Lando Norris über Spezial-Taktik: „Habe mir gewünscht, dass Oscar gewinnt“

Lando Norris über Spezial-Taktik
„Habe mir gewünscht, dass Oscar gewinnt“

GP Abu Dhabi 2025
ArtikeldatumVeröffentlicht am 08.12.2025
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Es war ein faires Finale. Ohne Taktikspielchen, ohne schmutzige Tricks, ohne aktiven Eingriff – bis auf Tsunodas Foulspiel – der Teamkollegen. Vielleicht war es deshalb auch nicht der aufregendste Showdown der Formel-1-Geschichte. Dabei hätte die Konstellation gar nicht besser sein können. Die drei Titelkandidaten Max Verstappen, Lando Norris und Oscar Piastri starteten von den ersten drei Plätzen.

Damit schlug die Stunde der Experten, Hobby-Strategen und Hellseher. In den 24 Stunden bis zum Start des letzten WM-Laufes wurden alle möglichen Szenarien durchgespielt. Am Ende folgte der GP Abu Dhabi den Gesetzen der Logik. Und diesmal traf McLaren die richtigen Entscheidungen und dachte nicht um die Ecke, wie sieben Tage zuvor in Katar.

McLaren wusste, dass Max Verstappen keine Chance haben würde, wenn das Rennen ganz normal verläuft. Als Teamchef Andrea Stella schon am Samstag einen fairen Kampf ankündigte, da glaubten viele, dass der Italiener vielleicht doch etwas zu gutgläubig ist. Doch Red Bull ist unter Laurent Mekies ein anderes Team geworden als es unter Christian Horner war. Der alte Weg, dass jedes Mittel recht ist, gehört der Vergangenheit an.

McLaren Teamfoto - Lando Norris - Oscar Piastri - GP Abu Dhabi 2025
Andy Hone via Getty Images

Hamilton nicht als Vorbild

Die größte Sorge war, dass Verstappen das Feld einbremst und so andere Fahrer zu seinen Mitspielern macht. Das hätte McLarens strategischen Möglichkeiten stark eingeschränkt. Die Chancen, dass dieser Schachzug so gut funktioniert wie 2016 zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg, waren in diesem Fall deutlich eingeschränkt. Im Spiel zwei gegen eins konnte McLaren Doppelpass spielen.

Genau das traute man dem britischen Rennstall nicht zu. Die Papaya-Regeln verbieten eigentlich unterschiedliche Strategien. Doch diesmal sprang McLaren über seinen Schatten und splittete die Taktiken. Als Piastri mit harten Reifen an den Start rollte und Norris wie Verstappen auf Medium-Gummis, da war den Strategen von Red Bull klar, was der Gegner plante.

Piastri wurde auf Sieg gesetzt, Norris auf das Mindestziel, den dritten Platz abzusichern. Solange sich kein anderer einmischt, würde der Engländer das Rennen von Verstappen kopieren, während Piastri den Niederländer zum Schnellfahren antreiben sollte. Schon in der ersten Runde ging der Australier leicht in Kurve 9 an Norris vorbei. "Sagen wir es so: Lando hat es Oscar nicht besonders schwer gemacht", bestätigte Stella.

Lando Norris - Oscar Piastri - GP Abu Dhabi 2025
Bryn Lennon via Getty Images

Sieg hat Priorität

Verstappen wusste, dass der Australier am wenigsten aus dem Trio zu verlieren hatte und bei einer Bummelfahrt angreifen würde. Er konnte das Risiko eingehen. Verstappen nur bedingt. Also machte der Titelverteidiger Tempo. Der Sieg hatte Priorität. Für den WM-Titel würde er so oder so Glück brauchen. Dass Verstappen an der Spitze Ernst machte, zeigt der Vergleich der Siegerzeiten. Der Red-Bull-Pilot schaffte die 58-Runden-Distanz 26 Sekunden schneller als Norris bei seinem Sieg im Vorjahr.

