Trendwende mit neuem Motor: Deshalb ist 2026 nicht mit 2014 vergleichbar

Mercedes lehnt Favoritenrolle für 2026 ab
„Situation nicht mit 2014 vergleichbar“

GP Abu Dhabi 2025
ArtikeldatumVeröffentlicht am 09.12.2025
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Schon oft hat Mercedes-Teamchef Toto Wolff seine Silberpfeile als Diven bezeichnet. Nie war der Begriff aber so passend wie in den vier Groundeffect-Jahren. Nach einem Fehlstart in der Saison 2022 kam immer wieder das Gefühl auf, dass die Ingenieure die Kurve noch bekommen. Doch nach sporadischen Glücksmomenten war der nächste Fehlschlag meistens nicht weit entfernt.

"P2, P4, P3, P2 – das ist keine komplette Pleite", blickt Wolff auf die vergangenen vier Saisons zurück. "Aber wir haben es verpasst, eine Meisterschaft zu gewinnen. Wenn man in 20 Jahren noch einmal auf diese Zeit schaut, sieht es vielleicht nach einer soliden Leistung aus. Aber momentan können wir uns darüber nicht freuen, weil es immer ein Team gab, das deutlich vor uns lag."

Als hätte es noch ein Beispiel für die Launenhaftigkeit des silbernen Rennwagens gebraucht, ging zum Abschluss beim Grand Prix von Abu Dhabi wieder einmal nicht viel voran. Ein hartnäckiges Untersteuern und ein überstrapazierter Reifen vorne rechts in den schnellen Kurven 1 und 9 ärgerten die Fahrer George Russell und Andrea Kimi Antonelli das ganze Finalwochenende über.

Stimmung bei Mercedes getrübt

"Wir haben die Saison auf Platz zwei beendet. Das ist respektabel. Aber zum Abschluss so ein mittelmäßiges Rennen zu haben, trübt natürlich die Stimmung", grummelte Wolff. "Das letzte Rennen hat gezeigt, dass wir diese Autos immer noch nicht richtig verstanden haben. Deshalb sind wir als Team auch happy, dass diese Groundeffect-Ära jetzt endlich vorbei ist."

Wolff versucht gar nicht erst, die Leistung seines Teams schönzureden: "Wir hatten 2022 einen schlechten Start. Beim Beseitigen der Probleme sind dann immer neue Probleme aufgetaucht. Es gab Theorien, aber keine Lösungen, die es uns ermöglicht hätten, um einen Titel zu kämpfen. Da haben unsere Gegner einfach einen besseren Job erledigt."

Ausreden für die Titelflaute gibt es nicht: "Man muss sich nur mal McLaren anschauen. Sie haben das Auto vor drei Jahren komplett umgekrempelt. Auch die Entwicklung von Red Bull nach der Sommerpause zeigt, dass sie herausgefunden haben, was vorher nicht funktioniert hat. Sie schafften die Trendwende. Das ist uns in vier Jahren leider nicht gelungen."

Lando Norris - McLaren - GP Abu Dhabi 2025
xpb

Budget-Cap verhindert Wettrüsten

Kurz vor dem Technik-Reglement sind 2021 auch noch neue Finanz-Regeln eingeführt worden. Der Budget-Deckel sollte verhindern, dass sich die reichen Teams bei der Entwicklung einen Vorteil verschaffen. Mercedes konnte sich also nicht einfach mit Geld aus der Krise rauskaufen. Aber auch ohne das Budget-Cap wären weitere Titel nicht garantiert gewesen.

"Red Bull oder Ferrari haben die gleichen finanziellen Möglichkeiten wie wir. Es wäre also in einem Wettrüsten geendet", führt Wolff das Gedankenspiel aus. "Vielleicht hätte dann am Ende aber nicht McLaren ganz oben gestanden, sondern ein anderes Team. Dank Budget-Deckel wurde es zu einem fairen Wettkampf unter gleichen Voraussetzungen. Die Besten haben gewonnen. Und das waren leider nicht wir."

Laut Wolff seien es auch nicht die Neweys oder die Stellas, die einem Team den Erfolg bringen: "Die Leute schauen immer nur auf bestimmte Individuen oder auf einzelne Positionen, die neu besetzt werden. Aber am Ende kommt es vor allem darauf an, dass das ganze Team gut zusammenarbeitet und auf Basis der richtigen Daten und mit Hilfe einer guten Infrastruktur gemeinsam die korrekten Entscheidungen trifft."

Mercedes - Teamfoto - GP Abu Dhabi 2025
Wilhelm

Simulationswerkzeuge fehlerhaft

Bei Mercedes hakte es vor allem bei den Werkzeugen. Der Windkanal und die CFD-Simulationen narrten die Ingenieure regelmäßig. Das Auto verhielt sich auf der Strecke anders, als es die Trockenübungen in der Fabrik suggerierten. Erst langsam brachte der deutsch-britische Rennstall seine Infrastruktur auf ein besseres Niveau, sodass die Techniker den Tools wieder trauen konnten.

Aber reicht der aktuelle Stand schon aus, dass man 2026 wieder ganz vorne mitkämpfen kann? "Ich bin nie zuversichtlich. Bei mir ist das Glas immer halb leer", gibt Wolff den Pessimisten. "Wir werden natürlich alles in das Auto und die Power-Unit reinstecken, um direkt von Anfang an voll konkurrenzfähig zu sein."

Nach den Erfahrungen von 2022 ist Wolff noch vorsichtiger geworden. Vor dem Start der Groundeffect-Ära herrschte große Zuversicht im Mercedes-Lager. Doch dann floppte das sogenannte Zero-Pod-Konzept. Dieses Mal stapelt der Teamchef lieber tief: "Wir haben für uns selbst Ziele definiert. Da befinden wir uns auf einem guten Weg. Aber ob diese Ziele ehrgeizig genug gesetzt wurden, und ob die Prioritäten beim Erfüllen dieser Ziele richtig sind, wird erst die Zukunft zeigen."

Mercedes F1-Motor - Innenleben - Hybrid-Motor - 2024
Mercedes

Teams besser aufgestellt als 2014

Für einen Mercedes-Aufschwung spricht, dass sich nicht nur die Aerodynamik ändert, sondern auch der Antrieb. Bei der letzten großen Motoren-Revolution im Jahr 2014 war man der große Gewinner. Deshalb sehen viele Experten das Werksteam auch jetzt wieder auf der Favoritenliste für 2026 ganz oben. Doch Wolff versucht, die Erwartungshaltung zu dämpfen.

"2014 hatte ich schon vorher ein gutes Gefühl", erinnert sich der Österreicher. "Unser Motor war der erste, der auf dem Prüfstand lief. Wir waren bei den Testfahrten schon gut aussortiert, während die anderen nicht zuverlässig fuhren. Das war damals aber nicht vergleichbar mit heute. Jetzt sind alle Teams viel besser aufgestellt."

Fazit