China treibt den Abschied vom Diesel-Lkw in rasantem Tempo voran. Der Wandel vollziehe sich schneller als von vielen Experten erwartet – berichtet die Nachrichtenagentur AP. Und er wirke weit über die eigenen Landesgrenzen hinaus. Denn je stärker China elektrifiziere, desto mehr würden sich globale Kraftstoffströme, Branchenstrategien und Wettbewerbsbedingungen für Hersteller verschieben.
Ein Markt dreht sich um – in Rekordzeit
Noch vor wenigen Jahren dominierte der Dieselmotor den chinesischen Lkw-Markt nahezu vollständig. Mittlerweile kippt das Verhältnis. In der ersten Hälfte 2025 entfielen bereits 22 Prozent der Neuzulassungen schwerer Lkw auf batterieelektrische Fahrzeuge, doppelt so viel wie im Jahr zuvor. Analysten erwarten sogar, dass E-Lkw schon 2026 eine Mehrheit unter den neuen Fahrzeugen bilden.
Die Entwicklung betrifft immerhin einen der weltweit größten Lkw-Märkte. Und sie lässt sich bereits ablesen: China verbraucht messbar weniger Diesel. Im Juni 2025 lag der Verbrauch elf Prozent unter dem Vorjahreswert – der stärkste Rückgang seit 2021. Gründe sind der wachsende Anteil elektrischer Fahrzeuge und die stagnierende Nachfrage im Transportsektor insgesamt.
Warum Unternehmer auf elektrisch setzen
Chinas Spediteure handeln pragmatisch. Sie steigen auf Elektroantriebe um, weil sich die Technik plötzlich rechnet und weil der Staat ihnen den Umstieg erleichtert. Elektrische Lkw kosten zwar deutlich mehr in der Anschaffung, sparen aber im Betrieb. Strom ist billiger als Diesel, die Antriebe arbeiten effizienter, und der Wartungsaufwand fällt geringer aus. Chinesische Studien gehen von 10 bis 26 Prozent niedrigeren Gesamtkosten über die Lebensdauer aus. Für Flottenbetreiber ist das ein starkes Argument. Das ist grundsätzlich überall so. Und weil der Bundestag die Mautbefreiung (31.000 bis 38.000 Euro p.a.) für E-Lkw verlängert hat, dreht sich die Kostenrechnung sogar hierzulande zugunsten der elektrisch angetriebenen Brummis.
Gleichzeitig baut China seine Infrastruktur in einem Tempo aus, das international kaum jemand erreicht. Entlang der wichtigsten Logistikkorridore entstehen Schnellladeparks, die schwere Lkw innerhalb der Lenkpausen nachladen. Peking und Shanghai betreiben eigene Ladezentren, die speziell für den Güterverkehr ausgelegt sind. Etabliert ist auch das Batteriewechselsystem von CATL. Der Batteriehersteller will weiter ausbauen und rund 150.000 Kilometer des Schnellstraßennetzes (insgesamt 184.000 km) mit Wechselstationen abdecken. Dort tauschen Lkw ihre leere Batterie gegen eine volle – in etwa der Zeit eines Tankstopps.
Großzügige staatliche Förderung
Die chinesische Regierung beschleunigt den Wandel zusätzlich. Wer einen alten Lkw gegen ein Elektrofahrzeug ersetzt, erhält seit 2024 hohe Zuschüsse. Das Programm entlastet die Betreiber und sorgt dafür, dass ältere Diesel schneller aus dem Verkehr verschwinden. Die chinesische Regierung plant zudem strengere Emissionsstandards, die den Herstellern klare Grenzen setzen. Wer weiterhin ausschließlich fossile Antriebe anbietet, wird diese Vorgaben kaum erfüllen können.
Über Jahre galt Flüssigerdgas als möglicher Zwischenschritt zwischen Diesel und E-Antrieb. Doch der Markt zeigt inzwischen ein anderes Bild. Elektro-Lkw verdrängen LNG-Modelle zunehmend. Deren Verkäufe erreichten 2023/24 ihren Höhepunkt und sinken seitdem. Zudem geraten die Klimavorteile von LNG zunehmend in Zweifel. Zwar verursacht LNG über lange Zeiträume geringere CO₂-Emissionen, doch Methanlecks während der Herstellung können deutlich stärkere Klimaeffekte auslösen. Moderne Diesel wiederum erreichen Werte, die nahe an die Abgasqualität von LNG heranreichen.
China drängt mit Elektro-Lkw auf den Weltmarkt
Während Europa und Nordamerika noch über Hochlaufstrategien sprechen, produzieren chinesische Hersteller bereits im industriellen Maßstab elektrische Schwerlaster. Firmen vor Ort profitieren davon, dass sie Batterien, Motoren und Elektronik selbst entwickeln und fertigen. Diese vertikale Integration drückt die Kosten und beschleunigt die Produktion (In der Bildergalerie zeigen wir den chinesischen Sattelschlepper Windrose).
Zwischen 2021 und 2023 stieg der Export schwerer chinesischer Lkw in Regionen wie den Nahen Osten und Nordafrika um über 70 Prozent pro Jahr. Auch Lateinamerika verzeichnete ein starkes Wachstum. Viele dieser Fahrzeuge fahren bereits elektrisch. Unternehmen wie Sany Heavy Industry planen ab 2026 Lieferungen nach Europa. BYD baut in Ungarn eine neue Fabrik, um den europäischen Markt direkt zu bedienen und die politischen Vorgaben zur CO₂-Reduktion im Schwerlastverkehr zu erfüllen.
Europa steht unter Zugzwang
Auch Europa will und muss die CO₂-Emissionen neuer Lkw bis 2040 drastisch senken. Doch laut der Unternehmensberatung McKinsey müssten die Preise emissionsfreier Lkw etwa halbiert werden, bevor sie in großem Umfang Dieselmodelle ersetzen können. Während die europäischen Hersteller noch auf Pilotflotten setzen, schafft China erneut bessere Voraussetzungen für die Massenproduktion – und setzt die etablierten Marken unter Druck.







