BMW i7 vs. Mercedes EQS im Test: Welcher elektrische Luxuskreuzer ist der beste?

BMW i7 xDrive60, Mercedes EQS 580
Welcher elektrische Luxuskreuzer ist der beste?

ArtikeldatumVeröffentlicht am 14.09.2025
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Am liebsten würden die beiden Superstromer mit ihren 20- und 21-Zöllern aufstampfen und schimpfen: "Nun kauft uns doch endlich!" Oder so. Verständlich. Selten war die Diskrepanz zwischen perfekten Limousinen-Fähigkeiten und imperfekter Kundschaft-Kaufbereitschaft so krass. Wir wagen uns aus der Deckung und behaupten sogar: nie. Nie zuvor gab es derart umfassend geschliffene Luxuslimousinen. Leise, schnell, komfortabel, feinsinnig und brachial zugleich. Noch dazu lokal emissionsfrei, zumindest, was Abgase betrifft. Regelrecht gespenstisch legen i7 und EQS an Tempo zu. Ohne Vibrationen, ohne Schaltrucke, ohne umständlichen Leistungsaufbau. Immer alles da. Linear und souverän. Mit jeweils 544 PS und bis zu 858 Newtonmetern Drehmoment beim EQS. Aus dem Stand. Ungeübte Insassen können ihr Raum-Zeit- und ihr Tempo-Geräusch-Kontinuum direkt neu kalibrieren. Der Mercedes zaubert bis 210 km/h ICE-Gefühl, der BMW sogar bis 240.

Bester Federungskomfort in BMW i7 und Mercedes EQS

Und wo wir schon mal so schön auf der A8 Richtung München daherschweben, bleiben wir noch etwas da. Kleine Bodenwellen, lange Wellen, kurze Absätze – alle weg. Doch statt die Bautruppe in Orange in wochenlanger Asphaltmaloche knechten zu lassen, haben BMW und Mercedes ihren Elektro-Chefs einfach sensationelle Fahrwerke mitgegeben. Beginnend mit den Reifen, die trotz 40er-Querschnitt willig absorbieren, weitergeführt über Luftfedern und Adaptivdämpfer, die die Ingenieure sorgfältig und sachkundig abstimmten. Kein Wanken, kein störendes Wiegen, einfach nur gelassenes Gleiten. Manche Hersteller nannten ihre Fahrwerke ja Skyhook, also Himmelshaken. Doch diese zwei haben tatsächlich den imaginären Haken nach oben, obwohl sie ihn nicht so nennen.

BMW i7, Mercedes EQS
Jörg Künstle

Also Haken dran, Autobahnkomfort ist gesetzt. Ebenso die Geradeauslaufstabilität, die Lenkpräzision. Bodenwellen, Spurrillen, Böen? Ja, da war doch was. Anderswo. Nicht für i7 und EQS. Sie strömen mit Wunschtempo dahin, außer sehr dezenten Wind- und kaum vernehmlichen Abrollgeräuschen stört nichts die meditative Ruhe an Bord. 55 Dezibel bei 100 km/h, da möchten Sensible schon das Radio einschalten ob der für sie fast bedrückenden Stille. Sogar unser Punkteschema kollabierte, Excel vergab gleich sechs von maximal fünf möglichen Punkten.

Große Batterien, hohes Gewicht

Unter anderem hier profitieren die E-Limousinen von ihren massiven Akkupacks im Unterboden. Beim BMW wie gehabt 102 kWh groß, beim Mercedes seit dem jüngsten Facelift auf 118 gewachsen. Ach ja, das Mercedes EQS-Facelift ist der Anlass, die beiden gegeneinander antreten zu lassen. Gar nicht so leicht (nicht nur wegen ihrer stattlichen Gewichte von rund 2,7 Tonnen), sondern auch, weil sie sich nicht sooo unähnlich sind.

