Lehren aus dem Zero-Pod-Flop: So will Mercedes 2026 den Fehlstart verhindern

Lehren aus dem Zero-Pod-Flop
So will Mercedes 2026 den Fehlstart verhindern

ArtikeldatumVeröffentlicht am 18.11.2025
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Prämientechnisch bedeutet jede einzelne Position im Konstrukteurspokal einen Unterschied im zweistelligen Millionenbereich. Bei solchen Summen lohnt es sich, bis zur letzten Runde des Finales von Abu Dhabi zu kämpfen. Abgesehen davon geht es für die zehn Teams natürlich auch um Ehre und Prestige.

Fest steht jetzt schon, dass McLaren die größte Summe abstaubt. Dahinter kabbeln sich die Schwergewichte Mercedes, Red Bull und Ferrari um die Vizemeisterschaft. Drei Rennen vor Schluss liegt das Trio nur durch 36 WM-Punkte getrennt, wobei das Silberpfeil-Team mit dem starken Ergebnis von Brasilien einen echten Wirkungstreffer landen konnte.

Der deutsch-britische Werksrennstall präsentierte sich in den letzten Rennen deutlich konkurrenzfähiger als über weite Teile der ersten Saisonhälfte. Dabei haben die Ingenieure schon lange keine Upgrades mehr an die Autos schrauben lassen. In der Fabrik in Brackley wurde der Schalter frühzeitig auf die Entwicklung für 2026 umgelegt.

Fortschritt auch ohne Upgrades

Laut Chefingenieur Andrew Shovlin hieß das aber nicht, dass die Arbeit am Auslaufmodell aufgegeben wurde: "Wir haben weiter am Setup getüftelt. Die Fahrer verstehen das Auto immer besser. Die Balance passt in den meisten Fällen. Wenn man sein Paket kennt, fällt das Optimieren einfacher. Bringt man Upgrades, kann das auch mal zu unerwarteten Ergebnissen führen."

Das Problem mit den schnell überhitzenden Hinterreifen konnten die Techniker dem W16 schon austreiben, was zum Beispiel beim Sieg in Singapur half. Noch nicht ganz zufrieden ist Shovlin mit dem Speed in schnellen Kurven. Außerdem haben die Fahrer immer wieder mit einer plötzlichen Instabilität am Limit im Qualifying zu kämpfen. Das Auto beginnt zu rutschen, was dann wiederum die Reifen überfordert. Diese Schwäche bei der Zeitenjagd hat schon einige Punkte gekostet. Eine Pole-Position und freie Fahrt im Rennen sind bei der sensiblen Aerodynamik der aktuellen Autos oftmals schon die halbe Miete.

Mercedes will den Vorsprung auf die direkte Konkurrenz in Las Vegas weiter ausbauen. Auf dem Papier müsste der Kurs dem Auto liegen. Schon im Vorjahr feierte man hier einen überlegenen Doppelsieg. Sollte der zweite Platz in den letzten drei Rennen verteidigt werden, wäre das ein versöhnliches Ende der Groundeffect-Ära, das man in Brackley schon lange herbeisehnt. Für 2026 hat man sich vorgenommen, nicht wieder die gleichen Fehler wie beim letzten Reglementwechsel 2022 zu machen.

Mercedes-Technik - GP Bahrain 2022
Wilhelm

Mercedes rennt Rückstand hinterher

"Wir haben uns diszipliniert an den Plan gehalten und kein spätes Upgrade gebracht", lobt Shovlin seine Truppe. "Wenn ein Reglementwechsel ansteht, ist es immer wichtig, mit einem Vorsprung zu starten. So haben wir in der Vergangenheit einige Meisterschaften gewonnen. Wenn man sich aber den letzten Umbruch in der Saison 2022 anschaut, da hatten wir einen Rückstand, und der hat uns bis heute das Leben schwer gemacht."

Dabei war Mercedes vor vier Jahren zunächst noch relativ optimistisch, als der radikale W13 gebaut wurde. Das Zero-Pod-Konzept mit den ultraschmalen Seitenkästen produzierte im Windkanal beeindruckende Werte. Doch auf der Strecke kam der errechnete Abtrieb nicht an. Kein anderes Team wurde mehr vom Bouncing-Problem eingebremst als Mercedes.

"Mit dem Wissen von heute wäre es damals ziemlich einfach gewesen, ein Siegerauto zu bauen", blickt Shovlin zurück. "Wir wurden einfach auf dem falschen Fuß erwischt. Es ging darum, zu verstehen, wie man das Bouncing stoppt und wo die wichtigsten Performance-Faktoren liegen. Das haben wir aber erst mit der Zeit gelernt. Wenn man vorn ist, kann man behutsam weiterentwickeln. Wir mussten mehrmals komplett das Konzept ändern. Da fängt man immer wieder bei null an, in der Hoffnung, nach dem Umbau größere Fortschritte zu erzielen als die anderen."

Andrew Shovlin - Mercedes - Formel 1 - GP Japan 2025
xpb

Fallen im 2026er-Aero-Reglement

Was die Aerodynamik angeht, scheint die Abkehr von den großen Venturi-Tunneln im Unterboden den Ingenieuren 2026 das Leben etwas leichter zu machen. Wie früher wird der Großteil des Abtriebs künftig wieder über die Flügel generiert. Das Problem liegt darin, das richtige Verhältnis von Abrieb zu Luftwiderstand zu finden. Dieser Wert hängt auch davon ab, wie leistungsfähig die neuen Hybrid-Power-Units sind. Weil hier die Lernkurve aber sehr steil verläuft, schießen die Ingenieure mit der Aerodynamik auf ein bewegliches Ziel.

"In einem neuen Reglement sind immer irgendwelche Fallen versteckt", warnt Shovlin. "Man geht nie mit dem Gedanken an die Sache heran, dass es einfach wird. Ja, das Reglement geht wieder mehr in die Richtung der vorletzten Autogeneration. Deshalb ist es unwahrscheinlich, dass wir wieder mit Bouncing konfrontiert werden. Wir haben zudem in den letzten Jahren Tools entwickelt, um solche Themen frühzeitig zu erkennen. Am Ende sind die Simulationen aber begrenzt. Wie sich das Auto in der Realität verhält, sieht man erst auf der Strecke."

Fazit