Verbrenner-Aus: Hat Trump recht oder Europa?

Verbrenner-Enthusiasmus in den USA
Verbrenner-Aus – hat Trump recht oder Europa?

ArtikeldatumVeröffentlicht am 22.08.2025
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Ursache für die stetig steigenden Temperaturen sind Treibhausgase (THG). Am meisten trägt CO₂ zur Aufheizung der Atmosphäre bei. Es entsteht bei der Nutzung fossiler Energieträger – der darin enthaltene Kohlenstoff verbrennt mit dem Sauerstoff der Luft zu Kohlenstoffdioxid (CO₂). Der Mechanismus, wie CO₂ die Temperatur in der Atmosphäre erhöht, ist nicht ganz trivial, und weil Kohlendioxid natürlicherweise in der Atmosphäre vorkommt, wird er häufig in Zweifel gezogen. Aber die überwiegende Mehrheit in der Wissenschaft ist sich einig: Der aktuelle Klimawandel ist menschengemacht.

Der Straßenverkehr verbrennt große Mengen an Treibstoffen aus Erdöl und trägt damit erheblich zu den THG-Emissionen bei. In Europa zu etwa 25 Prozent, in den USA zu rund 29 Prozent. In Deutschland emittiert der durchschnittliche Verbrenner-Pkw etwa 140 g CO₂/km. Das entspräche einem Verbrauch von 5,9 Liter Benzin pro 100 km. Wenn Ihr Auto mehr verbraucht, ist auch der CO₂-Ausstoß entsprechend höher. Die Erzeugung einer Kilowattstunde (kWh) Strom emittierte in Deutschland 2024 laut Umweltbundesamt 363 g Kohlendioxid. Tendenz: seit Jahren sinkend. Bei einem typischen Verbrauch von 20 kWh/100 km emittiert ein E-Auto also rechnerisch etwa halb so viel Kohlendioxid, wenn es Netzstrom lädt. Wenn es Strom aus der heimischen Solaranlage lädt, emittiert es weniger CO₂.

CO₂-Rucksack und Gesamtbilanz des E-Autos

Dabei ist zu beachten: Die Herstellung eines E-Autos emittiert trotz geringerer Komplexität beim Antrieb erheblich mehr THG als die eines Verbrenners – vor allem der Batterie wegen. Deshalb kommen E-Autos mit einem sogenannten CO₂-Rucksack auf den Markt. Allerdings ist der in den vergangenen Jahren bereits erheblich kleiner geworden – weil sich die Hersteller bemühen, den Grünstromanteil bei der Akkuherstellung zu erhöhen und den Energieaufwand zu verringern.

BMW etwa gibt an, dass der neue iX3 seinen CO₂-Rucksack bereits nach 21.500 km kompensiert hat, selbst wenn er Strom aus dem europäischen Mix lädt (2022: 369 bis 434 Gramm CO₂ pro kW/h). Die effektivere Betrachtung ist die über den gesamten Lebenszyklus: Die Emissionen an THG nach 200.000 km betragen laut Hersteller beim iX3 23,0 Tonnen an CO₂-Äquivalenten, bei einem gleich großen, aber leistungsschwächeren Verbrenner hingegen bei 52,8 Tonnen. Die Umstellung auf E-Autos würde also selbst aus heutiger Perspektive gut die Hälfte der THG-Emissionen des wichtigen Sektors Verkehr einsparen, die saubere Luft in Städten aufgrund der lokalen Emissionsfreiheit wäre quasi ein Kollateral-Nutzen on top.

Hinzu kommt: Die THG-Emissionen von E-Autos sinken perspektivisch parallel mit dem Anteil fossiler Stromerzeugung, spätestens mit dem bidirektionalen Laden erzeugt die Netzdienlichkeit der E-Auto-Batterien als Speicher weitere Vorteile. Außerdem sparen E-Autos ungeachtet der Art der Stromerzeugung Energie. Sie sind um den Faktor 3 effizienter, fahren also mit der gleichen Menge an Energie gut dreimal so weit.

Pareto-Prinzip: Wo anfangen, was bringt am meisten?

