Händlerverband ZDK: Rekord-Zulassungszahlen für E-Autos sind fake

Händlerverband ZDK kritisiert Zulassungsstatistik
Sind die Rekord-Zulassungszahlen für E-Autos fake?

ArtikeldatumVeröffentlicht am 01.09.2025
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Mitte Juli 2025 überraschte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) mit einer positiven Meldung. "Im ersten Halbjahr 2025 verzeichneten die Neuzulassungen von Elektro-Pkw (BEV) einen Höchstwert", ließ die Flensburger Behörde damals verlauten. Die Zulassungszahlen hätten zur Jahresmitte mit insgesamt 248.726 Fahrzeugen nicht nur den Vorjahreswert (184.125), sondern auch das bisher zulassungsstärkste Jahr 2023 (220.244 Neuzulassungen zwischen Januar und Juni) übertroffen. Der BEV-Marktanteil lag im ersten Halbjahr 2025 bei 17,7 Prozent und damit über jenem für Diesel-Pkw (15,0 %) und damit auf dem zweiten Platz hinter den Benzinern (28,3 %).

E-Auto-Aufschwung? Denkste, sagt der ZDK

Befinden sich Elektroautos in Deutschland also entgegen dem internationalen Trend im Aufschwung? Mitnichten, heißt es vonseiten des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). Der Lobbyverband der Autohäuser und Kfz-Betriebe nimmt den Markt aktuell komplett anders wahr. "Die Geschäftssituation vieler Autohäuser und Kfz-Betriebe ist deutlich angespannter, als es die offizielle Zulassungsstatistik vermuten lässt", sagt ZDK-Präsident Thomas Peckruhn. Tatsächlich schrumpfe seit zwei Jahren die Nachfrage bei privaten und auch die gewerblichen Zulassungen stagnierten.

Doch wie kommen dann die vom KBA vermeldeten Rekordzahlen zustande? Peckruhn liefert eine simple Erklärung: "Was statistisch als Erfolg erscheint, ist in der Realität häufig das Ergebnis von Eigenzulassungen durch Hersteller und Händler, Flottengeschäften oder taktischen Maßnahmen – nicht aber von echten Kundennachfragen im Handel." Deshalb täusche die wachsende Zahl an BEV-Neuzulassungen über die Realität im Handel hinweg.

Eigenzulassungen steigen, Privatkäufe nehmen ab

Der ZDK hat im Zuge seiner aktuellen Konjunkturumfrage ganz tief in die KBA-Zulassungsstatistik geschaut und dabei interessante Erkenntnisse gesammelt. So hätten sich im ersten Halbjahr 2025 die Eigenzulassungen batterieelektrischer Autos durch Hersteller und Handel im Vergleich zum selben Zeitraum 2023 mehr als verdoppelt, und zwar auf 65.401 Fahrzeuge. Betrachtet man nur die Hersteller, haben sich die Eigenzulassungen in diesen zwei Jahren sogar vervierfacht. Gleichzeitig ging die Zahl privater BEV-Neuzulassungen um neun Prozent auf 82.294 Fahrzeuge zurück. Entsprechend bewerten die im ZDK organisierten Autohäuser und Kfz-Betriebe ihre Geschäftslage, Umsatzaussichten und die Auftragslage für E-Fahrzeuge mit wachsender Zurückhaltung.

Eigenzulassungen der Hersteller sind ein im Markt übliches Instrument, um die Autowerke auch bei schwächelnder Nachfrage auszulasten. Die gebauten Autos werden dann als Dienstwagen oder mittels günstiger Leasing-Konditionen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den eigenen Fuhrpark aufgenommen. Die Händler integrieren diese Fahrzeuge in den eigenen Test- oder Vorführwagen-Fuhrpark und geben sie dann – meist mit hohen Rabatten – an ihre Kundinnen und Kunden weiter.

Eigenzulassungen schwächen Marge

Das drückt jedoch die Margen der Händler und die Renditen der Hersteller und ist somit für Peckruhn "ein klares Warnsignal. Die Politik nimmt diese Absatzkrise nicht wahr, weil sie nur auf die Entwicklung der amtlichen Zulassungszahlen schaut". Der Lobbyverband stellt angesichts seiner Erkenntnisse gleich mehrere Forderungen auf. Es seien gezielte Anreize gefragt, die über die bisher "unzureichenden" Maßnahmen hinausgingen. Insbesondere für Privatkunden, denn "Superabschreibungen und höhere Listenpreissätze für die ermäßigte Dienstwagensteuer für Elektrofahrzeuge wirken nur bei den gewerblichen Zulassungen", sagt Peckruhn.

Ganz oben auf der Wunschliste der Kfz-Branche: sinkende Strompreise, ein schnellerer Ausbau der Ladeinfrastruktur und mehr Transparenz bei den Ladetarifen. Eine solche "breitangelegte Förderung" ließe sich über "die versprochene Senkung der Stromsteuer und der Netzentgelte für alle Konsumenten" realisieren, ergänzt der ZDK-Präsident.

BMW fühlt sich nicht angesprochen

So mancher Autohersteller sieht sich vom ZDK allerdings zu Unrecht an den Pranger gestellt. "Einen überproportionalen Anteil an Eigenzulassungen können wir im deutschen Markt bei BMW und Mini im ersten Halbjahr 2025 nicht bestätigen", heißt es vonseiten des Münchner Autobauers laut "tagesschau.de". Wachstumstreiber bei den BEVs seien vielmehr private und gewerbliche Kunden gewesen.

Der aktuell hohe Anteil an Eigenzulassungen seitens der Hersteller hat Branchenexperten zufolge jedoch nicht nur direkte wirtschaftliche Gründe. Denn die EU-Vorgaben verlangen von ihnen, den Gesamt-CO2-Ausstoß ihrer verkauften Fahrzeuge zu reduzieren. Das gelinge am besten mit einem hohen E-Auto-Anteil an den Gesamtverkäufen. "Hersteller müssen bis 2027 im Mittel unter all ihren Verkäufen rund 25 Prozent E-Autos verkaufen, um den Flottengrenzwert zu erreichen", erklärt Stefan Bratzel vom CAR-Institut Bergisch-Gladbach. Nur so ließen sich hohe Strafzahlungen umgehen.

Pessimistischer Ausblick auf das 2. Halbjahr

Für seine Halbjahresumfrage hat der ZDK etwa 500 Autohäuser und Kfz-Betriebe interviewt – von kleineren Betrieben mit bis zu 15 Beschäftigten über mittlere (16 bis 50) bis hin zu größeren Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Vor allem Letztere blicken skeptisch auf das zweite Halbjahr 2025. 54 Prozent der größeren Betriebe sehen die Entwicklung bis zum Jahresende pessimistisch und erwarten sie "schlechter" und "eher schlechter".

Hinweis: In der Fotoshow über dem Artikel stellen wir Ihnen einige Elektroautos zwischen 70.000 und 100.000 Euro vor, die für die neu geregelte 0,25-Prozent-Besteuerung für Dienstwagen infrage kommen.

Fazit