Wir hatten diese Situation ein paar Mal in den letzten vier Jahren. Mercedes taucht aus der Versenkung auf, gewinnt ein Rennen und macht den Eindruck, dass der Fortschritt von Dauer ist. Genauso oft sind die Silberpfeile wieder abgestürzt. Nach 65 Punkten, einem Sieg und einem zweiten Platz aus den letzten zwei Rennen stellen wir uns die Frage erneut: Hat Mercedes endlich den Durchbruch geschafft? Ist der W16 nach der Sommerpause ein besseres Rennauto als der W16 davor?
George Russell meint, dass der 2025er-Silberpfeil nie ein schlechtes Auto war. In den ersten sechs Grands Prix landete der Engländer vier Mal auf dem Podium. Dann noch der Sieg in Montreal. Es gab aber, so Russell, auch die Phasen dazwischen, wo Mercedes nur noch die vierte Geige im Feld spielte. "Da haben wir viele Dinge falsch gemacht und nicht das Maximum aus unserem Auto herausgeholt."
Das ist seit der Sommerpause generell besser geworden. Seit die Entwicklung am W16 eingeschlafen ist, verstehen Fahrer und Ingenieure besser, wie man das Auto abstimmen muss, damit die Reifentemperaturen nicht über das Ziel hinausschießen. Wie man inzwischen zugibt, haben auch die jüngsten Nachbesserungen am Frontflügel den gewünschten Erfolg erzielt. Das Auto lässt sich jetzt besser ausbalancieren.
Austin in der Theorie eine Anti-Mercedes-Strecke
Austin soll nun bestätigen, dass dieser Fortschritt auch nachhaltig ist. Dafür ist der Circuit of the Americas die bestmögliche Strecke. Warum? Weil Mercedes auf diesem Streckenlayout vorher die größten Probleme hatte. Es kommt alles zusammen, womit der WM-Zweite bislang immer auf Kriegsfuß stand. Kurven unterschiedlicher Art, Kurven mit langen Radien, zu erwartende hohe Asphalttemperaturen. Dazu noch ein Sprint-Wochenende, das den Ingenieuren nur 60 Minuten Zeit gibt, sich auf die Bedingungen einzustellen.
George Russell hat trotz vier Jahren Auf und Ab nie das Vertrauen in sein Team verloren. Seine Vertragsverlängerung war immer nur Formsache. Es ging nur um die Konditionen. "Geld und die Zahl an PR-Tagen waren sekundär. Ich suche ein Team, das mir eine möglichst gute Chance auf Erfolg garantiert."
Mercedes immer erste Wahl
Auch wenn die Saison 2026 für viele im Feld eine große Wundertüte werden kann, glaubt Russell der Papierform. "Selbst wenn ich bei jedem Team hätte unterschreiben können, hätte ich Mercedes gewählt. Ich bin überzeugt, dass mir Mercedes die beste Chance gibt, nächstes Jahr Weltmeister zu werden."
Auf Fragen, ob es Ausstiegsklauseln gibt, und wer diese Optionen ziehen kann, navigierte sich der fünffache GP-Sieger erfolgreich um eine klare Antwort. "Wenn ich in meinem fünften Jahr in diesem Team nicht gewinnen kann, dann wäre das für uns alle eine große Enttäuschung. Deshalb denken wir nicht darüber nach, was passiert, sollte dieser Fall eintreten."
Was 2027 passiert, ist also offen. Es hängt davon ab, wie die nächste Saison verläuft. Russell hat seine Förderer in den letzten Rennen oft daran erinnert, was sie an ihm haben. Teamchef Toto Wolff lobt seine Nummer eins: "Gib' George in Siegerauto, und er gewinnt. Gib' ihm ein nicht so gutes Auto, und er macht das Beste draus."

Andrea Kimi Antonelli benötigt 2026 konstantere Leistungen.
Antonelli erleichtert über Klarheit
Russell gibt das Kompliment zurück: "Toto hätte mich in die Ecke drängen können, wenn er gewollt hätte. Er hat aber meine Leistungen honoriert." Mit anderen Worten: Russell bekam, was er wollte. Andrea Kimi Antonelli auch. "Ich wusste zwar, dass es weitergeht. Aber die Bestätigung ist schon eine gewisse Beruhigung für mich. Ich war nie wirklich nervös, aber es ist immer schön, wenn man es schwarz auf weiß hat."
Für Antonelli gibt es in der zweiten Saison keine Ausreden mehr. Was den Italiener nicht stört. "Ich stand meine ganze Karriere auf dem Prüfstand. Dieses Jahr habe ich gelernt, wie ich meine Wochenenden abwickeln muss, um das Beste aus mir und dem Auto rauszuholen. Nächstes Jahr kann ich mich voll darauf konzentrieren, das auch abzuliefern."
So macht der 18-jährige Italiener mit jedem Wochenende Erfahrungen, die ihm 2026 hilfreich sein können. "In Singapur lief es im Q1 und Q2 sehr gut. Ich war so motiviert, dass ich im Q3 zu viel wollte. Anstatt zu reflektieren, in welchen Kurven ich noch was rausholen kann und in welchen nicht, habe ich versucht, jede Kurve besser zu fahren. Das Auto ist zu viel gerutscht. Dadurch sind die Reifentemperaturen hoch, und ich habe zu viel Zeit verloren." Ob Antonelli auch 2027 noch ein Mercedes-Fahrer sein wird, will er explizit nicht sagen. Nur so viel: "Das Team hat mir das Vertrauen für 2026 gegeben. Ich will das Vertrauen zurückzahlen."












