Die BMW Group bereitet sich schon länger auf eine Revolution im Autohandel vor. Statt die Autos über klassische Vertragshändler zu verkaufen, wenden sich die Münchner Schritt für Schritt dem Agenturmodell zu. Bei der Tochtermarke Mini ging es bereits los: Seit 2024 werden Mini-Modelle per Direktvertrieb verkauft. Der Startschuss fiel zum Jahresbeginn in Italien, Polen, Schweden, Norwegen und Finnland; im Oktober des vergangenen Jahres folgten weitere Märkte, darunter Deutschland. Offensichtlich verliefen die Testläufe erfolgreich genug, dass der BMW-Konzern das alternative Vertriebsmodell ebenfalls auf die Stammmarke ausrollen wird.
BMW stellt 2027 auf Agenturmodell um
2027 – und damit ein Jahr später als ursprünglich geplant – stellt BMW seinen Pkw-Vertrieb auf das Agenturmodell um. Das bestätigte Jochen Goller, der Vertriebsvorstand des Autokonzerns, im Gespräch mit dem Fachblatt "Automotive News". Demnach sei der Autobauer nach den bisherigen positiven Erfahrungen "noch mehr davon überzeugt", dass der Autoverkauf über Agenturen der richtige Ansatz sei. Zuvor stellte bereits Christian Ach, Leiter BMW Group Markt Deutschland, den nun bestätigten Wechsel in Aussicht. 2025 und 2026 wolle man nutzen, um das Agenturmodell vorzubereiten, sagte Ach im Juli 2025 in einem Interview bei "autohaus.de".
In einem Agenturmodell fungieren die Partnerbetriebe nicht mehr als klassischer Autohändler, sondern "nur noch" als Vermittler – auch Agent genannt – zwischen Hersteller und Kundschaft. Sie bauen also keinen eigenen Autobestand auf. Das soll den Vertrieb schlanker gestalten und damit nicht nur finanzielle Einsparungen für den Konzern mit sich bringen, sondern auch die Verkaufsflächen verringern. Die Vorteile für die Hersteller: Sie behalten die Entscheidungsgewalt über die finalen Verkaufspreise, die Händler bekommen aufgrund ihrer kleineren Rolle niedrigere Provisionen. Andererseits muss der Autobauer in diesem Modell einige Risiken übernehmen, die bisher der Händler trägt, zum Beispiel die Finanzierung der Vorführwagen und Bestandsfahrzeuge.
Mercedes setzt auf Agentur, VW hat sich abgewendet
Aktuell zeigt sich in der Autobranche kein genereller Trend, der für oder gegen das Agenturmodell spricht; die Marken gehen mit dem Thema höchst unterschiedlich um (siehe Fotoshow über dem Artikel). Mercedes hatte bereits im Juni 2023 seinen Pkw- und Van-Vertrieb in Deutschland auf ein echtes Agenturmodell umgestellt. Im Zuge dessen schaffte der schwäbische Premiumhersteller auch die klassischen Preislisten ab. Nach einigen Monaten zog Britta Seeger, bis vor Kurzem noch für den Vertrieb zuständiges Vorstandsmitglied, eine erste positive Bilanz. Das Feedback aus der Händlerschaft respektive den heutigen Agenturen ist dagegen gemischt.
Die Vertriebskollegen in Wolfsburg würden jedoch wahrscheinlich vom Direktvertrieb abraten; VW ist in dieser Hinsicht ein gebranntes Kind. Im Herbst 2024 gab die Marke bekannt, es zum 1. Januar 2026 wieder abzuschaffen. Dabei wurde es von den Wolfsburgern erst 2020 mit dem großen Markteintritt der elektrischen ID-Modelle eingeführt. Der Prozess wurde begleitet von zahlreichen Nebengeräuschen – unter anderem, weil zuvor allen Vertragshändlern gekündigt wurde und längst nicht alle den Weg in Sachen Agenturmodell mitgehen wollten. Letztlich hatten sich für VW die theoretischen Vorteile in der Praxis nicht wie erhofft gezeigt: Anfangs gab es bei den ID-Modellen eine starke Absatzflaute, die erhofften Einsparungen waren offenbar ausgeblieben und die erwähnte Vorfinanzierung drückte auf die Konzernbilanz.
BMW: Alle sollen profitieren
BMW sieht nun dagegen die Zeit gekommen, dem Direktvertrieb eine Chance zu geben. "Wir sehen die Zukunft des Vertriebs in Europa im Agenturmodell und sind davon überzeugt, dass unsere Kunden, die Handelsorganisation und wir als Hersteller hiervon profitieren werden", sagt Vertriebsvorstand Goller in einer Konzernmitteilung vom Sommer 2024. Die Kundinnen und Kunden würden durch eine größere Preistransparenz und einen stärker digitalisierten Kaufprozess davon profitieren. Seine bisherigen Vertriebspartner scheint der Hersteller dabei weiter an seiner Seite zu haben. Die bisherige Umsetzung sei partnerschaftlich und konstruktiv erfolgt, heißt es vonseiten des Verbands Deutscher BMW Vertragshändler (VDB).