Siehe Autobahnkompetenz, wo es echt knifflig wird, spürbare Unterschiede herauszufiltern. Mal fühlt man den einen hier etwas leiser, mal den anderen noch einen Tick kompetenter gedämpft. Lenkbare Hinterräder zur virtuellen Radstandsveränderung haben beide, doch weder kann der Benz aus seinem deutlich größeren Hinterachslenkwinkel noch der BMW aus seinen aktiven Stabilisatoren beim Tempomachen nennenswerte Vorteile ziehen. Sensationell komfortabel und schienengleich zielgenau sausen beide durch jedwede Topografie.

Große Unterschiede beim Karosserie-Design und die Folgen

Bei der optischen Präsenz differenzieren sie sich schon deutlicher. Klassisches Dreibox-Limousinen-Design trifft One-Box-Aerozukunft. Das Cab-Forward-Design des EQS erzeugt ein anderes Raumgefühl, der flachere Dachbogen ist vorn wie hinten beim Einsteigen spürbar; zudem dokumentiert es das besondere Elektro-Layout mit großer Mittelablage statt -konsole. Dort, wo BMW einen fetten Verbrenner samt Getriebe unterbringen könnte, bietet der EQS Stauraum.

BMW i7, Cockpit
Jörg Künstle

Logisch, schließlich ist er E-only konstruiert, während der Siebener multimodal ist. Und noch prächtiger als der EQS. Vom beleuchteten Grill und den funkelnden Swarovski-Lichtspielen an der Front über die elektrisch betätigten Türen, den kuscheligen Hochflorteppich und die (etwas hoch montierten) mit Stoff bezogenen, vielfach verstellbaren Sitze bis hin zur farbig leuchtenden Interaction Bar. Nicht zu vergessen: der klappbare 31,3-Zoll-Bildschirm im Dachhimmel – gut für einen bunten Kinoabend oder eine Ladepause de luxe, untermalt von der dynamischen Surround-Anlage inklusive Audioshakern in den Lehnen.

Weniger Pracht, mehr Platz

Und der EQS? Ebenfalls grundsätzlich sorgfältig gemacht, an einigen Stellen mit Holzfurnier sogar hochwertiger als die "Klavierlack"-Flächen beim BMW i7, bleibt er letztlich ein Stückchen auf Distanz. Erkennbar etwa an der kunststoffigen Lenksäulenverkleidung, den tiefer montierten, weniger verstellbaren (dennoch komfortablen) Sitzen und der insgesamt geringeren Prächtigkeit bis hin zum normalen Teppich, wo die BMW-Gäste ihre Schuhe in Hochflor tauchen. Auch die Fondschwelgereien des BMW mit Liegesitz, Massage und herunterfahrendem Breitbandbildschirm im Dach samt Kinoklang sucht man im EQS vergeblich. Halt, rufen die Stuttgarter: den Kofferraum nicht vergessen! Da zeigt der Benz mit 620 bis 1.700 Litern variable Transportkompetenz, wo der BMW mit 500 Litern im "ausreichend" stecken bleibt.

Mercedes EQS, Kofferraum
Jörg Künstle

Aber auch nur dort, denn insgesamt orientiert sich der Obendrüber-Siebener klar Richtung Rolls-Royce, während der Mercedes den ordentlich gemachten E-Oberklässler inklusive bildschirmdominierten Cockpits gibt. Groß und gut ablesbar, mit etwas Gewöhnung auch problemlos bedienbar. Zumal sich der Benz mit seinem Zero-Layer-Prinzip an den Fahrer anpasst, ihm relevante Elemente direkt und nicht erst im Untermenü anbietet. Hinzu kommt eine aufmerksame Sprachsteuerung. Damit kann auch der BMW dienen, zudem ließ man ihm noch mehr physische Tasten und den großen Dreh-Drück-Steller in der konventionellen Mittelkonsole. Oldschool im Vergleich zum vergleichsweise progressiven Mercedes.