Damit wäre die Nummer eigentlich gelaufen gewesen, wenn Ferrari über Nacht nicht plötzlich erwacht wäre. Charles Leclercs hing lange Zeit auf Schlagdistanz zu Norris. "Charles war der einzige, der mir heute das Leben schwer gemacht hat. Und das habe ich ihm nach dem Rennen auch gesagt", erzählte Norris mit einem Augenzwinkern.

Leclerc machte nur einen Fehler. Er fuhr seine Reifen beide Male zu aggressiv an. Deshalb ging die Lücke zu Norris nach zehn Runden wieder auf. Mercedes dagegen spielte keine Rolle. Die Silberpfeile fraßen ihre Reifen. Leclerc brachte die McLaren-Pläne trotzdem durcheinander.

Cisca Norris - Oscar Piastri - GP Abu Dhabi 2025
Michael Potts via Getty Images

Norris bekommt Titel nicht geschenkt

Norris musste sich schon in der 16. Runde gegen einen Undercut von Ferrari absichern. Das legte ihn auf ein Zweistopp-Rennen fest und warf ihn kurzfristig in den Verkehr. Innerhalb von drei Runden war er durch. Norris fuhr an dem Tag wie einer, der Champion werden wollte.

Kritisch war auch noch das Überholmanöver gegen Yuki Tsunoda. Der Japaner wurde kurz vorher noch an seine Pflichten erinnert. Tsunodas Antwort, "ich weiß, was ich zu tun habe", klang wie eine Drohung. Tatsächlich wechselte Red Bulls Nummer 2 drei Mal die Spur, bevor er Norris an den Streckenrand drängte. Doch der neue Weltmeister war an diesem Tag auf einer Mission. Er blieb auf dem Gas. Tsunoda wurde bestraft.

Piastri stellte sich in den Dienst von Norris, ohne seine eigenen Chancen aufgeben zu müssen. Mit den harten Reifen im ersten Stint hatte er mehr Flexibilität als seine Gegner. Nachdem Verstappen in der 23. Runde an die Boxen abgebogen war, führte Piastri das Feld an.

Wäre in den nächsten 17 Runden ein Safety-Car gekommen, hätte Piastri mit einem Gratis-Stopp das große Los gezogen. Doch auch der Sieg hätte dem Australier in Sachen WM-Krone nichts genutzt. Norris hätte dann nicht besser als Sechster ins Ziel kommen dürfen. Es war aber weit und breit keiner in der Lage, der sich in den Kampf an der Spitze hätte einmischen können.

Max Verstappen - Red Bull - GP Abu Dhabi 2025
Red Bull

Red Bull spielt fair

Als Piastri schließlich in der 41. Runde seine harten Reifen gegen Medium-Gummis eintauschte, da reagierte Red Bull nicht. Verstappen hatte gerade den McLaren mit der Startnummer 81 überholt und hätte bei einem gleichzeitigen Boxenstopp seine Führung wahrscheinlich behalten. Dann aber mit einem frischen Satz Medium für die letzten 17 Runden. WM-Gegner Norris war im letzten Stint auf harten Reifen unterwegs.

Da hatte Red Bull seine Titelhoffnungen bereits aufgegeben. Vielleicht weil man ahnte, dass Verstappen in dieser Konstellation die McLaren wenig hätte aufhalten können. Diesmal fuhr auch Piastri auf frischen Medium-Reifen. Und der WM-Dritte hätte jede Chance genutzt, die ihm sein Gegner gegeben hätte. So wurde Piastri zum Meistermacher. Norris meinte im Rückblick: "Ich hätte Oscar diesen Sieg gewünscht. Er hat ihn verdient. Das war das einzige, das heute nicht funktioniert hat."

Red-Bull-Teamchef Laurent Mekies gab zu, dass ein zweiter Boxenstopp eine Option war, die aber schnell verworfen wurde: "Wir haben nicht daran geglaubt, dass uns Taktikspielchen heute etwas gebracht hätten. Mit einem zweiten Stopp hätten wir nur unseren Sieg in Frage gestellt."

Fazit