Lewis Hamilton scheitert als Messias: Die Gründe für das Ferrari-Debakel

Lewis Hamilton scheitert als Messias
Die Gründe für das Ferrari-Debakel

ArtikeldatumVeröffentlicht am 30.12.2025
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Die Formel-1-Saison 2025 dümpelte für Ferrari aus sportlicher Sicht bereits Mitte Juni vor sich hin. Früh hatte sich abgezeichnet, dass es auch in diesem Jahr wieder nichts mit einem Titelgewinn werden würde. Dabei waren WM-Siege das Ziel. Nachdem man 2024 um 14 Zähler den Konstrukteurs-Titel verpasst hatte, war der Griff nach der Krone nur folgerichtig. Doch nach einem schwachen Saisonstart hatte sich Unruhe rund um die Roten breitgemacht. Während des Kanada-GP platzte Teamchef Frédéric Vasseur auf der Pressekonferenz der Kragen. Er griff italienische Journalisten an, die über seine mögliche Absetzung spekuliert hatten.

"Ferrari ist eine lange Geschichte des Scheiterns, mit wenigen Höhepunkten", gab ein britischer Kollege auf dem Weg an die Strecke von Montreal von sich. Die Saison 2025 ist ein Abziehbild dessen – auf sportlicher und politischer Seite. Dabei schien Ferrari alle Zutaten für ein erfolgreiches Jahr beisammen zu haben. 2024 hatte man nach einem Durchhänger zu Saisonmitte die Wende geschafft und in der zweiten Jahreshälfte die meisten Punkte aller Formel-1-Teams gesammelt.

Risiko zahlt sich nicht aus

Die Basis stimmte. Zudem freute man sich in Italien auf die Ankunft von Lewis Hamilton. Teamchef Vasseur war es gelungen, den Superstar von Mercedes loszueisen. Selten hatte ein Wechsel die Tragweite des Hamilton-Ferrari-Deals. In Maranello baute man sofort Luftschlösser: der Brite auf dem Weg zum alleinigen Rekordweltmeister – und das mit Ferrari. Besser geht es nicht. Gekonnt inszenierte die Scuderia die ersten Auftritte vom Messias. Als Ferrari im Februar den SF-25 präsentierte, waren die Experten überrascht. Die Italiener hatten bei der Entwicklung riskiert. Unter anderem stellte man bei der Vorderachse auf eine Pullrod-Aufhängung um. Das rächte sich. Schon bei den Tests überzeugte man nicht. Zum Saisonauftakt erlebten Hamilton und sein Teamkollege Charles Leclerc ein Debakel.

In Maranello schrillten sofort die Alarmglocken. Zwar gewann Hamilton in China den Sprint, doch die doppelte Disqualifikation der Autos im Rennen zeigte ein elementares Problem: Der SF-25 funktionierte nur, wenn er tief eingestellt war. Doch dann war die Gefahr da, die Bodenplatte zu stark abzunutzen. Folglich ging man beim Setup konservativer vor.

Hamilton zählt Team an

In Spa sollte mit einer neuen Hinterachse alles besser werden. Doch Hamilton schimpfte bereits in der Pressekonferenz vor dem GP: "Ferrari feuert nicht auf allen Zylindern." Der Engländer kritisierte die Fortschritte im Vergleich zur Konkurrenz und warnte: "Ferrari hatte in den letzten 20 Jahren großartige Champions im Team wie Fernando (Alonso) oder Sebastian (Vettel). Aber keiner von ihnen wurde Weltmeister. Das soll mir nicht auch passieren." Das kam nicht gut an.

Eine Woche später kurvte er beim Ungarn-GP im Niemandsland herum. Am Boden zerstört flüsterte der 40-Jährige in die Mikros: "Es bin immer ich. Ich bin nutzlos. Das Team muss den Fahrer wechseln." Zum Saisonende legte er nach: "Es war immer mein Traum, für dieses großartige Team zu fahren. Aber dieses Jahr ist es ein Albtraum. Ich lebe schon seit einer Weile damit." Stallgefährte Leclerc hatte in Budapest immerhin eines der wenigen Highlights des Jahres gesetzt und die Pole-Position erobert. Im zweiten Teil des Rennens wurde er bis auf Rang 4 durchgereicht.

