Der GP USA wurde für Max Verstappen zu einem Durchmarsch. Zwei Pole Positions, zwei Start/Ziel-Siege. Mit der maximalen Punktzahl verkürzte der Titelverteidiger den Rückstand zu Oscar Piastri auf 40 und zu Lando Norris auf 26 Zähler. Verstappen streute nach seinem fünften Saisonsieg Salz in die Wunden der WM-Rivalen: "Wenn wir weiter so fahren, ist der WM-Titel wieder möglich."
McLaren-Teamchef Andrea Stella hat den Gegner lange starkgeredet. Jetzt änderte der Italiener seine Taktik und ging in den Angriffsmodus über. "Wir haben es immer noch in unserer Hand. Es gibt noch fünf Rennen und zwei Sprints. Unsere Strecken kommen noch. Das gibt uns die Chance, den Vorsprung wieder auszubauen. Wir werden kämpfen, bis sich die Türe schließt."
Da Stella Upgrades am MCL39 ausschließt, müssen die Beteiligten ab sofort sicherstellen, dass man alles aus einem Auto herausholt, das immer noch zu den besten im Feld zählt. Auch wenn der McLaren-Capo am Tag vor dem Rennen erstmals zugeben musste: "Im Moment sind Verstappen und der Red Bull das beste Paket."
Verschenkt McLaren eineinhalb Zehntel?
Das mag ein realistischer Ansatz sein, kann sich aber in einem Moment, in dem der Druck immer größer und die Luft immer dünner wird, kontraproduktiv auswirken. Deshalb versuchte Stella, das Positive an einem Wochenende zu finden, das für McLaren mit der Nullrunde im Sprint und den Plätzen zwei und fünf am Sonntag nicht schlechter hätte laufen können.
Tatsächlich, so Stella, waren die Papaya-Renner im Rennen besser als gedacht. "Wir hatten bei freier Fahrt den Speed von Max." Man wisse zwar nicht, inwieweit Verstappen das Tempo an der Spitze seinen Verfolgern anpasste, doch der McLaren MCL39 konnte im Rennen nicht in Hochform antreten. Mangels Daten aus dem Sprint mussten die Ingenieure bei der Wahl der Fahrzeugabstimmung auf der konservativen Seite bleiben.
Beide Autos wurden aus Sorge um eine zu starke Abnutzung der Bodenplatte mit zu viel Bodenfreiheit ins Rennen geschickt. Jeder Millimeter zu viel kostet Abtrieb. Einer Kalkulation zufolge eineinhalb Zehntel im Vergleich zu einer niedrigeren, noch akzeptablen Fahrzeughöhe "Wir konnten kein Risiko eingehen. Da kannst du noch so viel simulieren, aber am Ende ersetzt nichts einen Praxistest. Und den hatten wir nicht", entschuldigte sich Stella.

Lando Norris verhungerte lange Zeit hinter dem Ferrari von Charles Leclerc.
Leclerc zerstört McLaren-Plan
Das zweite Problem war, dass Lando Norris insgesamt 36 Runden in das Getriebe des Ferrari von Charles Leclerc schaute. Alle Fahrer berichteten, dass die Turbulenzen im Verkehr so schlimm waren wie noch nie. Ab zwei Sekunden Abstand verlor der hinterherfahrende Pilot massiv an Anpressdruck. Deshalb waren Überholmanöver wieder mal Mangelware.
Wenn man das alles zusammenzählt, so Stella, dann hatte Norris ein Auto, mit dem er unter besten Umständen um den Sieg hätte kämpfen können. "Da war auf jeden Fall mehr Potenzial im Auto. Es hätte wohl gereicht, um an Max dranzubleiben. Überholen wäre dann wieder eine andere Geschichte gewesen."
Norris hat es immer wieder bei Leclerc versucht. Beim ersten Mal ging er am Ende der langen Geraden in Kurve 12 vorbei. Im zweiten Stint kämpfte er sich in Kurve 15 vorbei. Doch da war der Schaden längst angerichtet. Acht Sekunden Rückstand holt man nicht auf Verstappen auf.
Leclerc zerstörte den Plan von McLaren schon beim Start. Der Vorjahressieger startete als einer von nur drei Fahrern auf Soft-Reifen, um vom dritten Startplatz an die Spitze zu stürmen. Es klappte nur zu 50 Prozent. Leclerc schob sich zwischen Verstappen und Norris. "Wir hatten den Soft-Reifen für den Start nicht auf dem Schirm", gab Stella zu. "Selbst die Variante Medium-Soft schien uns zunächst als zu riskant. Doch dann hat Leclerc gezeigt, dass der weiche Reifen besser war als gedacht."

Wurde Piastri von einem technischen Problem eingebremst, das unentdeckt blieb?
Piastris Probleme in schnellen Kurven
Lando Norris absolvierte unter den Umständen das bestmögliche Rennen. Als Zweiter begrenzte der Engländer den Schaden. "Es wäre ein anderes Rennen geworden, wenn wir nach dem Start Zweiter hinter Max geblieben wären. Lando hat eine sehr reife Leistung gezeigt und im Kampf mit Charles die nötige Geduld bewiesen. Statt es am Ende mit Gewalt zu versuchen, hat er sich ein paar Runden lang zurückfallen lassen und es noch einmal probiert", lobt Stella.
Immer wenn es darum geht, die Reifen bei hohen Asphalttemperaturen über einen langen Stint zu bringen und sie dabei zu schonen, ist Norris eine Bank. Oscar Piastri hingegen tut sich bei Hitze, viel Wind und wenig Grip immer etwas schwerer. Während er am Freitag noch in den Kurven 1 und 15 massiv Zeit verlor, war es ab Samstag Sektor 1 mit den schnellen Kurven. Dort war es bis zu 13 km/h langsamer als sein Teamkollege.
Stella verteidigte den Australier. Es sei ungewöhnlich, dass er alleine in der Passage immer zwei Zehntel einbüßte. Man werde sich das Auto noch einmal genau anschauen, versprach der Teamchef. Möglicherweise hatte die Technik beim Sprint-Crash doch mehr abbekommen, als man auf die Schnelle entdecken konnte.
Piastri werde daraus lernen, wie er bis jetzt aus jeder Niederlage gelernt habe, gibt man sich bei McLaren zuversichtlich. "Ich hatte dieses Jahr schon einige schlechte Wochenenden und bin dann wieder stark zurückgekommen", gibt sich auch der Pilot optimistisch. An das ganze Team gerichtet hatte Stella noch einen Ratschlag: "Cool bleiben!" Das wird mit einem Gegner wie Max Verstappen aber nicht einfach.












