Zum Starten bitte auf das Bremspedal drücken, tönt es aus den Lautsprechern", sobald man die Beifahrertür nur einen Zentimeter öffnet. Eigentlich unnötig, oder? Und nicht der Rede wert. Hier aber doch, denn die Ansage der freundlichen Sprachassistentin passt gut zu ihrem Arbeitgeber. Schließlich stand Mazda, sobald es um Elektrofahrzeuge ging, lange auf der Bremse. Innovative turbolose Verbrenner mit viel Hubraum, ein PHEV mit Wankelmotor und ein Reihen-Sechszylinder-Diesel waren wichtiger.
Nun aber löst Mazda die Bremse, geht mit dem 6e rein in die Elektromobilität. Gewiss eine gute Idee. Schade nur, dass der traditionsreiche Mazda 6, seit drei Generationen im Markt, die Bühne verlassen muss. Insbesondere der aufrichtige Kombi hat doch viele Freunde gefunden und prägt zusammen mit dem MX-5 die Marke. Der Nachfolger kommt lediglich als Fließheck-Limousine, entstanden aus einer Kooperation mit dem Konzern Changan aus China, dort stromert er als Deepal SL03 schon länger herum.
Der Kraftspender sitzt an der Hinterachse und leistet 190 kW. Nicht übertrieben viel Power für eine fast fünf Meter lange Limousine. Entsprechend verhalten, aber angenehm zielstrebig schnurrt man auf 175 km/h. Dabei fällt auf, wie leise ein Mazda sein kann. Je nach Tempo ist nur das Lüfterrauschen der induktiven und gekühlten Smartphone-Ladestation zu hören. Besser: Das Handy per Kabel laden. An Buchsen und Fächern mangelt es dem Importwagen nicht; selbst mit einer zweiten Ablage unter der voluminösen Mittelkonsole kann der Sechser dienen.

Tja, an den Look dieses Mazda 6 muss man sich erst mal gewöhnen. Der Kombi ist komplett ausgemustert.
So harmonisch der Mazda seine Kräfte entwickelt, so exakt steht er auch wieder an der Ampel. Die Bremskraft lässt sich fein dosieren, bis zum Stillstand ohne Nickligkeiten, selbst mit aktivem Tempomaten. Die Rekuperation (vom Freilauf bis kräftig) kann der Fahrer per Lenkradtaste oder via Touchscreen fix variieren. One-Pedal-Betrieb oder adaptives Rekuperieren (ohne aktiven Tempomaten) erlaubt der 6e dagegen nicht.
Zweifellos top sind dafür die schieren Verzögerungswerte (34,6 Meter aus 100 mit warmer Anlage). Gut gemacht! So manch ein Stromer deutscher Hersteller (und andere Mazda) steht da deutlich später.
Reichweite überzeugt nicht
Das alles ist ja ganz schön. Aber gut 34 Minuten gilt es am Schnellader zu stehen, wenn das E-Mobil seinen 68,8 kWh großen LFP-Akku für die nächsten 300 Kilometer wieder befüllen muss. Warum? Der Verbrauch ist niedrig, aber maximal lädt der 6e am Testtag nicht mit den prognostizierten 165 kW, sondern nur mit 143. Die Reichweite? Nach Testverbrauch akzeptable 357 Kilometer.
Nicht eben werbewirksame Werte, aber nicht weiter dramatisch. Sanft gefahren sind auch mal 50 Kilometer mehr drin; und ein paar Tage später zog der 6e an einer anderen CCS-Säule schneller Energie. Immer noch zu wenig Reichweite? Dann hat Mazda eine Long-Range-Variante (1.600 Euro) mit einer 80-kWh-Nickel-Kobalt-Mangan-Batterie zu bieten. Die mögliche Ladeleistung (90 kW) lässt den LR-Mazda allerdings obsolet erscheinen.
Vorbildlich klappt dafür die Ladeplanung samt Angabe der fälligen Kosten. Schelte verdient der Stromer hingegen für seine unbeleuchtete Ladedose. Fast überall blinzelt und leuchtet die Limousine, inszeniert am Heck rote Lichtspiele im Verbund mit dem aus- und einklappenden Spoiler – nur an dieser essenziellen Stelle herrscht nachts Tristesse.
Fernreisen? Na klar
Wer etwas Geduld (und eine Taschenlampe) hat, kann sich dennoch auf längere Reisen freuen. Das Raumangebot ist vorzüglich, und der Fahrkomfort passt. Der in China produzierte Mazda lässt ein paar Stöße zwar stumpf durch, beruhigt sich aber ruckzuck wieder. Auf längeren herben Strecken nervt er nicht mit Stößigkeiten und poltert auch nicht. Lange Wellen bringen ihn ohnehin nicht aus der Fassung, eilige Richtungsänderungen ebenfalls nicht.

Sieht nett aus: braunes Leder überall, dazu weiche Sitze und viele Ablagen. Warnblinkertaste? Im Dachhimmel.
In Unruhe kommt der Pilot eher beim Anblick des Cockpits. Wie in so vielen anderen Wagen der Neuzeit kommt es mit einem großen Screen und maximalst wenig Tasten. Heißt also: Wischer, Licht, Spiegel, alles nur per Touchscreen zu verwalten. Hat man diese einmal im Stand sorgsam eingerichtet (sonst bimmelt’s), kommt man mit dem Wagen besser klar. Und etwas Mazda bleibt ja erhalten. Die Anzeigen in den digitalen Instrumenten sind übersichtlich drapiert und gut abzulesen, und die Bordcomputer-Daten verstecken sich nicht in einem Untermenü, der Pilot hat sie immer im Blick. Zugleich erfreut er sich an Extras, die man selten antrifft. Beispielsweise einem Schnee- Modus für das große Head-up-Display. Dann legt der 6e einen hellblauen Hintergrund hinter die digitalen Anzeigen und stärkt so den Kontrast.
Große Koffer können allerdings nicht mit. Der gut zugängliche Laderaum unter der großen, wischerlosen Fließheck-Klappe ist mit 336 Litern schlichtweg klein. Ähnlich große Konkurrenten wie ein Hyundai Ioniq 6 und der VW ID.7 locken mit rund 400 und 530 Litern. Immerhin verträgt der Frunk vorne 72 Liter, und zwei Gasdruckdämpfer halten die Haube sicher oben. Und wer 100 Euro drauflegt, erhält beim Händler eine große und solide Transportbox mit Filzbezug, die den Laderaum vor Kratzern schützt und sich für Einkäufe bequem mitnehmen lässt.

Selten zu sehen und eine gute Idee: die herausnehmbare und solide Filz-Box im 72 Liter (!) großen Frunk.
Ansonsten ist der Testwagen trotz seines fairen Preises (48.100 Euro) exquisit ausgestattet und beglückt mit kuscheligen, gekonnt konturierten Nappa-Ledersitzen, hellbraunem Velours selbst um die Luftausströmer und einer hohen Verarbeitungsqualität – für alle Passagiere.
So gesehen hat der Mazda 6e Chancen, sich zu etablieren. Die Lücke, die der durchdachte Vorgänger hinterlässt, füllt er aber nicht ganz.
Fazit
| Mazda 6e EV Takumi Plus | |
| Außenmaße | 4921 x 1890 x 1491 mm |
| Kofferraumvolumen | 336 bis 1074 l |
| Höchstgeschwindigkeit | 175 km/h |
| Verbrauch | 0,0 kWh/100 km |







