung (IAA) 2025 in München betont Volkswagen-Chef Oliver Blume: "Ich halte es für unrealistisch, dass wir 2035 nur noch Elektro-Mobilität haben. Wir dürfen die Industrie nicht strangulieren. Es geht auch um Arbeitsplätze." Damit stellt Blume das Verbrenner-Verbot konkret infrage und wünschte sich mehr Flexibilität. Trotzdem spricht er sich nicht gegen die Elektromobilität aus. Wir hätten eine Verantwortung und eine Verpflichtung zur Dekarbonisierung. BMW-Chef Oliver Zipse nannte das aktuelle System am Rande einer Präsentation vor Journalisten ein "Deasater". Beim Pariser Autosalon 2024 machte er noch auf ein anderes Thema aufmerksam. Zum einen forderte er eine "Korrektur des 100-Prozent-BEV-Ziels für 2035. Zusätzlich merkte er an, dass diese Korrektur den europäischen Herstellern weniger Abhängigkeit von China ermöglichen könnte.

Auch Stellantis rückt unter dem neuen CEO Antonio Filosa von einem starren Kurs ab. Ein pauschales Verkaufsverbot für neue Verbrenner ab 2035 sei "nicht realistisch", die EU brauche Technologieneutralität und Flexibilität mit praxistauglichen Übergängen bis 2030. Filosa plädiert dafür, stärker über Anreize statt Verbote zu steuern und Zwischenziele realitätsnah festzulegen. Škoda-Chef Klaus Zellmer wirbt um mehr Zeit und Flexibilität und sagt in einem Interview mit der Autogazette: "Für mich ist das Ausstiegsdatum 2035 keine ideologische Frage." Entscheidend sei die Kunden- und Infrastrukturrealität, die E-Mobilität bleibe dennoch Zieltechnologie. Zugleich plädiert Zellmer für PHEV und alternative Kraftstoffe auch über 2035 hinaus und erwartet den BEV-Kippunkt bei Škoda erst gegen Ende der Dekade.

Audi-Chef Gernot Döllner sieht das allerdings ganz anders. In einem Interview mit der Wirtschaftswoche bezeichnet er die Neuentfachung der Debatte um das Verbrenner-Aus als "kontraproduktiv". Für ihn sei das Elektroauto die beste Methode, um künftig die CO₂-Reduktion voranzubringen. Der neue Renault-CEO François Provost äußerte sich am Rande der IAA zu den CO₂-Zielen der EU: "Man solle sich nicht auf 2035 konzentrieren. Die Preise für Elektroautos seien im Moment für die Menschen viel zu hoch – deshalb emittierten wir mehr CO₂ als nötig. Er forderte weniger Vorschriften, damit Autos erschwinglicher werden. "Der Weg in die Zukunft führt über Technologieneutralität, die Elektroautos voranbringt", so Provost salomonisch.

Was heißt das für den Markt und die Kunden?

Für Käufer heißt das: Der Umstieg passiert Schritt für Schritt. Neben reinen Elektroautos gibt es weiterhin Übergangsmodelle wie Plug-in-Hybride oder Range-Extender. Diese Modelle könnten noch eine Weile wichtig bleiben, während die Hersteller ihr Angebot an E-Autos ausbauen. Das nimmt die Angst vor einer falschen Entscheidung, macht aber gute Infos zu Verbrauch, Wiederverkaufswert und Lademöglichkeiten noch wichtiger.

Bei Förderung und Steuern sind neue Hilfen für E-Autos angekündigt. Wie genau die aussehen, steht noch nicht fest. Außerdem ist immerhin die verlängerte Befreiung von E-Autos von der Kfz-Steuer beschlossen. Entscheidend bleibt das Ladenetz. Ohne genügend, gut erreichbare Ladesäulen wird der Alltag mit dem E-Auto schwierig. Deshalb fordert VDIK-Präsidentin Imelda Labbé einen Masterplan, der gezielt Lücken schließt, besonders in kleinen Gemeinden und großen Städten mit vielen E-Autos. Für den Markt bedeutet das: Echte Planungssicherheit gibt es erst, wenn Förderung, Steuern und Ladepunkte zusammenpassen.

Fazit