Mehr Formel-1-Action dank Tankstopp-Comeback?: Deshalb liegt Alonso falsch

Mehr Formel-1-Action dank Tankstopp-Comeback?
Deshalb liegt Alonso hier falsch

ArtikeldatumVeröffentlicht am 17.09.2025
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Was kommt Ihnen als Erstes in den Sinn, wenn Sie über Tankstopps in der Formel 1 nachdenken? Der Feuerunfall von Jos Verstappen 1994 in Hockenheim? Abgerissene Tankschläuche wie 2008 in Singapur von Felipe Massa? Oder das Flammen-Spektakel 2009 in Interlagos, als Kimi Räikkönen in der Boxengasse durch den entzündeten Sprit von Heikki Kovalainen raste?

Zum Glück gingen die Zwischenfälle für alle Beteiligten glimpflich aus. Und zum Glück waren Probleme dieser Art beim Nachtanken die absolute Ausnahme und nicht die Regel, auch wenn das manch ein Fan anders in Erinnerung hat. In der mittlerweile deutlich mehr perfektionierten Formel-1-Welt sollte man nicht davon ausgehen, dass solche Tankstopp-Spektakel bei einer Neueinführung häufiger vorkommen würden als damals.

Seit 2010 sind die Tankstopps verboten. Doch immer wieder entfachen Diskussionen im Fahrerlager und bei den Fans, ob man das Nachtanken nicht wieder erlauben sollte. Zuletzt hatte F1-Boss Stefano Domenicali noch einige andere Ideen ins Spiel gebracht, um die Rennen vor allem für ein jüngeres Publikum interessanter zu machen. Als erste Vorschläge nannte der Italiener dabei die Einführung des "Reversed-Grid-Modus" beim Samstagssprint oder die Verkürzung der GP-Distanz am Sonntag.

Alonso wirbt für Tankstopps

Als erfahrenster Pilot im Feld wurde natürlich auch Fernando Alonso nach seiner Meinung zu dem Thema gefragt. Von reduzierten Rennen hält der Aston-Martin-Pilot allerdings nicht viel: "Wenn es zu kurz wird, hat man keine Chance, Positionen gutzumachen. Alle Autos sind auf gleich alten Reifen unterwegs. Längere Rennen geben mehr Möglichkeiten und Freiheiten bei der Strategie."

Der zweimalige Weltmeister kam stattdessen mit dem Vorschlag des Tankstopp-Comebacks um die Ecke: "Nachtanken wäre wohl die beste Lösung, das habe ich schon oft gesagt. Ich weiß, dass wir aktuell in eine ganz andere Richtung gehen. Aber wenn man seine Spritmenge am Start frei wählen und dann unterschiedliche Strategien fahren kann, verändert sich die Art und Weise komplett, wie sich ein Rennen entwickelt. Damit erschafft man unglaubliche und attraktive Strategien."

Unter den Fahrern gibt es traditionell viele Tankstopp-Befürworter. Der Grund dafür ist einfach: Wenn das Nachtanken erlaubt ist, können die Autos mit deutlich weniger Sprit losfahren. Damit sinkt das Gewicht und die Rennwagen sind agiler. Das erhöht natürlich den Spaßfaktor. Die Rundenzeiten würden vor allem zu Beginn eines Rennens sinken, was der Fan am Fernseher aber nur beim Blick auf die Uhr erkennt.

Felipe Massa - Tankstopp - GP Singapur 2008
Eugene Hoshiko via Getty Images

Abwarten statt Überholen

In der Theorie klingt es also ganz verlockend, die Autos während der Rennen wieder nachzutanken. Doch der Blick in die Vergangenheit zeigt, dass die Sache nicht so einfach ist. Natürlich muss man Alonso in einigen Punkten Recht geben: Die Ungewissheit über die Spritmenge am Start sorgte für Spannung. Und auch die größeren Spielmöglichkeiten beim Boxenstopp hatten ihren Reiz. Doch insgesamt blieb die Nachtank-Ära nicht durch besonders spannende Rennen in Erinnerung.

Das liegt vor allem daran, dass Tankstopps zu einer Reduzierung der Zweikämpfe und Überholmanöver führten. Der Grund dafür ist einfach: Bevor ein Pilot ein riskantes Manöver wagt, ist es einfacher, Sprit zu sparen, Reifen zu schonen und abzuwarten, bis der Vordermann zum Tankstopp abbiegt. Mit einem leichteren Auto lässt sich die Position dann kampflos gewinnen. Der Gewichtsvorteil wiegt stärker als der Reifenvorteil. Statt Undercuts gibt es nur noch Overcuts.

Die Daten zu den Überholmanövern sprechen hier eine eindeutige Sprache. Seit dem Tankstopp-Verbot 2010 gab es in jeder Saison im Schnitt mehr Überholmanöver als in allen Jahren von 1999 bis 2009, als das Nachtanken noch erlaubt war. Mit nur knapp 13 Platzwechseln pro Rennen stellte die Saison 2005 den absoluten Minusrekord auf.

Überholstatistik- In den letzten zehn Jahren mit Tankstopps, zwischen 2000 und 2009, zählten Statistiker nur 19 Überholmanöver im Schnitt pro Rennen.

- Als 2010 das Nachtanken verboten wurde, erhöhte sich die Zahl auf 32 Überholmanöver.

- 2011 kam Pirelli an Bord, dazu wurde noch das DRS-System eingeführt. Und prompt gab es im Schnitt 65 Überholmanöver pro Rennen.

- In den letzten zehn Jahren, zwischen 2015 und 2024, zählten Statistiker rund 39 Überholmanöver pro Rennen.

Boxenstopps dauern länger

Natürlich wird die Statistik durch zwei Faktoren verfälscht. 2011 bekamen die Piloten mit dem DRS-Klappflügel eine wertvolle Überholhilfe an die Hand. Parallel dazu wurde Pirelli als Alleinausrüster verpflichtet. Die Italiener legten mehr Wert auf einen spürbaren Verschleiß der Reifen. Das provozierte natürlich auch mehr Überholmanöver und zusätzliche Boxenstopps. Experten sind sich aber sicher, dass auch das Nachtankverbot zu mehr Action auf der Strecke geführt hat.

Zwei weitere Kritikpunkte müssen bei der Diskussion um ein Tankstopp-Comeback auch immer noch angeführt werden. Dürfen die Mechaniker Sprit nachfüllen, dann können sie sich beim parallelen Reifenwechsel mehr Zeit lassen. Der spannende Kampf um Boxenstopp-Rekorde würde damit wegfallen. Und zweitens würden Tankanlagen zusätzliche Kosten verursachen – sowohl bei der Anschaffung als auch beim Transport.

Fazit