Fahrer fordern weniger Regeln: Deshalb will keiner den Job als FIA-Steward

Fahrer fordern weniger Regeln
Deshalb will keiner den Job als FIA-Steward

GP Katar 2025
ArtikeldatumVeröffentlicht am 28.11.2025
Als Favorit speichern
Lando Norris - Grid - Hymne - GP Brasilien 2025
Foto: Mark Sutton via Getty Images

Rennfahrer sind nie zufrieden. Besonders, wenn es um Strafen geht. Dem einen sind sie zu viel, dem anderen zu wenig. Und zu oft können sich die Herren Piloten über die Schuldfrage nicht einigen. Deshalb haben die 20 Formel-1-Chauffeure in Katar erneut mit den Sportkommissaren über die Richtlinien im Zweikampf diskutiert, die sie 2022 gefordert hatten und die bereits zwei Mal nachgebessert wurden.

Die Sportkommissare hoben hervor, dass die Richtlinien in den letzten drei Jahren für klarere und konsequentere Entscheidungen gesorgt hätten. Ein Team führte in diesem Jahr Buch. Von 27 Entscheidungen der Schiedsrichter waren nur zwei dabei, die man in Frage stellen konnte. Die Fahrer waren da kritischer. Sie rollten fünf Fälle noch einmal auf, weil sie in der Mehrheit mit den ausgesprochenen Strafen nicht zufrieden waren:

Laut FIA wurden folgende fünf Vorfälle noch einmal im Detail diskutiert:

  • GP Niederlande: Sainz gegen Lawson
  • GP Italien: Sainz gegen Bearman
  • GP USA: Norris gegen Leclerc
  • GP Mexiko: Verstappen und Leclerc beim Start
  • GP Brasilien: Piastri gegen Antonelli und Leclerc

Fahrer nicht einer Meinung

Der Unfall in der ersten Kurve von Interlagos ist ein gutes Beispiel dafür, wie weit die Meinungen der Piloten auseinanderdriften. Die meisten der Fahrer, die nicht direkt von dem Unfall betroffen waren, sprachen Oscar Piastri von einer Schuld frei. Die Sportkommissare gaben aber dem Australier eine Strafe.

Begründung: Beim Anbremsen der ersten Kurve habe das kurveninnere Rad blockiert. Deshalb sei Piastri nicht in Kontrolle seines Fahrzeugs gewesen und habe die Kettenreaktion ausgelöst, die Andrea Kimi Antonellis Mercedes in Charles Leclercs Ferrari schob.

George Russell belehrte die Kommissare, dass Piastri sehr wohl sein Auto unter Kontrolle hatte, weil jeder Fahrer weiß, dass an dieser speziellen Stelle wegen der nach innen abfallenden Strecke das innere Rad stehenbleibt. "Es ist ein Beispiel dafür, dass die Richtlinien nicht jedes Szenario abdecken", urteilte Russell.

Restart - Formel 1 - GP Brasilien 2025
xpb

Müssen die Zweikampf-Regeln ganz weg?

Die in den Unfall verwickelten Fahrer hatten drei unterschiedliche Meinungen. Piastri fand, er hätte aus den von Russell genannten Gründen keine Schuld gehabt. Antonelli schob die Verantwortung auf Piastri, Leclerc gleich auf beide Unfallgegner. Russells Vorschlag: "Vielleicht sollte man die betroffenen Fahrer bei der Meinungsfindung ausklammern."

In der Debatte wurden mehrere Modelle diskutiert. Erster Ansatz: Gar keine Richtlinien. Zweiter: Richtlinien mit mehr Grauzonen. In beiden Fällen bräuchte es nach Meinung der Fahrer permanente Sportkommissare mit zusätzlich drei Ex-Fahrern in der Jury. Am besten solche, die noch in der Neuzeit gefahren sind.

Einwand der Sportkommissare: Im FIA-Pool finden sich im Moment nur drei Fahrer. Und von den gerade zurückgetretenen Piloten will keiner den Job machen. Der bringt nur Arbeit, aber kein Geld. Als Max Verstappen gefragt wurde, ob er sich nach seiner Karriere zur Verfügung stellen würde, schüttelte der Weltmeister nur den Kopf.

Karun Chandhok - Sky TV-Experte - Formel 1 - 2025
Mark Sutton via Getty Images

Diskussion über permanente Stewards

Russell beharrte darauf: "Ein Weltsport wie die Formel 1, der Milliarden umsetzt, muss in der Lage sein, permanente Schiedsrichter bezahlen zu können." Carlos Sainz brachte noch einen verwegenen Vorschlag ins Spiel. "Nehmt TV-Experten wie Karun Chandhok, Jolyon Palmer und Anthony Davidson. Die liegen mit ihren Analysen meistens richtig."

Gegen permanente Kommissare spricht, dass die über einen längeren Zeitraum auch nicht konstantere Entscheidungen treffen. Es bestehe sogar die Gefahr, dass bei kontroversen Urteilen der Verdacht aufkomme, die Stewards seien parteiisch.

Außerdem forderten die Stars des Geschäfts, dass ihnen Urteile nach dem Rennen lieber sind als Ad-hoc-Entscheidungen während des Grand Prix. Dann hätten die Sportkommissare mehr Zeit, alle Beweise zu sichten. Der Einwand, dass dann die Resultate möglicherweise stundenlang nicht offiziell sind, was der Glaubwürdigkeit des Sports schadet, interessierte die Piloten wenig.

George Russell - Mercedes - GP USA 2025 - Austin - Formel 1
Jim Watson via Getty Images

Nachbesserungen für die Saison 2026

Am Ende der Debatten kamen beide Parteien überein, dass man die Richtlinien ein drittes Mal nachbessern müsse. Das wird im Winter geschehen. Noch vor Saisonbeginn wird den Fahrern dann ein Entwurf der modifizierten Regeln zur Abstimmung vorgelegt. Folgende Punkte sollen überarbeitet werden:

  • Gelbe Flaggen müssen aus Sicherheitsgründen mehr respektiert werden
  • Eine Präferenz dafür, strittige Entscheidungen erst nach einer Anhörung nach dem Rennen zu treffen
  • Einigkeit darüber, dass die Richtlinien nicht jedes Szenario abdecken können, und dass deshalb erfahrene Piloten in der Jury sitzen müssen
  • Klare Bestimmungen über das Beachten von blauen Flaggen

Es wurde festgelegt, dass die aktuellen Richtlinien für die letzten beiden Rennen gelten. Sämtliche Änderungen in Zukunft werden zwischen FIA und der GPDA gemeinsam beschlossen.

Fazit