Versenkte Türgriffe: Deshalb will China sie verbieten

China will wohl Design-Trend verbieten
Versenkte Türgriffe - Europa redet, China handelt

ArtikeldatumVeröffentlicht am 15.09.2025
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Die Autoindustrie stellt immer mehr Modelle mit vollständig in der Karosserie versenkten Türgriffen vor. Jüngste Beispiele sind die IAA-Neuheiten BMW iX3 und Mercedes GLC. Der Grund liegt auf der Hand: Ragen die Türgriffe nicht aus der Karosserie heraus, vermeidet das Luftwirbel und macht das Auto etwas windschlüpfiger. Die optimierte Aerodynamik verringert den Energieverbrauch und erhöht damit die potenzielle Reichweite, die für Käuferinnen und Käufer speziell von E-Autos weiterhin eine gewichtige Rolle bei der Kaufentscheidung spielt.

Türgriff-Verbot könnte 2027 kommen

Doch Autodesigner müssen das inzwischen etablierte Konzept möglicherweise bald überdenken. Medienberichten zufolge gibt es auf dem mit Abstand wichtigsten Elektroautomarkt China Bestrebungen, vollständig in der Karosserie versenkte Türgriffe zu verbieten. Dies berichtet das Portal "Mingjing Pro" mit Verweis auf eine Quelle, die als Mitarbeiter in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung eines Automobilherstellers bezeichnet wird. Demnach gebe es bei den chinesischen Zulassungsbehörden aktuell Diskussionen über ein entsprechendes Verbot.

Der Entwurf für verbindliche Standards für Türgriffe soll noch im Verlauf des Septembers finalisiert werden. Danach soll das Verbot in Kraft treten, allerdings mit einer Übergangsfrist. Dem Bericht zufolge dürfen in China verkaufte Neuwagen dann ab spätestens Juli 2027 nicht mehr über vollständig in der Karosserie versenkte Türgriffe verfügen.

Mechanische und elektrische Varianten

Aktuell sind zwei Varianten versenkter Türgriffe verbreitet. Es gibt einerseits eine von Hand zu bedienende Version: Erst wenn man auf einer Seite auf den Griff drückt, tritt er aus der Karosserie hervor und die Tür kann geöffnet werden (wie beim Tesla Model 3 und Y, siehe Video nach dem zweiten Absatz und Fotoshow über dem Artikel – rein mechanisch schon viel länger bei beispielsweise Aston Martin). Die andere Variante funktioniert elektrisch gesteuert: Nähert sich die Person mit dem Autoschlüssel dem Fahrzeug oder sperrt es aus der Ferne auf, fahren diese "Pop-out-Griffe" aus der Tür heraus, damit diese geöffnet werden kann.

Hauptgrund für die Verbotsbestrebungen sollen Sicherheitsrisiken sein – insbesondere, wenn die Türgriffe elektrisch funktionieren. Bei einem Unfall kann es passieren, dass die Türen blockieren, weil der Stromfluss unterbrochen ist. Das erschwert die Rettung eingeschlossener Personen durch Ersthelfer. In der jüngeren Vergangenheit kam Tesla nach mehreren tödlichen Unfällen in Verruf und wurde aufgefordert, Funktionsweise und Design seiner Türöffner zu überarbeiten. Da auch ein Unfall mit tödlichem Ausgang in Deutschland stattgefunden hatte, forderten daraufhin das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) und der ADAC, die Zulassungsbestimmungen zu verschärfen.

Funktions- und Zuverlässigkeitsmängel

Ebenso führen die Behörden Funktions- und Zuverlässigkeitsmängel an. Laut "Car News China" weisen elektrische Türgriffe auf dem dortigen Markt eine achtmal höhere Ausfallrate als mechanische Pendants auf. Demnach sollen bei einem "führenden Hersteller von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben" zwölf Prozent aller Reparaturen auf defekte Türgriffe zurückgehen. Dies ziehe oft kostspielige Reparaturen nach sich, da solche Türöffner meist deutlich komplizierter und teurer seien als rein mechanische Varianten.

Halbversenkbare und herkömmliche Türgriffe wären den aktuellen Plänen zufolge weiterhin zulässig. Sie müssten jedoch zwingend mit einer mechanischen Redundanz ausgestattet sein, um jederzeit einen zuverlässigen Betrieb zu gewährleisten – auch nach einem Unfall. Als einer der ersten Autokonzerne hat Volkswagen auf die Verbotsbestrebungen reagiert. So verfügen die neuen, für den chinesischen Markt vorgesehenen Modelle A5L und Q6L e-tron von FAW-Audi über ein System, das im Fall einer Kollision eine rote Zugschnur auslöst, die als mechanischer Griff für externe Rettungskräfte dient.

Fazit