Krise bedroht das Le-Mans-Projekt: Sportwagen-WM steht bei Porsche unter Beschuss

Steht die Sportwagen-WM WEC unter Beschuss?
Porsche-Krise bedroht Le-Mans-Projekt

ArtikeldatumVeröffentlicht am 09.09.2025
Als Favorit speichern

Porsche war beim sechsten Sportwagen-WM-Lauf in Austin das große Gesprächsthema – auf und neben der Rennstrecke. Mit einem bravourösen Sieg am letzten Sonntag (7.9.) sorgten die Schwaben mit dem Penske-Werksteam für positive Schlagzeilen. Parallel war die Stimmung im Porsche-Lager erkennbar gedrückt, weil die Hypercar-Zukunft weiterhin ungeklärt zu sein scheint. Und jedes zweite Gespräch im WM-Fahrerlager drehte sich um die Zukunft von Porsche. Alle wollten wissen: Was ist da los? Und wie geht es weiter?

Eine klare Aussage dazu gibt es noch nicht. Auf der einen Seite stehen die finanziellen Horrornachrichten der Porsche AG: ein Gewinnrückgang von 91 Prozent im zweiten Quartal, der Rauswurf aus dem Leitindex Dax und viele Entlassungen deuten aber an, dass auch Porsche Motorsport und die großen Werksprogramme jetzt von Einsparungen betroffen sein könnten.

Auch Porsche-intern gibt es keine klare Kommunikation, was aber auch damit zu tun haben könnte, dass die Zukunftsfrage wirklich unbestätigt ist. Bis zum 24h-Rennen in Le Mans Mitte Juni hieß die Ansage: Wir entscheiden nach Le Mans über die Programme und Umfänge in der Saison 2026, also im Juni oder Juli. Beim IMSA-Lauf in Road America Anfang August erklärte Porsche-Sportchef Thomas Laudenbach, man benötige gar keinen expliziten neuen Vorstandsbeschluss, um die Werksprogramme in der Hypercar-Topklasse in IMSA und WEC weiterzuführen. "Die Programme und die Umfänge sowie das Budget sind bis Ende 2027 bestätigt, unterliegen aber wie allgemein üblich einer jährlichen Überprüfung durch den Porsche-Vorstand."

Porsche-Motorsportchef zurückhaltend

In Austin klang das jetzt alles weniger überzeugend. "Es ist noch zu früh, um zu sagen, wie es im nächsten Jahr weitergeht, wir haben ja keine Eile", erklärte Laudenbach, der eine konkrete Entscheidung über die Zukunft für die nächsten Wochen in Aussicht stellte. Demnach könnte es offenbar doch passieren, dass eines der beiden Hypercar-Programme in WEC oder IMSA gestrichen wird.

Porsche-Insider sagen, dass diese weitreichenden Entscheidungen aber erst getroffen werden, wenn die Cheffrage geklärt ist. Angeblich soll sich der bisherige Porsche-CEO Oliver Blume in Zukunft auf die Leitung des VW-Konzerns konzentrieren. Bei der Entscheidung, ob Porsche in Zukunft weiter in der WEC und in Le Mans antritt, soll der Nachfolger logischerweise ein Mitspracherecht erhalten, was den ungewöhnlich langen und zähen Entscheidungsprozess erklären würde.

Porsche - 24h von Le Mans 2025 - Vortest
xpb

50 Millionen Euro für die Porsche-Kassen

Die Spareffekte beim Streichen eines Hypercar-Programms liegen im Bereich von etwa 50 Millionen Euro pro Jahr, das gilt für IMSA und WEC. Outsider hätten vermutlich eher damit gerechnet, dass der weniger prominente und regional begrenzte IMSA-Einsatz gestrichen wird als die Teilnahme an der Sportwagen-WM, in deren Zentrum das berühmte 24h-Rennen in Le Mans steht, wo Porsche bereits 19 Mal den Gesamtsieg holen konnte – aber mit dem aktuellen Modell 963 bisher noch nicht gewinnen konnte.

Trotzdem könnte die Entscheidung gegen die WEC und Le Mans fallen: Porsche steht den Bemühungen der WM-Macher, die beiden Hypercar-Subklassen LMH und LMDh über eine Balance of Performance (BOP) fair einzustufen, äußerst kritisch gegenüber. Im Juni schaffte Porsche in Le Mans mit einem nahezu perfekten Rennen der Startnummer #6 nur Platz zwei, und ein Grund war die offensichtlich fehlerhafte BOP-Einstufung für den Sieger Ferrari.

Porsche-Motorsportchef Thomas Laudenbach
Porsche

Tendenz zu IMSA statt WEC

Sportchef Laudenbach sagte in Austin: "Die Niederlage in Le Mans hat sehr geschmerzt, weil wir das perfekte Rennen gefahren sind. Das ist ein Grund, warum wir mit der WEC unzufrieden sind. Das BOP-Konzept der WM ist gescheitert. Es gibt eine lange Liste an Verbesserungspotenzial für die WEC."

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Sportchef Thomas Laudenbach die IMSA-Meisterschaft für die bessere Rennserie hält: spektakuläre Rennstrecken, harter Wettbewerb, weniger BOP, spannende Rennverläufe, auch dank anderer Regeln bei Gelbphasen. Zwar bekam Porsche nach vier Siegen in Folge zum Saisonstart 2025 auch in der IMSA für zwei Rennen die BOP-Keule zu spüren, trotzdem führt man in Amerika die beiden wichtigsten Meisterschaftswertungen an und hat noch realistische Titelchancen.

Ein letzter Grund, der für IMSA und gegen WEC spricht: Die BOP-Probleme der Sportwagen-WM sind nicht schnell zu lösen, das komplette BOP-System müsste neu aufgesetzt werden, dazu benötigt man für die WEC mittelfristig ein neues Konzept, dass die Subklassen eliminiert und technisch gleichschaltet – und damit die BOP am Ende sogar überflüssig macht. Doch das dauert Jahre. Weil in Amerika (mit Ausnahme von Aston Martin) nur LMDh-Fahrzeuge fahren, tun sich die BOP-Macher in der IMSA deutlich einfacher. Und vermutlich tut sich auch der Porsche-Vorstand deutlich leichter, das Budget für das überzeugendere IMSA-Aufgebot abzusegnen.