"Wer elektrisch fährt, soll jederzeit technisch verlässliche Ladeangebote zu nachvollziehbaren Preisen vorfinden", heißt es im Entwurf. Der Bund will Genehmigungen vereinfachen, kommunale Abläufe vereinheitlichen, Netzanschlüsse beschleunigen und den Wettbewerb stärken. Finanzielle Maßnahmen stehen unter Haushaltsvorbehalt.
Was sich konkret für Autofahrer ändern soll
- Preise leichter vergleichbar
Künftig sollen die Ad-hoc-Preise aller Ladepunktbetreiber zentral erfasst und über den Nationalen Zugangspunkt für Mobilitätsdaten abrufbar sein. Damit werden Preisunterschiede zwischen Betreibern erstmals transparent vergleichbar – sowohl über gängige Lade-Apps als auch über Navigationssysteme. Ziel ist, spontane Ladevorgänge ohne Vertragsbindung einfacher und nachvollziehbarer zu machen. Grundlage sind die Vorgaben der EU-AFIR-Verordnung, ergänzt durch Anpassungen der nationalen Preisangabenverordnung. - Keine nächtlichen Blockierentgelte an AC-Ladern
Wer sein Auto über Nacht an einer öffentlichen AC-Säule stehen lässt, soll künftig keine Blockiergebühren zahlen müssen. Der Bund will sich auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass in der Zeit von 22.00 Uhr bis 8.00 Uhr keine Zusatzkosten entstehen. Ziel ist eine alltagstaugliche Lösung für Nutzer ohne private Lademöglichkeit, die ihr Fahrzeug im öffentlichen Raum regelmäßig über Nacht laden.
- Mehr Heimladen im Mehrparteienhaus
Ab 2026 ist eine neue Förderlinie für Ladeinfrastruktur in Mehrfamilienhäusern geplant. Gefördert werden sollen nicht nur Wallboxen, sondern auch Netzanschluss- und Elektroinstallationskosten im Gebäude, etwa neue Leitungen oder Unterverteiler. Damit soll das bisher aufwendige Nachrüsten in Gemeinschaftsgaragen erleichtert werden. Das BMV will hierzu Anfang 2026 konkrete Förderrichtlinien vorlegen. - Reservieren statt suchen
Deutschland will in der nächsten Überarbeitung der AFIR-Verordnung verbindliche Standards für Reservierungen von Ladepunkten durchsetzen. So sollen Fahrer künftig freie Ladeplätze per App vorab sichern können. Für Lkw und Reisebusse ist zusätzlich vorgesehen, Parkplätze mit Ladeanschluss bevorzugt zu vergeben – etwa über digitale Stellplatzsysteme auf Rastanlagen.
- Barrierefreies Laden
Künftig sollen beim Ausbau nach dem Schnellladegesetz mindestens einige Ladepunkte pro Standort barrierefrei gestaltet sein – etwa mit abgesenkten Bedienelementen, ausreichend Bewegungsfläche und klarer Beschilderung. Maßgeblich ist die DIN SPEC 91504, die einheitliche Standards für barrierefreie Ladeplätze definiert. - Mehr Wettbewerb am Straßenrand
Kommunen sollen künftig Ladeflächen im öffentlichen Straßenraum nach klaren, diskriminierungsfreien Kriterien vergeben müssen. Dadurch soll verhindert werden, dass einzelne Betreiber langfristige Monopolstellungen aufbauen. Die Bundesregierung prüft hierfür eine gesetzliche Grundlage, die faire Ausschreibungen ermöglicht und so Preis- und Angebotsvielfalt stärkt. - Schnellere Netzanschlüsse, mehr Transparenz
Netzbetreiber sollen einheitliche Online-Tools bereitstellen, die verfügbare Netzkapazitäten und voraussichtliche Anschlusskosten anzeigen. Zudem sind verbindliche Rückmeldefristen und digitale Antragsverfahren geplant – insbesondere für Mittelspannungsanschlüsse. Ziel ist, Wartezeiten für neue Ladepunkte deutlich zu verkürzen. - Schutz vor Ausfällen und Diebstahl
Weil in den vergangenen Jahren häufig Kabeldiebstähle gemeldet wurden, will der Bund gemeinsam mit den Ländern Gegenmaßnahmen ergreifen – etwa verbesserte Sicherungen und eine Anpassung der Messgeräterichtlinie, damit der Austausch einzelner Komponenten keine komplette Nacheichung erzwingt. Ergänzend sollen vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Mindeststandards für Cybersicherheit an Ladepunkten festgelegt werden.
