Als die Lichter der Startampel auf dem Losail International Circuit ausgingen, erwarteten die wenigsten Experten, dass der vorletzte Grand Prix des Jahres besonders viel Abwechslung und Spannung bieten würde. Die Strategie war mit dem von Pirelli vorgeschriebenen Stint-Limit von 25 Runden relativ unflexibel. Dazu ist Überholen auf dem Wüstenkurs fast so schwer wie in Monte-Carlo.
Die große Hoffnung der neutralen Beobachter lag in einem Feuerwerk am Start. Doch die Kollision blieb aus. Oscar Piastri verteidigte von der Pole-Position die Spitze. Dahinter attackierte Max Verstappen wie erwartet direkt den zweiten McLaren von Lando Norris. Der WM-Spitzenreiter ging jedoch kein Risiko ein und wehrte sich nicht. Mit dem dritten Platz hätte er im Titelkampf weiter alles locker in der Hand.
Doch dann stellte eine Safety-Car-Phase in der siebten Runde alles auf den Kopf. Nico Hülkenberg, der mit Soft-Gummis gestartet war, attackierte in Kurve 1 Pierre Gasly, der für den Auftakt-Stint die Mediums gewählt hatte. Der Rheinländer schien sich auf der Außenseite schon vorbeigedrückt zu haben, als sich das linke Vorderrad des Alpine mit dem rechten Hinterrad des Saubers verhakte. Hülkenberg rutschte ins Aus, Gasly konnte noch zur Box humpeln, fiel aber ans Ende des Feldes zurück.

Der Crash zwischen Gasly und Hülkenberg wurde als normaler Rennunfall gewertet.
McLaren verpasst Gratis-Stopp
Der Zeitpunkt der Safety-Car-Phase erlaubte es allen Fahrern, ohne großen Zeitverlust die Reifen zu wechseln. Die Restdistanz von 50 Runden ließ sich genau mittig in das Pirelli-Limit von 25 Runden teilen. Während ein Fahrer nach dem anderen zum Reifenwechsel abbog, ließ McLaren seine beiden Autos zur Überraschung aller Experten draußen. Die Idee dahinter: Piastri und Norris sollten den Extra-Stopp an der Spitze dank überlegener Rennpace wieder reinfahren.
Doch das Unternehmen war zum Scheitern verurteilt. WM-Gegner Verstappen zeigte eine starke Pace und hielt sich stets im Boxenstopp-Fenster der beiden Papaya-Renner. Als Piastri nach seinem letzten Stopp zurück auf die Piste kam, hatte der Australier noch 17,4 Sekunden Rückstand. Im Ziel waren es am Ende knapp acht Sekunden. Entsprechend schlecht gelaunt war der Mann aus Melbourne, der an diesem Wochenende vor dem entscheidenden Strategie-Fauxpas alles im Griff hatte.
Auch bei Norris hielt sich die Begeisterung in Grenzen. Er konnte den Speed von Piastri im Rennen nicht mitgehen und schaffte es noch nicht einmal mehr zurück aufs Podium. Nach seinem zweiten Stopp in Runde 45 kam der WM-Spitzenreiter auf Rang fünf hinter Kimi Antonelli und Carlos Sainz auf die Strecke zurück. Den Mercedes konnte Norris in der vorletzten Runde nach einem Fahrfehler von Antonelli noch etwas glücklich knacken. Zu Sainz fehlten auf der Ziellinie sechs Zehntel.

Nur die beiden McLaren nutzten das Safety-Car-Geschenk nicht zum ersten Boxenstopp.
Titel-Entscheidung erst in Abu Dhabi
In der WM-Wertung ergibt sich damit vor dem Finale von Abu Dhabi folgender Zwischenstand: Norris 408 Punkte, Verstappen 396 Punkte, Piastri 392 Punkte. Damit würde dem führenden McLaren-Pilot ein dritter Platz beim Finale zum Titelgewinn reichen. Wenn Piastri den letzten Sieg des Jahres einfährt, reicht Norris sogar Position fünf für die Fahrer-WM.
Hinter Antonelli landete George Russell im zweiten Mercedes auf Platz sechs. Der Brite war in der ersten Runde nicht nur hinter seinen Teamkollegen, sondern auch noch hinter Fernando Alonso und Isack Hadjar zurückgefallen. Alonso verlor seinerseits mit einem Dreher in Runde 42 zwei Positionen. Ein Reifenschaden von Hadjar in der vorletzten Runde schenkte Russell und Alonso dann wieder jeweils eine Position.
Auch Charles Leclerc profitierte auf Rang 8 vom Last-Minute-Pirelli-Drama beim Red-Bull-Junior. Damit reiste Ferrari wenigstens mit vier Pünktchen aus Katar ab. Auf den letzten beiden Punkteplätzen beendeten Liam Lawson und Yuki Tsunoda das Rennen. Lewis Hamilton im zweiten Ferrari ging auf Rang 12 erneut leer aus.












