Software ist längst nicht mehr nur das "Betriebssystem" eines Autos – sie ist das Herzstück. Und dabei geht es nicht nur um Apps und Infotainment. Der unsichtbare Teil der Software, der bei allen Autos gleich sein kann, wird in Zukunft eine zentrale Rolle spielen. Die Automobilindustrie hat erkannt, dass diese Bereiche – wie etwa die Grundfunktionen zur Steuerung von Fahrzeugen und Sicherheitssystemen – nicht das Terrain der Markendifferenzierung sind. So haben führende deutsche Automobilhersteller und Zulieferer nun einen mutigen Schritt gewagt, der weit über den bisherigen Rahmen hinausgeht: Sie entwickeln Software gemeinsam und setzen dabei auf Open-Source.
Gemeinsam statt gegeneinander: Die Open-Source-Revolution
Der "Code-First-Ansatz", der dabei verfolgt wird, erlaubt es den Unternehmen, nicht nur schneller, sondern auch effizienter zu arbeiten. Ziel ist es, funktionale Software-Bausteine zur Verfügung zu stellen, die nicht nur die Entwicklung beschleunigen, sondern auch die Standardisierung vorantreiben. Gerade in einer Zeit, in der die Komplexität der Fahrzeugsoftware exponentiell wächst, kann dieser Schritt ein entscheidender Vorteil sein.
Durch die Zusammenarbeit unter der Schirmherrschaft der Eclipse Foundation und des Verbands der Automobilindustrie (VDA) soll ein offenes und transparentes Ökosystem entstehen. Die Eclipse Foundation ist eine in Belgien ansässige gemeinnützige Gesellschaft, die das Ziel hat, Open-Source-Projekte zu unterstützen. Hier können alle Beteiligten – vom Hersteller bis hin zu Zulieferern und Entwicklern – auf die gleiche Basis zurückgreifen und ihre Ressourcen bündeln. Dies hätte nicht nur Vorteile für die Effizienz, sondern auch für die Sicherheit und die Einhaltung internationaler Standards.
Der Druck aus dem Silicon Valley
Es ist kein Geheimnis, dass Google und Apple längst ihre Augen auf die Automobilindustrie geworfen haben. Während Google mit Android Automotive bereits in Infotainmentsysteme vordringt, experimentiert Apple mit CarPlay und will mehr und mehr Funktionen des Fahrzeugs steuern. Doch die deutsche Automobilindustrie hat erkannt, dass sie die Kontrolle über die Software nicht allein den Tech-Giganten überlassen darf. Wenn künftig jedes Auto auf den gleichen Software-Bausteinen basiert, kann die Industrie selbst bestimmen, welche Funktionen sie integrieren möchte – und das in einer Geschwindigkeit und Qualität, die von Google und Apple vielleicht kaum zu erreichen ist.
Sicherheit und Innovation: Der Weg zum autonomen Fahren
Mit dem modularen Ansatz, der es erlaubt, Software-Bausteine anzupassen und zu erweitern, wird die Automobilbranche in der Lage sein, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: Innovation. Hersteller können sich auf differenzierende Funktionen fokussieren, während die grundlegenden Software-Komponenten gemeinsam weiterentwickelt werden. Besonders im Hinblick auf autonomes Fahren, das spätestens 2026 zur Serienreife kommen soll, wird diese Standardisierung entscheidend sein. Durch die Open-Source-Initiative können die beteiligten Unternehmen sicherstellen, dass sie nicht nur schneller, sondern auch sicherer auf die Entwicklung neuer Technologien reagieren.
Zukunftsperspektive: Eine starke Gemeinschaft
Der gemeinsame Ansatz wird der Branche nicht nur dabei helfen, ihre Marktposition gegenüber den Tech-Giganten zu behaupten, sondern auch die Grundlage für eine neue Ära der automobilen Innovation schaffen. Mit einem klaren Bekenntnis zu offenen Standards und einer offenen Entwicklung können die Unternehmen der Automobilindustrie das Ruder selbst in die Hand nehmen und sich die Zukunft der Fahrzeugsoftware sichern.