Wenn Autohändler exklusive Modelle im Portfolio haben, dann wird ein Begriff inflationär benutzt: "Heiliger Gral". Auch in einer Anzeige des britischen Oldtimer-Händlers Dylan Miles taucht diese Umschreibung für ein besonders stark gesuchtes, aber nur selten angebotenes Auto auf. Und hier könnte er tatsächlich zutreffen. Dylan Miles hat nämlich derzeit einen BMW 3.0 CSL im Angebot.
Chassis E9/R1 als "Heiliger Gral"
Der ist als Straßenauto schon selten (es wurden nur 167 Exemplare gebaut), doch die von ihm feilgebotene Rennversion macht sich noch rarer. Hinzu kommt: Das zum Verkauf stehende Auto trägt die Chassisnummer E9/R1. Das bedeutet dem Händler zufolge, dass es sich nicht nur um den ersten 3.0 CSL, sondern sogar um das allererste von der BMW M GmbH gebaute Auto handeln muss.
Die Sportdivision des Münchner Autobauers wurde 1972 auf Initiative des legendären, kurz zuvor zu BMW gewechselten Automanagers Bob Lutz gegründet. Zuvor hatte vor allem Alpina die Erzeugnisse der Bayerischen Motoren-Werke nachgeschärft. So auch das stattliche Sechszylinder-Coupé BMW 3.0 CS , das von den Allgäuern bereits 1971 zum CSL geadelt wurde. Während die Leistung des Dreiliter-Vergasermotors mit 180 PS unverändert blieb, sank das Gewicht um 215 Kilogramm. Damit war das Coupé mit dem Werkscode E9 fortan agil genug – einerseits für die Straße, aber auch, um als Basisauto für einen Rennwagen zu fungieren.
Mit der Gründung der Motorsport GmbH – der späteren BMW M GmbH – wollte BMW nicht nur seine Rennsport-Aktivitäten unter dem eigenen Dach bündeln und professionalisieren, sondern auch den Technologietransfer in die Serie beschleunigen. Der zentrale Baustein dieser Strategie: ein eigenes Werks-Rennfahrzeug, das den sportlichen Anspruch der Marke auf der Strecke beweisen konnte. Diese Rolle war erneut dem E9 zugedacht, der nun von der Motorsport GmbH selbst zum CSL weiterentwickelt wurde.
Grundlagenarbeit für spätere Erfolge
Parallel zum Straßenauto, das als Homologationsmodell 1973 auf den Markt kam, entwickelte BMW M eine Rennversion des Coupés. Hier kommt die Chassisnummer E9/R1 ins Spiel, die im Winter 1972/73 aufgebaut wurde. Als Test- und Entwicklungsfahrzeug spielte der anfangs noch ohne Breitbau eingesetzte E9/R1 eine Schlüsselrolle bei der Entstehung des legendären "Batmobil"-Aerodynamik-Kits.
Erst durch die intensiven Erprobungen von Hans-Joachim "Strietzel" Stuck und Harald Menzel Anfang 1973 konnten die markanten Spoiler, Flossen und der neue 3,5-Liter-Reihensechszylinder homologiert werden. Das Bodykit wurde jedoch erst am 1. Juli offiziell zugelassen, was zu einer skurrilen Begebenheit führte: Für das DRM-Rennen in Mainz-Finthen qualifizierte sich das Auto am 30. Juni noch ohne Bodykit. Beim Rennen einen Tag später startete es dann in voller Batmobil-Montur. Daraufhin legte das in der Saison 1973 vor allem in der Deutschen Rennsport-Meisterschaft (DRM) und 1974 in der amerikanischen IMSA-Meisterschaft eingesetzte Auto den Grundstein für BMWs Dominanz im internationalen Tourenwagensport.
Erfolgsserie im Motorsport und das erste Art Car
Denn was dann folgte, war der Beginn einer bis heute legendären Erfolgsserie: Mit dem 3.0 CSL holte BMW bis 1979 sechs Europameistertitel, einen Klassensieg beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans und einen Rundenrekord auf dem Nürburgring. Und nicht zu vergessen: Das erste jemals kunstvoll gestaltete BMW Art Car war ein 3.0 CSL (Alexander Calder 1975).
Nach seiner Karriere als vom Werk und privat eingesetzter Rennwagen wanderte der Wagen über die USA nach Mexiko und später in die Hände renommierter BMW-Sammler. Kürzlich wurde der CSL originalgetreu restauriert – mit besonderem Augenmerk auf historische Authentizität. Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt seit über 30 Jahren, dem Goodwood Festival of Speed 2021, trat er wieder genau in jener Spezifikation an, in der BMW das Aero-Kit vor der Homologation testete. In diesem Jahr tauchte E9/R1 erstmals überhaupt bei einem Concours d'Elegance auf – und gewann beim Salon Privé in Blenheim Palace prompt den Titel "Most Iconic Car".
Heiliger Gral? Könnte stimmen!
Wenn die von Dylan Miles aufgeführte Historie der Realität entspricht, wovon angesichts der guten Dokumentation, der namhaften Vorbesitzer und der renommierten Concours-Auszeichnung auszugehen ist, könnte hier tatsächlich ein "Heiliger Gral" angeboten werden. Einen Preis nennt der Händler allerdings nur auf Anfrage; unsere blieb leider unbeantwortet.












