Felipe Massa vor Gericht: Kein Sieg, nur ein Puster für ein Luftschloss

Felipe Massa vor Gericht wegen Singapur-GP 2008
Kein Sieg, nur ein Puster für ein Luftschloss

ArtikeldatumVeröffentlicht am 22.11.2025
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Felipe Massa wäre gerne Weltmeister 2008. Der 44-jährige Brasilianer sieht sich als Opfer der Crashgate-Affäre von 2008 in Singapur, bei der Nelson Piquet junior seinen Renault absichtlich in die Mauer lenkte, um durch ein genau getimtes Safety-Car seinem Teamkollegen Fernando Alonso den Weg zum Sieg zu ebnen.

Alonso hatte wie abgesprochen früh getankt und profitierte davon, dass seine Gegner nun gezwungen waren, die Neutralisation zu einem Tankstopp zu nutzen. So fielen sie alle hinter den Spanier. Unter ihnen auch Spitzenreiter Felipe Massa und dessen WM-Gegner Lewis Hamilton. 16 Fahrer liefen die Tankstelle an. Nur bei einem ging alles schief. Massa fuhr zu früh los und schleppte den Tankschlauch hinter sich her. Es kostete 92 Sekunden, bis er von seinem Ballast befreit war. Damit war der Traum vom Sieg ausgeträumt.

Massa argumentiert, dass ihn der missglückte Boxenstopp im Rückblick den WM-Titel gekostet hat. Hamilton holte als Dritter sechs wichtige Punkte im Titelrennen. Ein Jahr nach dem GP Singapur flog der Schwindel auf. Das Resultat blieb bestehen, weil die FIA mit Ende der Saison 2008 das Ergebnis nicht mehr abändern konnte. Doch selbst, wenn Alonso im Nachhinein disqualifiziert worden wäre, hätte es Massa nicht genutzt. Im Gegenteil. Das hätte Hamilton zwei weitere Punkte geschenkt.

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Massa sieht eine Verschwörung

Viele Jahre später bekam die Geschichte eine neue Brisanz, weil Bernie Ecclestone in einem Interview erzählte, früh von der Manipulation gewusst zu haben. Darauf baute Massa seine Klage auf. Weil weder Ecclestone, noch die FIA, noch das F1-Management rechtzeitig eingegriffen hätten, hätte diese "Verschwörung" zur WM-Niederlage des damaligen Ferrari-Piloten geführt.

Massa verfolgt mit seiner Klage zwei Ziele. Er will, dass der GP Singapur 2008 annulliert wird. Damit wäre er Weltmeister und Lewis Hamilton stünde mit dann nur noch sechs Titeln nicht mehr auf einer Stufe mit Michael Schumacher. Und er will für entgangene Werbeeinnahmen entschädigt werden. Es ist die Rede von 80 Millionen US-Dollar.

In der letzten Woche hat sich der Londoner High Court mit der Zulassung der Klage beschäftigt. Richter Robert Jay erklärte sein Gericht im Fall der sportlichen Belange, wegen mangelnder Expertise und dem französischen Standort der beklagten FIA, als nicht zuständig und verwies das Verfahren an seine französischen Kollegen. Die Forderung nach Schadensersatz ließ der Richter zur Hauptverhandlung zu.

Klagepunkte gegen die FIA abgewiesen

Sowohl Felipe Massa als die FIA verkauften das Urteil als Erfolg. Massa feierte einen "Sieg der Gerechtigkeit". Die FIA verwies darauf, dass sämtliche Klagepunkte gegen sie wegen Verjährung und mangels Erfolgsaussichten abgeschmettert wurden. Zunächst der Vorwurf des Vertragsbruchs. Der beruhte auf Massas Behauptung, die FIA habe durch die unterlassene Untersuchung des Crashgate-Vorfalls im Jahr 2008 gegen ihre eigenen Regularien verstoßen.

Auch die Schadensersatzklage gegen die FIA, die ebenfalls auf dem Vorwurf des Vertragsbruchs beruhte, bei der jedoch zusätzlich eine Pflichtverletzung geltend gemacht werden musste, fand keine Anerkennung. Der Weltverband muss sich des Weiteren nicht dafür verantworten, dass er den Crashgate-Skandal angeblich nicht unverzüglich nach Bekanntwerden untersucht habe, was dazu führte, dass Massa nicht die Fahrer-Weltmeisterschaft gewonnen hat. Das Gericht sah keinen Zusammenhang zwischen der angeblichen Verschwörung und dem Schaden, den der WM-Zweite des Jahres 2008 erlitten hatte.

Das Gericht hob zudem "ernsthafte Zweifel" an der Klage wegen Pflichtverletzung hervor, die Massa entweder fallen lassen oder durch ein weiteres Gutachten eines französischen Rechtsexperten untermauern muss, bevor das Gericht über die Zulassung der Klage entscheidet.

Die Schadensersatzklage wegen Verschwörung mit unrechtmäßigen Mitteln gegen die drei Beklagten wurde jedoch zur Hauptverhandlung zugelassen, allerdings mit deutlich eingeschränkter Begründung. Massas Anwälte müssen die Klage neu formulieren und durch ein Gutachten eines französischen Rechtsexperten untermauern.

Felipe Massa - Tankstopp - GP Singapur 2008
Eugene Hoshiko via Getty Images

Tankstopp-Panne hat nichts mit Unfall zu tun

Das Gericht gab dem Ansinnen von Massas Anwälten in der aktuellen Form wenig Aussicht auf Erfolg. Die Ergebnisse von 2008 neu zu schreiben, ist praktisch unmöglich. Das käme einem Grundsatzurteil gleich. Dann müsste jedes Rennen, bei dem ein Wettbewerber manipuliert hat, nachträglich gestrichen worden. Egal ob eine verbotene Stallregie das Ergebnis beeinflusst hat oder ein illegales Auto.

Es spielt auch keine Rolle, dass in diesen Fällen direkt danach Strafen oder Disqualifikationen ausgesprochen wurden. Auch wenn die FIA schnell genug von dem unerlaubten Eingriff durch Renault in das Renngeschehen erfahren hätte, hätte sie das Rennen nicht gestrichen.

Massa argumentiert, dass ihm der Fehler beim Boxenstopp nicht passiert wäre, hätte ihn Piquets Unfall nicht an die Boxen gezwungen. Erstens kann er das nicht wissen. Zweitens haben Piquets Crash und die anschließende Safety-Car-Phase ursächlich nicht mit der Panne beim Tankstopp zu tun, und drittens könnten dann 15 andere Fahrer oder ihre Teams aus dem gleichen Grund klagen.

Der Schadensersatz beruht darauf, dass die sportliche Klage Erfolg hat. Nur wenn ein französisches Gericht der FIA eine Pflichtverletzung nachweist und damit anerkennt, dass Massa der Titel gestohlen wurde, kann Massa auf die Erstattung entgangener Einnahmen pochen.

Fazit