Problem trotz Pole-Position: Wer hilft Verstappen zum Titel?

Problem trotz Pole-Position
Wer hilft Verstappen zum Titel?

GP Abu Dhabi 2025
ArtikeldatumVeröffentlicht am 06.12.2025
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Es ist das Traumfinale, das sich die Formel 1 gewünscht hat. Die drei Titelkandidaten starten beim GP Abu Dhabi von den ersten drei Plätzen. Und Herausforderer Max Verstappen steht auf der Pole Position. Hinter ihm die McLaren-Fahrer Lando Norris und Oscar Piastri. Besser kann man ein Drehbuch nicht schreiben.

Und doch hat Verstappen noch nicht einmal die Hälfte der Arbeit erledigt. Tatsächlich war seine achte Pole-Position in dieser Saison auch eine Niederlage. Denn der Weltmeister braucht externe Hilfe, wenn er Weltmeister bleiben will. Und die Konkurrenz ist zu schwach, als dass sie McLaren in die Suppe spucken könnte.

George Russell wäre auch ohne seinen Beinahe-Abflug in der letzten Kurve nicht vor den McLaren gelandet. Der hat zwar zwei Zehntel gekostet, doch der Engländer hatte die entscheidende Zeit schon vorher verloren. Mercedes holte das alte Problem ein. Die Hinterreifen wurden zu heiß. Das wird die Silberpfeile im Rennen bremsen. Ferrari ist trotz Startplatz 5 für Charles Leclerc total neben der Spur. "Ich wollte die Runde fünf Mal abbrechen. Das war mehr Rallye als Formel 1", klagte Leclerc.

Verstappen drohte mit vollem Risiko

Verstappen muss sich also auf andere Faktoren verlassen. Seine erste Chance liegt im Start. Besser für ihn, dass Lando Norris neben ihm losfährt. Sein größter WM-Gegner startet meistens schlecht, wenn er das Schreckgespenst Verstappen in seiner Nähe weiß. Und er steht auf der schlechten Spur. Siehe Austin. Siehe Las Vegas.

Verstappen muss hoffen, dass sich die McLaren-Fahrer in die Quere kommen. Dass er das beeinflussen kann, hat er in Singapur und in Austin gezeigt. Er hat Norris in beiden Fällen beim Beschleunigen aus der ersten Kurve durch bewusstes Gaswegnehmen den Schwung geraubt.

Verstappen kündigte bereits an, dass er ohne Rücksicht auf Verluste Richtung erste Kurven spurten wird. "Wenn ich verteidigen muss, verteidige ich. Wenn ich attackieren muss, attackiere ich. Ich habe nichts zu verlieren und nehme volles Risiko." Norris sank immer tiefer in seinen Sitz auf der FIA-Couch. "Ich entscheide nicht heute, wo ich in der ersten Kurve bremse, sondern zehn Meter davor." Der Punkt ging an Verstappen.

Verstappen, Norris & Piastri - Formel 1 - GP Abu Dhabi 2025
NurPhoto via Getty Images

Stallregie erst, wenn Piastri chancenlos ist

Auch die Frage, ob es Stallregie gibt oder nicht, könnte dem Red-Bull-Piloten in die Karten spielen. McLaren-Chef Zak Brown hatte im Vorfeld seinen Piloten versprochen, dass sie bis zu dem Zeitpunkt frei fahren, an dem beide realistische Chancen auf den Titel haben. Doch bedeutet der dritte Startplatz des drittplatzierten Piastri bereits, dass diese Chance aus Sicht des Teams nicht mehr realistisch ist? Wird McLaren aus Angst vor dem unheimlichen Verstappen schon früh zu einer unpopulären Maßnahme greifen?

Piastri wusste keine Antwort: "Ich weiß noch nicht, was man von mir erwartet. Man wird es mir schon noch sagen. Solange Lando und Max nicht vor mir ins Ziel kommen, habe ich noch eine Chance." Das könnte man so übersetzen. Wenn ein Platztausch nötig ist, wird McLaren erst in der letzten Runde zu dieser Maßnahme greifen. Zak Brown macht sich keine Sorgen, dass sich Piastri weigern wird. "Bis jetzt haben unsere Fahrer immer unsere Wünsche respektiert."

