Gäbe es einen Preis für Action, dann qualifizieren sich dafür nur die Teams aus der zweiten Hälfte des Feldes. Bei den Top 8 fährt die Vorsicht mit. Red Bull, McLaren, Mercedes und Ferrari wickeln ihr Standardprogramm ab. Bloß kein Risiko. Das, was die Simulation sagt, ist Gesetz. Dummerweise kommen alle Simulationen meistens zum gleichen Ergebnis. Wenn sich dann Ferrari mal traut, Charles Leclerc auf Soft-Reifen ins Rennen zu schicken, ist das schon eine Sensation.
Ab Platz fünf in der Konstrukteurswertung geht es für die Teams um genauso viel. Doch da lässt sich die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Autos viel schwerer abschätzen. Die Schwankungen sind von Strecke zu Strecke größer. Weil die Abstände geringer sind, zählt jedes Detail noch mehr. Und da kann ein Upgrade, eine alternative Strategie, das richtige Setup oder auch nur eine gute Exekution an der Strecke den Unterschied von bis zu zehn Positionen ausmachen.
Fünf Rennen und zwei Sprints vor dem Ende der Saison scheinen nur zwei Dinge klar. Williams hält den fünften Platz mit 111 Punkten ziemlich fest in der Hand. Die Verfolger liegen 39 Zähler und mehr zurück. Das ist kaum noch aufholbar. Auch weil sich Williams stabilisiert hat. Die Ausschläge je nach Streckentyp sind nicht mehr so extrem. Austin galt nicht als Williams-Strecke. Trotzdem war Williams in der Sprint-Qualifikation schneller als Ferrari. Carlos Sainz und Alexander Albon holten neun Punkte allein aus dem Sprint. Obwohl Team und Fahrer am Sonntag Punkte verschenkten, verloren alle Verfolger an Boden.
Alpine hinten festgenagelt
Klarheit herrscht auch am anderen Ende des Mittelfeldes. Alpine hat seit der Sommerpause kein zählbares Ergebnis mehr abgeliefert. Es fällt Pierre Gasly und Franco Colapinto immer schwerer aus dem Q1 rauszukommen. Der zehnte Platz von Gasly im Sprint zählt schon als Highlight.
Alpine verliert aus zwei Gründen Boden auf die Konkurrenz. Seit dem GP Spanien lieferte das Technikbüro keine Neuentwicklungen für den A525 mehr. Das Defizit vom Motor wird immer größer, je näher der Moment rückt, an dem in Viry-Chatillon die Lichter ausgehen. Die Motoren verlieren mit zunehmendem Alter im Vergleich zum Saisonbeginn bis zu 14 PS, hört man aus dem Umfeld des Teams. Es gibt kaum noch Ersatzteile.
Flavio Briatore hat schon lange die Order ausgegeben, sich voll auf 2026 zu konzentrieren. "Wenn es wie im letzten Jahr eine Chance auf Platz sechs gegeben hätte, hätte es Sinn gemacht noch ein Upgrade zu bringen. Wenn es aber um Platz acht oder zehn geht, steckst du besser deine ganze Energie ins nächste Jahr."

Haas brachte neue Teile zum Heimspiel nach Austin. Die Ausbeute fiel mager aus.
Haas-Upgrade schneller, aber kritischer
So bleiben vier Teams übrig, die um die Plätze sechs bis neun kämpfen. Zwischen Toro Rosso und Haas liegen nur 24 Punkte. Jeder wartet auf den großen Zahltag. Haas hofft, dass man auch noch einmal einen zweistelligen Punktesegen feiern kann, wie Toro Rosso in Zandvoort, Sauber in Silverstone oder Aston Martin in Budapest. Der US-Rennstall hat in Austin noch einmal mit einem neuen Unterboden und modifizierten Bremsbelüftungen im Heck nachgelegt.
Mit einem zweischneidigen Ergebnis. Das Auto produziert zwar mehr Abtrieb, ist aber am Kurveneingang etwas nervöser geworden. Oliver Bearman kommt damit besser klar als Esteban Ocon. "Esteban ist ein Fahrer, der sich das Auto so richtet, bis es ihm passt. Dann gibt er Gas. Ollie ist in der Beziehung nicht so sensibel. Er hält einfach drauf. Dafür baut er auch mehr Unfälle", berichtet Teamchef Ayao Komatsu.
Bearman glaubt, dass aus dem Upgrade noch mehr rauszuholen ist, als man in Austin gesehen hat. "Die Charakteristik des Autos hat sich geändert. Es ist schneller, aber auch ein bisschen kritischer. Deshalb brauchen wir mehr Zeit zum Eingewöhnen. Ich bin das Upgrade zum ersten Mal in der Sprint-Qualifikation gefahren."
Der Lohn der späten Entwicklung am VF-25 waren zwei WM-Punkte. Komatsu lobt sein Technikbüro: "Wir haben uns erneut bewiesen, dass wir das Auto schneller machen können. Das gibt mir Zuversicht und den Ingenieuren Selbstvertrauen, dass wir auch ein gutes 2026er Auto auf die Räder stellen."