Mercedes noch wendiger als BMW

Fährt er auch progressiv? Zunächst gefällt seine Lenkung mit schönem Handmoment und beim Rangieren mit der Wendigkeit eines Gabelstaplers. Zehn Grad Lenkwinkel an den Hinterrädern und ein Wendekreis von elf Metern lassen den subjektiv ebenfalls überraschend rangierwendigen 5,39-Meter-BMW mit seinen 12,4 Metern träge aussehen.

BMW i7
Jörg Künstle

Relativ, denn absolut gesehen kurven beide ihre massigen Körper gekonnt durch die Gegend. Beginnend beim Ausparken und fortgesetzt auf der Landstraße. Hier überzeugt die Mercedes-Lenkung wie gehabt, wirkt bisweilen überraschend direkt, doch die des BMW i7 xDrive60 kommt noch eine Idee besser auf den Punkt. Das war nicht immer so, die ersten i7-Testwagen schienen sich stärker auf das gediegene Gleiten als aufs Kurven zu konzentrieren. Da hat der 7er anscheinend zugelegt (siehe Vergleich von 2023), zieht mit seiner nun etwas präziseren, pointierteren Lenkung plus Wankausgleich hauchzart am Mercedes EQS 580 vorbei. Zumindest auf der Landstraße, denn auf dem Testparcours nehmen sich die Kontrahenten nichts.

Bremsgefühl verbesserungswürdig

Ergo: Faszinierend einfach und schnell fahren beide, wie wir auf einem Teil unserer Testrunde bei starkem Regen erfahren. Widrige Bedingungen, na und? Traktion, Handling sowie Regelgüte bleiben top. Feine Rückmeldung und Vorhersehbarkeit lassen sogar dynamischen Übermut in kniffligen Kurvenkombinationen zu. Wenn mal keiner guckt …

BMW i7, Mercedes EQS
Jörg Künstle

Alles schick also? Ja – wenn das Bremspedalgefühl nicht wäre: Beim BMW mit optionaler Sportbremse ist es noch okay. Immer noch etwas soft, taucht das EQS-Bremspedal trotz vergrößertem Hauptbremszylinder und optimierter Software bisweilen nicht hundertprozentig kalkulierbar ab. Was weder die absolute Verzögerung noch die zielführende Rekuperation beeinflusst, wohl aber das rundum gute Gefühl beim Schnellfahren. Andererseits: Wer es normal angehen lässt, bekommt davon wenig mit, da der weitaus größte Teil der Verzögerung in der Praxis über die automatische Rekuperation läuft.

Mercedes mit größerer Reichweite und schnellerem Laden

Und wie sieht’s mit Verbrauch und Ladeperformance aus? Hier hat Mercedes ja beim Facelift ordentlich angepackt, den Akku mit neuer Zellchemie vergrößert, eine Wärmepumpe installiert und die Vorderachse abkoppelbar ausgelegt. Und, rums: Reichweite 625 Kilometer im Eco-Modus, im gemischten Betrieb fast 500. Respekt. Dem BMW fehlen hier jeweils etwa 60 Kilometer, zudem verbraucht er etwas mehr und lädt einen Tick langsamer, was am Ende den größten Unterschied und damit den EQS-Sieg ergibt. Fehlt bloß noch, dass die beiden ähnlich konsequent Kunden wie Testpunkte sammeln.

Fazit

Technische Daten
Mercedes EQS 580 4Matic BMW i7 xDrive60 M Sportpaket Pro
Außenmaße5216 x 1926 x 1512 mm5391 x 1950 x 1544 mm
Kofferraumvolumen620 bis 1700 l500 l
Höchstgeschwindigkeit210 km/h240 km/h
0-100 km/h4,3 s4,6 s
Verbrauch18,0 kWh/100 km18,7 kWh/100 km
Testverbrauch25,7 kWh/100 km27,1 kWh/100 km