Auch wenn die Mathematik gegen den Australier spricht, meinte er fröhlich: "Komische Dinge passieren." Er muss hoffen, dass sich die beiden anderen Kandidaten in die Haare bekommen. Und er kann dazu beitragen, dass der Gegner seine Papaya-Regeln irgendwann aufgeben muss.

Lando Norris - McLaren - Formel 1 - GP Abu Dhabi 2025
Andrej Isakovic via Getty Images

Red Bull übt mit Ultra-Longrun für Rennen

Die Strategie kann für und gegen Verstappen spielen. Keiner weiß, wie sich das Körnen des rechten Vorderreifens entwickelt. "Das Problem hatten alle, die einen mehr, die anderen weniger. Normalerweise wird es mit mehr Gummi auf der Strecke besser", macht sich Verstappen Hoffnung. McLaren-Chef Andrea Stella widerspricht: "Nach den bisherigen Erfahrungen mit diesen Reifen glaube ich nicht, dass das Körnen verschwinden wird."

Red Bull hat sich für das Rennen besser vorbereitet als McLaren. Verstappen drehte bewusst 15 Runden am Stück. Das ist repräsentativer als die acht Runden von Norris und die fünf von Piastri. Obwohl der Rennspeed normalerweise die Stärke der McLaren ist, kommentierte Norris genervt. "Unsere Longruns waren gut, aber nicht überragend."

Auf der anderen Seite kam Red Bulls Wende wieder mal aus dem Nichts. Am Freitag war man noch nirgendwo. Das erinnert an 2021, als Verstappen ebenfalls in einem Gewaltakt seinem WM-Gegner Lewis Hamilton die Pole-Position abgejagt hat, im Rennen aber für ein Setup büßen musste, das auf eine schnelle Runde ausgelegt war. Das könnte auch diesmal wieder so sein. Verstappen führte jedoch aus, dass diesmal auch die tieferen Temperaturen am Abend seinem Red Bull entgegenkamen und nicht allein die Änderungen an der Fahrzeugabstimmung.

Gegen Verstappen spricht, dass die McLaren Herr im dritten Sektor waren. Das ist der kurvenreiche Sektor am Schluss der Runde. Gute Zwischenzeiten in diesem Abschnitt sind ein Indiz dafür, dass die Hinterreifen über die ganze Runde in ihrem Temperaturfenster bleiben. Das könnte für Verstappen mit zunehmender Laufzeit der Reifen ein Problem werden. Doch Überholen ist schwierig. Das Rundenzeiten-Delta liegt bei 0,6 Sekunden, wenn man eine Chance auf einen erfolgreichen Angriff haben will. Und Red Bull hat den besseren Topspeed.

Max Verstappen - Red Bull - Formel 1 - GP Abu Dhabi 2025
Andy Hone via Getty Images

Spielt Verstappen das Hamilton-Spiel

Normalerweise ist der GP Abu Dhabi ein Einstopp-Rennen. Es kann aber schnell ein Zweistopp-Rennen daraus werden, wenn der rechte Vorderreifen abbaut oder die Hinterreifen überhitzen. Auf dem Papier sind zwei Stopps knapp schneller. Aber nur bei freier Fahrt. Und lässt sich mit zwei Stopps weniger kontrollieren als mit einem.

Auch an die Hamilton-Strategie von 2016 hat man bei Red Bull schon gedacht. Damals hatte Hamilton das Feld so stark eingebremst, dass sein Teamkollege Nico Rosberg Druck von hinten bekam. Am Ende ging der Plan nicht auf, doch Rosberg gab hinterher zu, dass er nie in seiner Karriere größeren Druck verspürt hatte.

Verstappen zweifelt, ob diese Taktik eins zu eins zu kopieren ist. "Damals war das Streckenlayout noch anders, und es war einfach, die Leute hinter dir in Schach zu halten. Im Verkehr haben die Reifen schneller überhitzt." McLaren jedenfalls erwartet, dass der Weltmeister das Feld einbremst, um seine Fahrer in Schwierigkeiten zu bringen. Stella warnt: "Wir sind zwei gegen eins. Wenn er zu langsam fährt, riskiert er einen Undercut." Dafür müsste McLaren allerdings seine Papaya-Regeln aufgeben.

Auf eine Hilfe muss der Außerirdische verzichten. Yuki Tsunoda konnte ihm im Q3 noch Windschatten spenden. Doch als Zehnter der Startaufstellung kann der Japaner den WM-Kampf nur mit dem Fernglas beobachten.

Fazit