Nico Hülkenberg sammelte vier WM-Punkte für das Sauber-Team.
Sauber gut, Hülkenberg in Top-Form
Sauber meldete sich nach einer kleinen Flaute zurück. Nach der Sommerpause war es für den Schweizer Rennstall erst der zweite Punktgewinn. Chefingenieur Inaki Rueda hatte schon vor dem Wochenende in Texas ein gutes Gefühl, dass die Strecke dem C45 liegen könnte. Der Wechsel zwischen schnellen und langsamen Kurven verbunden mit relativ viel Abtrieb passt dem Auto.
Einziges Fragezeichen waren die Bodenwellen und inwieweit die das Team zwingen würden, mit der Fahrzeughöhe nach oben zu gehen. "Wenn es zu viel wird, ist nicht gut für uns. Wir leiden mehr als andere, wenn wir zu hoch fahren", räumte Rueda ein. In Austin blieb der Sauber in seinem Wohlfühlfenster. Der vierte Startplatz im Sprint war eine handfeste Sensation. Dass Nico Hülkenberg im Hauptrennen nur von Platz 11 startete, hatte mit dem Wind zu tun. Er frischte am Samstag im Vergleich zu Freitag auf und kam im entscheidenden Moment auch noch von der falschen Seite. Der Sauber ist ein windanfälliges Auto.
Mit einem Nico Hülkenberg in Top-Form reichte es trotzdem für vier WM-Punkte. Mehr lag nicht drin. Yuki Tsunoda war eine Spur zu schnell. Für Hülkenberg war es wichtiger, Oliver Bearman und Fernando Alonso auf Distanz zu halten.

Bei Aston Martin hat man oft das Gefühl, dass mehr Potenzial im Auto steckt.
Alonso enttäuscht vom Rennspeed
Aston Martin hatte sich mehr ausgerechnet als nur einen Punkt für den zehnten Platz. Vor allem nach der sechsten Startposition von Fernando Alonso im Sprint. Die Hoffnung zerplatzte wie für Hülkenberg schon nach 250 Metern. Das bestätigte Rueda in seiner Einschätzung: "Der Aston Martin und unser Sauber sind sich sehr ähnlich. Beide Autos haben die gleichen Vorlieben."
Doch während Hülkenberg im Hauptrennen konstant schnelle Rundenzeiten auf die Bahn legte und eher den Red Bull vor sich im Visier hatte, musste sich Alonso nach hinten orientieren. Die meiste Zeit hing ich Liam Lawson im Getriebe. "Wir hatten im Rennen nicht genug Speed. Auf eine Runde waren wir besser. Ich bin als Zehnter gestartet und als Zehnter ins Ziel gekommen."
Toro Rosso ging wie in Singapur leer aus. Liam Lawson verfehlte Punkte im Sprint und im Hauptrennen um jeweils einen Platz. Isack Hadjar feuerte sein Auto im Q1 mit 250 km/h in die Absperrungen. Erst war von ungünstigem Rückenwind die Rede, doch am Ende war der Unfallgrund ziemlich simpel. "Isack war einfach zu schnell", erzählte Geschäftsführer Peter Bayer.

Mit etwas mehr Erfahrung im Cockpit hätte Toro Rosso wohl schon ein paar mehr Punkte gesammelt.
Toro-Rosso-Problem identifiziert
Der VCARB02 ist eigentlich überall gut. Deshalb kam es überraschend, dass er weder in den 90 Grad-Ecken von Singapur noch in den Highspeed-Passagen von Austin zu seiner gewohnten Form fand. Wenigstens konnte Toro Rosso ein Erfolgserlebnis vermelden. Das mysteriöse Motorenproblem, das Hadjar in Spa und Singapur und in zwei Trainingssitzungen bis zu 40 PS gekostet hatte, scheint gelöst.
Schuld war ein Massekabel nahe der Batterie, das zu stark vibrierte und mit dieser Frequenz das elektrische System durcheinanderbrachte. Dabei ging der Honda-Motor in den Notlauf. Toro Rosso stellt das ganze Auto auf den Kopf, um das Problem zu lösen.