Problem Nummer 1 ist der Konjunktiv: "Die Umstellung auf E-Autos würde ...", ist aber langwierig. Problem Nummer 2 ist "gut die Hälfte". Das langfristige Ziel ist ein CO₂-freier Verkehr, die Umstellung auf E-Antrieb bringt langfristig "nur" einen CO₂-ärmeren Verkehr. Das Null-Emissionsziel für welches Jahr auch immer, ist im Sinne des Klimawandels richtig – alles, was wir jetzt emittieren, erhöht den ohnehin zu hohen CO₂-Anteil in der Atmosphäre.

Aktuell verstellt das Ziel Null Emissionen aber den Blick auf wirkungsvolle Maßnahmen mit schneller Wirkung. Stichwort Pareto-Prinzip, das als 80-zu-20-Regel bekannt ist. Erdacht vom italienischen Ökonomen Vilfredo Pareto, sagt es in etwa: 80 Prozent des gewünschten Ergebnisses lässt sich mit 20 Prozent des Aufwandes erreichen. Und umgekehrt: Für die letzten 20 Prozent zur vollständigen Erreichung des Ziels sind 80 Prozent des Aufwandes nötig.

Bezogen auf die CO₂-Neutralität hieße das, mit 20 Prozent der vorhandenen Mittel genügen, um 80 Prozent des Reduktionszieles zu schaffen. Dabei ist es entscheidend, dort zuerst anzusetzen, wo die Hebelwirkung am größten ist. Zum Beispiel den Anteil emissionsfreier Autos bei Neuwagen möglichst schnell erhöhen, aber die CO₂-Reduktion bei jedem einzelnen Bestandsfahrzeug runterpriorisieren – der Anteil von Verbrennern im Feld sinkt perspektivisch von selbst. Ein vorzeitiger Ersatz des Bestands durch E-Autos führte zwar rechnerisch in Summe zu weniger THG-Emissionen, bringt aber zunächst mehr CO₂ (für die Herstellung), vor allem, solange die Produktionsmethoden noch nicht flächendeckend auf Emissionsarmut getrimmt sind – der Hebel ist also kleiner.

Achtung, Reaktanz!

Daher ist die EU-Regelung, die ab 2035 keine Neuwagen mehr zulassen will, die CO₂ emittieren, im Kern richtig und die Deregulierung der THG-Emissionen von Neuwagen-Flotten in den USA für den Klimaschutz katastrophal. Denn jeder neue Verbrenner erhöht die Anzahl der CO₂-Emittenten für mindestens zehn Jahre.

Es könnte aber ratsam, die Regelung in geringen Maßen flexibler zu gestalten, um keinen Verdacht eines Verbrenner-Verbots aufkommen zu lassen, das sich zur Provokation von Reaktanz instrumentalisieren lässt. Reaktanz in der Psychologie ist laut Wikipedia "die Motivation zur Wiederherstellung eingeengter oder eliminierter Freiheitsspielräume“, oft ausgelöst von Verboten. Die mögen die wenigsten Menschen.

E-Auto-Förderung versus Verbrenner-Verbot

Und dass Neufahrzeuge ab 2035 diesem Zeitpunkt CO₂-frei fahren müssen, lässt sich als Zulassungs-Verbot neuer Autos mit Verbrennungsmotor interpretieren und zum Verbrenner-Verbot verkürzen, auch wenn alle Autos, die bis zum Stichtag bereits eine Straßenzulassung haben, weiter betrieben werden dürfen.

Damit lässt sich der positive Ansatz (Erhöhung des E-Auto-Anteils) negativ interpretieren (Verbot des bewährten Verbrenners), inhaltliche Argumente treten gegenüber psychologisch-emotionalen in den Hintergrund, objektive Nachteile des E-Autos werden übertrieben (Reichweitenangst, Warnung vor Akku-Degradation …), Nachteile des Verbrenners mit sogenanntem Whataboutism relativiert (CO₂-Emissionen des Verbrenners versus die Kohlekraftwerke zur Stromerzeugung oder die zur Herstellung der Batterien, für deren Rohstoffe die Umwelt auch geschädigt wird). Phänomene, denen jeder begegnet, der in Diskussionen über E-Autos gerät.

Fazit