Der Rosemeyer wurde am 1. Juni 2000 in der Audi-Markenarena der neuen Autostadt Wolfsburg enthüllt. Für viele Besucher war das Fahrzeug die eigentliche Attraktion der Eröffnung. Eine offizielle Pressemitteilung gab es zunächst nicht, Audi wollte das Showcar für sich sprechen lassen.
Schon kurz nach der Präsentation kamen Spekulationen auf, Audi könne den Wagen in kleiner Stückzahl bauen. Fachmedien nannten Preise ab 250.000 Euro und mögliche Jahresvolumina von 50 bis 100 Exemplaren. Audi stellte aber schnell klar, dass es keine Serienpläne gebe.
"auto motor und sport" kommentierte rückblickend: "Der Rosemeyer war als Schaustück gedacht – als mutige Designübung, nicht als fahrbereites Serienmodell."
Ein Grund für den Verzicht auf eine Kleinserie lag auch darin, dass Audi kurz zuvor die Marke Lamborghini in den Konzern integriert hatte. Mit einem eigenen Supersportwagen hätte sich die Marke in direkte Konkurrenz zum Gallardo und späteren Murciélago begeben.
Einfluss auf R8 und Bugatti Veyron
Trotz des Status als Einzelstück wirkte der Rosemeyer im Konzern nach. Das W16-Konzept teilte er sich mit der Bentley-Studie Hunaudières von 1999. Beide dienten als technologische Grundlage für den Bugatti Veyron 16.4, der 2005 als erstes Serien-Hypercar des VW-Konzerns erschien. Der Veyron übernahm das W16-Triebwerk, wenn auch mit vier Turboladern.
Auch für Audi selbst hatte die Studie Folgen. Mit dem 2003 vorgestellten Audi Le Mans Quattro Concept und dem daraus abgeleiteten Serienmodell R8 knüpfte die Marke an den Anspruch an, einen Supersportwagen im eigenen Programm zu führen. Der Rosemeyer gilt daher als geistiger Vorläufer des R8 – nicht technisch direkt, aber in seiner Funktion als Türöffner in eine neue Liga.
"auto motor und sport" ordnete die Bedeutung so ein: "Mit dem Projekt Rosemeyer testete Audi erstmals, wie weit sich die Marke in Richtung Supersportwagen bewegen kann. Ohne diese Studie wäre der spätere R8 kaum denkbar gewesen."
Technisches Konzept mit 16 Zylindern
Audi sah für den Rosemeyer einen Mittelmotor vor, der direkt auf die Auto-Union-Rennwagen der dreißiger Jahre verwies: einen 8,0-Liter-W16. Das Aggregat war als Saugmotor mit rund 700 PS und 760 Nm Drehmoment konzipiert und an ein manuelles 6-Gang-Getriebe gekoppelt. Die Kraft sollte über den permanenten Allradantrieb quattro auf die Straße gelangen.
Theoretisch versprach Audi eine Höchstgeschwindigkeit von 350 km/h. Mit 4,54 Metern Länge, 1,92 Metern Breite und einem Radstand von 2,91 Metern war die Studie kompakt, aber extrem breit und flach proportioniert. Das Gewicht wurde auf rund 1,6 Tonnen geschätzt. Zum Vergleich: Ein späterer Audi R8 V10 erreichte knapp 330 km/h – der Rosemeyer wäre also deutlich darüber gelegen.
Innovatives Interieur
Im Interieur dominierte ein puristisches Rennambiente. Carbon, Aluminium und Nomex prägten die Gestaltung, hinzu kamen Schalensitze, eine offene Schaltkulisse und ein klassisches Vierspeichenlenkrad. Statt Außenspiegeln nutzte Audi kleine Kameras, die ihre Bilder auf Monitore im Cockpit übertrugen – damals eine futuristische Lösung.
Die Karosserie aus gebürstetem Aluminium, die extrem niedrige Silhouette von nur 1,24 Metern Höhe und die monumentale Front mit großem, einteiligem Grill machten das Coupé sofort zu einem Aufsehen erregenden Einzelstück. Rückblickend gilt dieser Grill als Vorläufer des späteren "Singleframe"-Gesichts aller Audi-Modelle. Auch der minimalistische Aufbau ohne Zierleisten, die großen Lufteinlässe und die weit auslaufende Heckpartie unterstrichen die Nähe zu den historischen Rennwagen.
Namensgeber Bernd Rosemeyer
Die Namensgebung verwies bewusst auf den Rennfahrer Bernd Rosemeyer. Der 1909 geborene Lingener wechselte nach Erfolgen auf Motorrädern 1934 in das Auto-Union-Werksteam und wurde 1936 Grand-Prix-Europameister.
Mit Hochgeschwindigkeitsfahrten schrieb er Geschichte. Am 25. Oktober 1937 durchbrach er als erster Fahrer auf öffentlicher Straße die 400-km/h-Marke. Am 28. Januar 1938 kam er bei einem Rekordversuch auf der Reichsautobahn Frankfurt–Darmstadt ums Leben. Er wurde nur 28 Jahre alt.

Bernd Rosemeye: Der 1909 geborene Lingener wechselte nach Erfolgen auf Motorrädern 1934 in das Auto-Union-Werksteam und wurde 1936 Grand-Prix-Europameister.
Verstrickung in das NS-Regime
Rosemeyers Karriere fiel in die Zeit des Nationalsozialismus. Bereits 1933 trat er freiwillig in die SS ein und stieg später bis zum Rang eines Hauptsturmführers auf. Für seine Siege erhielt er staatliche Auszeichnungen und Beförderungen.
Die Propaganda inszenierte ihn als Volkshelden. Gemeinsam mit seiner Frau, der Fliegerin Elly Beinhorn, galt er als Vorzeigepaar. Historiker sehen Rosemeyer heute ambivalent: einerseits als unpolitischen Rennfahrer, andererseits als Sportidol, das sich bereitwillig von der NS-Propaganda instrumentalisieren ließ.












