Aufschwung dank Audi: Ist Sauber schon die fünfte Kraft?

Höhenflug bei Hülkenberg-Rennstall
Ist Sauber schon die fünfte Kraft?

Veröffentlicht am 01.07.2025

630 Tage musste Sauber auf diesen Moment warten: In Spielberg fuhren beim Österreich-GP (29.6.) beide Piloten des Rennstalls in die Punkte. Als Sauber im Oktober 2023 letztmals über ein doppeltes Top-10-Ergebnis jubelte, griffen noch Valtteri Bottas und Guanyu Zhou ins Lenkrad. Danach begann beim Schweizer Rennstall eine lang anhaltende Krise. Nach dem Katar-Rennen 2023 musste man ein ganzes Jahr auf die nächsten Zähler warten.

Bottas und Zhou gehören mittlerweile der Vergangenheit an. In der Formel-1-Saison 2025 gehen Nico Hülkenberg und Gabriel Bortoleto auf Punktejagd. Der Routinier wurde verpflichtet, um die Aufbauarbeit vor dem Audi-Debüt in der Königsklasse 2026 voranzutreiben. Bortoleto gilt als Diamant, der noch geschliffen werden muss. Hülkenberg holte beim chaotischen Saisonauftakt in Melbourne mit Platz sieben auf Anhieb sechs Punkte. Anschließend folgte eine Durststrecke von sieben Grands Prix ohne Zähler.

Seitdem gab es dreimal in Folge Punkte für die Truppe. In Barcelona wurde Hülkenberg Fünfter und in Montreal Achter. Den Österreich-GP beendete er auf Rang neun, während Bortoleto P8 erreichte. Der mit einem neuen Unterboden und Heckflügel ausgestattete C45 brachte damit in Spielberg sechs Punkte aufs Konto.

Wheatley zufrieden mit der Entwicklung

Der neue Teamchef Jonathan Wheatley hatte ein Lächeln im Gesicht, als er nach dem Rennen zu den Journalisten sprach. "Ich bin nicht überrascht, aber zufrieden darüber, wie unsere Fahrzeug-Entwicklung läuft und wie die Piloten mehr Performance aus dem Auto herausholen können."

Wheatley, seit dem 1. April im Amt, schob mit Blick auf das neue Reglement ab 2026 hinterher: "Ich bin etwas traurig darüber, dass das technische Reglement Ende des Jahres endet. Jetzt, wo wir gerade anfangen, Spaß zu haben. Die Arbeit mit Mattia Binotto (F1-Projektleiter bei Audi) und James Key (Technischer Direktor) trägt Früchte in der Fabrik. Es ist eine tolle Zeit, hier zu sein."

Das dürfte auch sein Rookie Gabriel Bortoleto nach den ersten Formel-1-Punkten seiner Karriere so sehen. "Es war aus meiner Sicht unvermeidbar, wenn ich mir anschaue, wie er sich weiterentwickelt, wie er reift und welche Arbeitsmoral er hat", schwärmte Wheatley. Jetzt ist endlich der Knoten geplatzt: "Ich habe schon mit vielen jungen Fahrern zusammengearbeitet. Aber auch wenn sie wissen, dass sie gut sind, sind die ersten Punkte wichtig für das Selbstvertrauen. Das gibt einen Boost", ist sich der Engländer sicher.

Nico Hülkenberg - Gabriel Bortoleto - Sauber - GP Österreich 2025 - Spielberg - Formel 1
Andy Hone via Getty Images

Hülkenberg liefert im Rennen ab

Bortoleto stand in Spielberg im Rampenlicht bei Sauber. Der Brasilianer lieferte vom ersten Training an eine fehlerfreie Vorstellung ab. Etwas anders sah es bei Nico Hülkenberg aus. Im Qualifying wurde er nach einem Fehler Letzter. Am Sonntag brannte er in den 70 Rennrunden eine Aufholjagd in den Asphalt. "Schaut euch die Fahrt von Nico an. Das bestätigt, wie das Selbstvertrauen der Fahrer in unser Auto gewachsen ist", führte Wheatley aus.

Zum dritten Mal in Folge erreichte der Deutsche die Top 10, bereits vor dem Wochenende in Österreich war er optimistisch und führte das nicht nur auf die Upgrades zurück: "Ich bin richtig zusammengewachsen mit dem Auto und fühle mich zuhause."

Nach dem Rennen posierten die beiden Piloten noch strahlend in der Hospitality. Das gute Verhältnis zwischen Bortoleto und Hülkenberg strich Wheatley besonders heraus. "Die beiden arbeiten sehr gut zusammen. Nico ist einer der am meisten unterschätzten Fahrer, die ich kenne. Er gibt mit seinem ruhigen, analytischen Weise die Richtung vor und Gabriel schaut sich davon viel ab und lernt von ihm."

Die Experten im Formel-1-Fahrerlager fragten sich nach dem Grand Prix, ob nicht mehr als die Ränge acht und neun drin gewesen wären. Liam Lawson (Toro Rosso) und Fernando Alonso im Aston Martin überquerten den Zielstrich dank einer Ein-Stopp-Strategie auf den Plätzen sechs und sieben. "Wir haben im Rennen darüber gesprochen, ob wir switchen. Aber wir hatten auch Pech mit Verkehr. Zwei Stopps waren die richtige Wahl. Und man konnte auch sehen, dass wir sie am Ende gejagt haben."

Jonathan Wheatley - Mattia Binotto - Sauber - GP Österreich 2025 - Spielberg - Formel 1
Andy Hone via Getty Images

Ist Sauber die Nummer 1 im Mittelfeld?

Der Aufwärtstrend beim Schweizer Team wirft nun die Frage auf, wo Sauber im Vergleich zur Konkurrenz steht. "Lasst uns von Rennen zu Rennen denken", bremst der Teamchef. "Wir hatten jetzt einen richtig guten Lauf. Man sieht, wie sich die Stimmung im Team verändert. Sie glauben an sich. Und dann liefern wir ab. Das müssen wir auch."

Vom Speed her war Sauber in Spielberg die fünfte Kraft. Im ehrgeizigen Audi-Projekt soll damit aber noch längst nicht Schluss sein. Die Ingolstädter wollen in der Formel 1 langfristig Titel gewinnen. Schon vor Monaten hatte man deshalb die Entscheidung getroffen, nicht nur im Schweizer Hinwil am Chassis des Autos zu arbeiten, sondern auch in England. Dort sind die meisten Teams und Ingenieure ansässig. Somit ist es leichter, dort Personal zu rekrutieren.

Wie Sauber am Dienstag (1.7.) bekanntgab, hat man nun in Bicester das 179 Hektar großes Technologie-Zentrum eröffnet. Ist das der nächste Meilenstein auf dem Weg an die Spitze? Zumindest ist es schwer vorstellbar, dass das Team in Zukunft wieder Durststrecken von 630 Tagen ohne ein doppeltes Top-10-Resultat ertragen muss. Die Richtung beim zukünftigen Audi-Team stimmt.