Ladeinfrastruktur: Ausbaupfade und Standorte
Der Entwurf betont, dass Deutschland die EU-AFIR-Mindestziele für Pkw-Laden bereits übertrifft. Dennoch sieht das Papier Handlungsbedarf bei Flächenzugang, Bauleitplanung und Netzanschlüssen. Ladehubs im Außenbereich sollen künftig als privilegierte Vorhaben in der Nähe von Bundesfernstraßen gelten, um Genehmigungen zu vereinfachen. Kommunale Unterschiede in der Auslegung des Baurechts sollen beseitigt werden: Ladepunkte gelten nicht als "Tankstellen" im Sinne der Baunutzungsverordnung und sind damit in fast allen Baugebieten zulässig. Außerdem sollen Stellplatzsatzungen klarstellen, dass Stellplätze mit Ladefunktion bei der vorgeschriebenen Stellplatzzahl vollständig angerechnet werden.
Bundeseigene Flächen, etwa an Autobahnen oder Liegenschaften der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), sollen systematisch für Ladezwecke erschlossen werden. Ein umfassendes Konzept zum Laden an Autobahnen – einschließlich künftiger Ladehubs für Pkw, leichte und schwere Nutzfahrzeuge sowie Reisebusse – will das BMV im Jahr 2026 vorlegen.
Netz und Innovation: Bidirektional, IT-Sicherheit, Reservierungen
Zur Netzintegration sollen digitale Standardprozesse und bundesweit einheitliche Informationsportale entstehen, über die Betreiber verfügbare Netzkapazitäten prüfen können. Parallel arbeitet der Bund an einer Reform der Netzentgelte und flexibleren Anschlussvereinbarungen. Bidirektionales Laden wird künftig als förderfähige Innovation anerkannt: Fahrzeuge sollen Energie zurück ins Netz einspeisen können, wenn Strom knapp ist. Steuerliche Erleichterungen sollen sicherstellen, dass Nutzer dabei nicht als Energieversorger gelten.
Zudem will die Bundesregierung einheitliche Anforderungen an die Cyber-Resilienz von Ladeinfrastruktur einführen – vom physischen Standort über Backend-Systeme bis zu den Kommunikationsschnittstellen. Damit soll das Risiko von Hackerangriffen auf Ladesysteme reduziert werden.
Wirtschaft und Betreiber: Rahmen, Förderung, EU-Mittel
Zur Stärkung der Nachfrage nennt der Entwurf die Fortführung der Kfz-Steuerbefreiung für neu zugelassene Elektroautos über 2025 hinaus. Auch für Ladeinfrastruktur in Betriebshöfen und Depots – insbesondere im Güterverkehr und bei Linienbussen – sind neue Förderprogramme ab 2026 vorgesehen. Parallel wird der Aufbau von Ladepunkten auf 350 Autobahn-Rastanlagen fortgesetzt, inklusive Vorbereitung auf MCS-Hochleistungsanschlüsse. Ergänzend sollen Gewerbegebiete und Autohöfe außerhalb der Autobahnen in die Förderung einbezogen werden.
Zudem prüft die Bundesregierung, wie sich EU-Fördermittel aus dem AFIF-Programm besser nutzen lassen – etwa durch eine Zertifizierung der KfW oder KfW IPEX als "Implementing Partner". Gleichzeitig sollen die Preisvorgaben der AFIR-Verordnung in Brüssel präzisiert und die Marktbeobachtung durch die Monopolkommission fortgeführt werden. Kommunen erhalten künftig Muster, Leitfäden und Checklisten, um Planungsverfahren zu vereinheitlichen und schneller umzusetzen.












