Ferrari unter Druck: Was ist dran an den Vasseur-Gerüchten?

Ferrari unter Druck
Was ist dran an den Vasseur-Gerüchten?

GP USA 2025
ArtikeldatumVeröffentlicht am 21.10.2025
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Ferrari war mit großen Sorgen nach Austin gereist. Den zweiten Platz in der Markenwertung hatte man an Mercedes verloren. Von hinten rückte auch noch Red Bull näher. In Italien kochte die Gerüchteküche. Der frühere Red-Bull-Teamchef Christian Horner habe mit den großen Bossen John Elkann und Benedetto Vigna Kontakt aufgenommen, hieß es. Andere berichteten, dass es intern Streit mit den Ingenieuren gegeben habe wegen zu vieler operativer Fehler an der Strecke. "Komplett erfunden", erzählte man sich im Team.

Aus der Chefetage hörte man zunächst einmal nichts. So wie im Sommer, als Teamchef Frédéric Vasseur angeblich auf der Abschussliste stand, bis dann sechs Wochen später eine Vertragsverlängerung bestätigt wurde. Das Schweigen heizte die Spekulationen um Horner weiter an. Es fühlte sich an wie eine Bestätigung. Insider berichteten dagegen, dass Ferrari für den geschassten Red-Bull-Chef gar keine Option sei. Horner strebe demnach eine Rolle als CEO mit Teambeteiligung an. Das kann ihm Ferrari nie bieten.

In Austin kam dann am Samstag (18.10.) endlich Rückendeckung von Oberboss John Elkann. Vasseur ist der Mann, der Ferrari in eine bessere Zukunft führen soll. Als Nachschlag gab es im Sprint und im Rennen 36 WM-Punkte obendrauf – nur Red Bull sammelte in Texas mehr. Das verkürzte den Rückstand auf Mercedes in der WM-Wertung auf sieben Zähler.

Mit Mühe in die Top Ten

Dabei hatte das Austin-Wochenende für Ferrari so schlecht begonnen wie die letzten Rennen. Aus den vier Grands Prix seit der Sommerpause hatten die Scuderia-Piloten nur 38 Punkte geholt. In der Sprint-Qualifikation waren Lewis Hamilton und Charles Leclerc schon froh, es auf den Plätzen 8 und 10 überhaupt ins SQ3 geschafft zu haben. Auf die Spitze fehlte eine Sekunde.

Keiner bei Ferrari konnte sich die großen Abstände erklären. War man vielleicht zu konservativ mit der Einstellung der Fahrzeughöhe gewesen? Vor zwei Jahren war man in Austin wegen zu starker Abnutzung der Bodenplatte disqualifiziert worden. Das wirkt bis heute nach.

Keiner konnte zunächst eine echte Erklärung liefern. Die Fahrer sprachen von einem Rätsel. Der Sprint war gnädig mit Ferrari. Die neun Punkte gab es nach der Startkollision, die vier besser platzierte Autos aus dem Rennen riss, praktisch geschenkt.

Charles Leclerc & Lewis Hamilton - Ferrari - Formel 1 - GP USA 2025
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Antwort liegt in der Reifenvorbereitung

Nur drei Stunden später qualifizierten sich Leclerc und Hamilton für den dritten und fünften Startplatz. Der Rückstand auf die Pole-Position betrug nur noch drei Zehntel. Diesmal war das Bild klarer. Vasseur begründete die zwei höchst unterschiedlichen Ergebnisse mit einer neuen Strategie bei der Reifenvorbereitung.

Am Freitag waren die Reifen schon zu Beginn der schnellen Runde zu heiß. Dann haben sie sich in den schnellen S-Kurven noch weiter aufgeheizt und bis zum letzten Sektor nicht mehr erholt. Vasseur ist sich sicher: "Zwischen den Autos gibt es gar nicht so große Unterschiede. Alles hängt davon ab, wie du die Reifen ins Fenster bringst und darin hältst. Das macht einen Unterschied von bis zu sieben Zehnteln aus."

Im Rennen überraschte Ferrari mit einem Coup. Leclerc startete auf Soft-Reifen, Hamilton ganz konservativ auf den Medium-Gummis. So sicherte man sich gegen das Risiko ab, dass die Soft-Reifen zu früh einbrechen. Nicht einmal Leclerc war sich sicher, ob die Taktik aufgeht. "Im Rückblick haben wir alles richtig gemacht", freute sich der Vorjahressieger über seinen sechsten Podestplatz in diesem Jahr.

Lando Norris - McLaren - GP USA 2025 - Austin - Formel 1
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Kein Poker, sondern eine Wette

Vasseur weigerte sich, von einem Poker zu sprechen. Es sei eine Wette gewesen, die zu 50 Prozent aufgegangen ist. "Der Plan war mit dem Vorteil der weichen Reifen in Führung zu gehen und dann das Tempo zu kontrollieren. Wir haben es leider nur an Norris vorbei geschafft." Ferrari war nach dem Sprint klar, dass Überholen fast unmöglich sein würde.

Im Rückblick wäre Leclerc auch mit der Reifenfolge Medium-Soft Dritter geworden. Für Norris und Verstappen reichte so oder so der Speed nicht. Den Rest des Feldes hatten die Ferrari-Piloten im Griff. Immerhin brachte die ungewöhnliche Reifenwahl Ferrari neue Erkenntnisse und Selbstvertrauen.

Und sie bestätigte Vasseurs Linie, dass nur derjenige Erfolg hat, der in allen Disziplinen ans Limit geht. "Am meisten freut mich, dass wir es nach einem schwierigen Start ins Wochenende geschafft haben, uns zurückzukämpfen", lobte der Teamchef.

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