Dem Monegassen merkte man den wachsenden Frust über die erneute Chancenlosigkeit auf den Titel an. Leclerc bestritt seine siebte Saison für die Scuderia, nie konnte Ferrari ihm ein Auto für den WM-Kampf geben.

Frederic Vasseur - GP China 2025
xpb

Fehlende Unterstützung

Die sportliche Krise hatte Teamchef Vasseur selbst ins Schussfeld bugsiert. Hinter vorgehaltener Hand bemängelte der Franzose die fehlende Unterstützung der Führungsspitze. Sowohl der Aufsichtsratsvorsitzende John Elkann als auch CEO Benedetto Vigna stellten sich selten vor Vasseur. Dafür suchte sich Elkann nach dem Brasilien-GP ein anderes Ziel: "Wir haben Fahrer, für die es wichtiger sein sollte, sich aufs Fahren zu konzentrieren und weniger zu reden." Das hatte gesessen. Die Ingenieure und Mechaniker lobte er hingegen. "John hat es nur gut mit uns gemeint. Er wollte alle wachrütteln, damit wir besser werden. Seine Absicht war durchaus positiv", verteidigte Leclerc in Las Vegas seinen Boss. Hamilton konterte Elkann: "Ich würde gerne weniger mit den Medien reden, aber ich muss." Und schob nach: "Sich noch mehr auf den Job zu konzentrieren, als ich es tue, geht nicht. Ich denke an meine Arbeit, wenn ich einschlafe und aufwache. Manchmal verfolgt sie mich bis in meine Träume."

Ferrari agierte bei vergangenen Krisen häufig hektisch. Immer wieder wechselten die Entscheider die Team-Häuptlinge. Die Mitarbeiter hingegen scheuen das Risiko, um keine Angriffsfläche zu bieten. "Wenn du in der F1 nicht ins Risiko gehst, hast du bei der Leistungsdichte keine Chance", weiß jedoch Vasseur. Der studierte Luft- und Raumfahrttechnik-Ingenieur ist bereits der sechste Teamchef, seitdem Jean Todt Ende 2007 den Rennstall verlassen hat. Bei den Technik-Direktoren war sogar ein Wechsel mehr nötig. Beständigkeit ist ein Fremdwort. Konstanz an der Spitze ist aber elementar für Triumphe.

Das bewiesen die wenigen Epochen des Erfolges, die über eine längere Zeit dauerten. Zwischen 1975 und 1979 holte man drei Fahrer-Titel mit Technik-Chef Mauro Forghieri. Zum Höhenflug setzte man Anfang der 2000er an, als Todt gemeinsam mit Ross Brawn (Technik-Direktor), Rory Byrne (Designer) und Michael Schumacher die F1 im Würgegriff hielten.

Lewis Hamilton - Ferrari - GP Las Vegas 2025 - Las Vegas - Formel 1
Jayce Illman via Getty Images

Ferrari steckt im Teufelskreis

Von diesen Zeiten schwärmt Ferrari bis heute. Zur Wahrheit gehört jedoch, dass fünf Jahre nötig waren, ehe Schumacher Italien 2000 erlöste. Schon im ersten Jahr 1996 stand Todt vor dem Rauswurf, bis sich der Deutsche vor den Franzosen stellte. Auch Leclerc und Hamilton schützen heute ihren Teamchef. Nach dem Kanada-GP kehrte etwas Ruhe in die Personalie Vasseur ein. Der 57-Jährige erhielt im Sommer einen neuen Kontrakt. In Austin Ende Oktober ließ sich Elkann mit Vasseur in bester PR-Manier ablichten.

Das heißt bei Ferrari jedoch nichts. Titel müssen her. Am besten nächstes Jahr, wenn das neue Reglement greift. Ob die Roten die Technik-Revolution besser meistern werden als die Gegner? Das lässt sich bei den massiven Änderungen auf Chassis- und Motorseite schwer abschätzen. "Ich freue mich nicht auf die nächste Saison", ist Hamilton skeptisch. Sollte das Auto 2026 erneut der Konkurrenz hinterherhecheln, stecken die Verantwortlichen der Mythos-Marke wieder im Teufelskreis.

Fazit