Limousinen sind tot? Abwarten, denn die Form hat Vorteile!

Karosserieform hat aerodynamische Vorteile
Limousinen sind tot? Abwarten!

ArtikeldatumVeröffentlicht am 21.12.2025
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Zugegeben: Dass sich die klassischen Karosserieformen auf Schrumpfkurs befinden, ist angesichts des schon viele Jahre andauernden SUV-Booms keine neue Erkenntnis. Doch manchmal gerät selbst das Offensichtliche wieder in den Fokus – zum Beispiel dann, wenn aktuelle Daten den Trend bestätigen. So wie die vom Fachmagazin "Automotive News Europe" kürzlich veröffentlichten Dataforce-Zahlen, nach denen der Absatz von Premium-Limousinen europaweit in den ersten zehn Monaten des Jahres 2025 um 19 Prozent zurückgegangen ist.

"Dieser Karosserie-Typ wird zurückkommen"

Ist es also an der Zeit, den nächsten Angesang auf die Stufenheck-Limousine anzustimmen? Abwarten – das könnte verfrüht sein! Es gibt durchaus Experten und Entscheider, die der Dreibox-Form ein Comeback prophezeien. "Dieser Karosserie-Typ wird zurückkommen", sagte erst Ende 2023 der damalige Alfa-Romeo- und heutige Maserati-Boss Jean-Philippe Imparato als Antwort auf die Frage, ob sich die italienische Marke zu einem reinen SUV-Hersteller wandeln werde.

Imparato hatte und hat gute Argumente für diese These auf seiner Seite. Zentral dabei: Die Limousinenform bietet Vorteile in puncto Luftwiderstand. "Dank ihrer flachen und damit strömungsgünstigen Karosserie mit lang gezogenem Dach sind Limousinen von Grund auf sehr aerodynamisch", sagt Audi-Aerodynamiker Sebastian Weiper.

Auch das ist freilich keine neue Erkenntnis. Bereits in den frühen Achtzigerjahren macht Audi mit dem "Forschungsauto 2000" von 1981 und dem ein Jahr später eingeführten und formal daran angelehnten Audi 100 C3 (Typ 44) klar, wie wichtig dem Hersteller das Thema Aerodynamik ist. Beide Autos erreichen einen für die damalige Zeit starken cw-Wert von 0,30. Kaum schlechter schneidet der ebenfalls 1982 in den Markt eingeführte "Baby-Benz" Mercedes 190 mit 0,33 ab. Der etwas größere E-Klasse-Vorläufer Mercedes W124 schafft sogar einen cw-Wert von 0,29.

Enormer Fortschritt seit den 80ern

Bei den aktuell strömungsgünstigsten Serienautos handelt es sich ebenfalls ausschließlich um Limousinen. Ihre Luftwiderstandsbeiwerte verdeutlichen, was sich im Bereich Aerodynamik in den vergangenen 40 bis 45 Jahren getan hat. Der Lucid Air Pure erreicht einen sensationellen cw-Wert von 0,197 – da kann nicht einmal der Mercedes EQS (0,20) mithalten. Knapp dahinter liegen Modelle wie der Nio ET7, Hyundai Ioniq 6, Audi A6 Sportback E-Tron und das Tesla Model S, die sich im cw-Wert-Bereich von 0,21 bewegen.

Wobei beim Design-Vergleich mit den Urahnen aus den Achtzigern auffällt: Die ganz klassische Dreibox-Form weist keines der modernen E-Modelle auf. Statt mit klassischem Stufenheck samt steiler Heckscheibe und langem Kofferraumabteil fahren diese E-Autos allesamt mit Fließheck vor. Was darauf hinweist, dass nicht die Limousinenform generell für eine hervorragende Windschlüpfigkeit entscheidend ist. Sondern die Details, die die Formgebung aerodynamisch optimieren.

Komfort- und Performance-Vorteile

Nehmen wir als Beispiel die aktuelle Audi A6 Limousine (die Version mit Verbrenner- und Hybridantrieben), die mit einem cw-Wert von 0,23 ebenfalls ziemlich windschnittig gestaltet ist. Hier beschreibt die Abrisskante im Kofferraumdeckel einen scharfen Radius, was im Zusammenspiel mit der davorliegenden "Hohlkehle” zu einem optimalen Strömungsabriss führt. Ebenfalls Teil des heckseitigen Aerodynamik-Konzepts: Ein Diffusor, der mithilft, die Verwirbelungen am und hinter dem Heck möglichst klein zu halten.

Audi A6 Limousine
Audi

Ein günstiger cw-Wert und damit minimaler Luftwiderstand bringen gleich mehrere Vorteile. Zum Beispiel im Hinblick auf den Fahrkomfort, denn je geschmeidiger ein Auto durch die Umgebungsluft gleitet, umso weniger störende Windgeräusche dringen ins Interieur. Die Fahrleistungen sind bei aerodynamisch günstigeren Modellen logischerweise ebenfalls besser.

Limousinen mit besserer Energieeffizienz

Doch natürlich liegt der größte Pluspunkt bei der im Vergleich zu Steilhecks, wie sie bei den meisten Kombi- und SUV-Modellen vorkommen, in der von vornherein besseren Energieeffizienz. Durch ihre vorteilhafte Heckgestaltung und die gegenüber SUVs viel geringere Stirnfläche verbrauchen Limousinen fast immer weniger Sprit und/oder Strom als ihre hochgebockten Soft-Offroader-Pendants.

Wie groß der Unterschied sein kann, demonstrieren aktuell zwei Mercedes-Modelle: der neue CLA und der jüngst vorgestellte GLB. Das Duo basiert auf der neuen MMA-Plattform und tritt mit identischer Antriebstechnik an. Das bedeutet bei den Modellvarianten 250+ EQ: Der E-Motor an der Hinterachse liefert 200 kW (272 PS), womit der CLA deutlich schneller beschleunigt als der GLB (6,7 statt 7,4 Sekunden von Null auf Hundert). Beim Energieverbrauch ist der Unterschied ebenfalls eklatant: 12,2 statt 15,8 kWh/100 km. Was dazu führt, dass in der 85-Kilowattstunden-Batterie allein durch die günstigere Karosserieform automatisch Energie für über 20 Prozent mehr Reichweite gespeichert ist (792 statt 631 Kilometer nach WLTP).

Viele E-Limousinen sind fast startklar

Deshalb ist es kaum verwunderlich, dass die Autohersteller weiterhin an der Limousinenform festhalten – erst recht im sich anbahnenden Elektro-Zeitalter. Der Mercedes CLA wurde schon erwähnt: Obwohl ihn die Schwaben als viertüriges Coupé vermarkten, präsentiert er ein klassisches Stufenheck. Die angekündigte elektrische Mercedes C-Klasse wird ein ähnlich gestaltetes Hinterteil aufweisen. Sie tritt ab 2026 gegen den neuen BMW i3 an; der elektrische 3er kommt ebenfalls mit einer Stufenheck-Karosserie und wird dabei sogar ein recht kantiges Design aufweisen.

Fazit