Sergio Perez - Racing Point - GP Bahrain 2020 - Sakhir Wilhelm
BMW F1 Motor Prüfstand
Brabham BMW 1986
BMW F1 Motor 1986
Honda F1 2005 18 Bilder

Goldene Zukunft der F1: E-Fuels müssen schnell kommen

Goldene Zukunft der Formel 1 Es fehlt nur der Kraftstoff

Die Formel 1 ist in der Coronakrise näher zusammengerückt, hat die Kosten gesenkt und die Budgets stärker gedeckelt. Ab 2022 kommen neue Autos, die von einer vielversprechenden Fahrer-Generation gefahren werden. Es fehlt eigentlich nur ein Baustein: ein CO2-neutraler Motor.

Es spricht vieles für eine goldene Zukunft der Formel 1. Die Fahrer, die neuen Autos, die Budgetobergrenze – ganz allgemein der Weg, den sie unter der Führung von Liberty Media und der FIA eingeschlagen hat. In den letzten Jahren haben die Macher der Königsklasse Baustein auf Baustein gesetzt, um mittel- und langfristig abzusahnen. Lange gegen den Widerstand der (großen) Teams, die erst der Corona-Ausbruch und die damit einsetzende Krise zum Einlenken gebracht hat.

Plötzlich lernte die Formel 1 das Sparen. Plötzlich gab es Einigkeit bei Regeländerungen, wo vorher so oft quergeschossen wurde. Plötzlich war das eigene Wohl nicht mehr das wichtigste, sondern der allgemeine Zustand des Patienten. Die Formel 1 zog ihren Notfallplan mit Bravour durch, und leistete gleichzeitig einen Beitrag für die Gesellschaft. In Rekordtempo entwickelten Teams Beatmungsgeräte für Corona-Patienten.

Man kann stolz auf sich sein. Weil man im Krisenjahr 2020 schnell und entschlossen handelte. Doch in einer zentralen Frage spielt die Formel 1 jetzt auf Zeit – ganz entgegen ihres Naturells. Die Einführung CO2 neutraler Kraftstoffe sollte eigentlich 2023 erfolgen.

Inzwischen ist die Formel 1 auf Drängen der Hersteller aber von ihrem Plan abgerückt. Plötzlich sollen die umweltfreundlichen Kraftstoffe frühestens 2025, vielleicht erst 2026 kommen. Mit einem neuen Motorenreglement. Mit dem Argument, dass man beides in einem Aufwasch macht, was Kosten spart: nachhaltiger Kraftstoff plus neuer Motor. Dabei ist die Dekarbonisierung des Motorsports von entscheidender Bedeutung. Sie ist gewissermaßen der letzte große Puzzlestein für die Zukunft der Formel 1. In dieser Beziehung sollte die Formel 1 keinen Aufschub dulden, sondern voranschreiten.

Valtteri Bottas - Mercedes - GP Abu Dhabi 2020
Wilhelm
Die Motoren sollten ihre Energie schnellstmöglich aus E-Fuels beziehen.

Biokraftstoff von der FIA

Mit Elektromotoren wird man es nicht schaffen. Vielleicht können batterieelektrische Autos in 15, 20 Jahren eine Grand Prix-Distanz von mehr als 300 Kilometern in vernünftigem Tempo fahren. Aber bis dahin wird es zu spät sein. Eine Erhöhung des Hybridanteils auf 60 Prozent macht die Autos nur schwerer. Das killt wiederum Effizienz. Warum braucht es überhaupt mehr Elektro-Power, wenn man doch CO2 neutrales Benzin fährt? Die Fahrer werden über das hohe Gewicht maulen, die Reifen stärker leiden. Dann droht wieder ein Teufelskreis aus Überhitzen und langsamen fahren.

Die FIA hat verstanden, wohin die Reise gehen muss. Die hat einen zu 100 Prozent nachhaltigen Kraftstoff aus Bio-Abfällen entwickelt, den sie den Motorenherstellern noch vor Weihnachten zur Verfügung gestellt hat. Zur Erprobung und zur Bewertung. So ein Kraftstoff kann die Formel 1 tatsächlich CO2 neutral machen.

Doch so ein nachhaltiges Benzin sollte bereits in zwei Jahren kommen. Darauf muss die FIA drängen. Mit aller Macht. Am besten mit einem neuen, einfacheren Motor, damit die Formel 1 nicht nur von großen Werken abhängt. Und wenn die Zeit für eine Neuentwicklung zu kurz sein sollte, muss eben der alte Motor auf Bio-Kraftstoffe oder E-Fuels angepasst werden. Die Hersteller haben über die Jahre Milliarden in die Entwicklung ihrer aktuellen Antriebsmonster gesteckt. Jetzt, wo man mit diesen Motoren tatsächlich etwas bewirken könnte, was Serienautos helfen wird, sollte man nicht geizen – trotz Corona. Dann lieber den Budgetdeckel weiter absenken, um mehr Kapazitäten freizuräumen.

Daniel Ricciardo - Renault - Formel 1 - GP Sakhir - Bahrain - Freitag - 4.12.2020
Motorsport Images
Die aktuellen Hybridmotoren leisten um die 1.000 PS.

Offensive muss schnell kommen

Wer weiß, ob in vier oder fünf Jahren die Politik dem klassischen Verbrennungsmotor ansonsten schon den Garaus gemacht hat. Bereits jetzt werden sie aus den Städten verbannt, wenn sie die aktuellsten Abgasnormen nicht erfüllen. Die Politik zieht die Daumenschrauben immer stärker an. Bis zu einem Punkt, an dem die technischen Klimmzüge, um den Verbrenner am Leben zu halten, nicht mehr rentabel sein werden. Eine zu spät begonnene Offensive der Nachhaltigkeit droht zu verpuffen. Dann wäre die Formel 1 in der Defensive. Deshalb sollte allen Beteiligten der Formel 1 daran gelegen sein, den nachhaltigen Kraftstoff früher einzuführen. Um auf dem Fahrersitz zu sitzen.

Und wenn dabei erstmal 50 oder 100 PS flöten gehen, wäre das zu verschmerzen. Die Hersteller kommunizieren sowieso die Leistung ihrer Motoren nicht. Ins Hybridzeitalter 2014 stiegen sie mit einer Systemleistung zwischen 750 und 800 PS ein. Das hat damals auch keinen groß interessiert. Inzwischen sind sie bei 1.000 PS angekommen. Die Entwicklung wird genauso voranschreiten und zu einer höheren Leistungsausbeute führen.

Der zweite Weg, so einen Kraftstoff zu produzieren, ist es, überschüssigen Wind- oder Solarstrom zu nutzen, um damit Wasser per Elektrolyse in Sauerstoff und Wasserstoff zu spalten. Mit letzterem wird dann CO2 gebunden – entweder aus der Umgebungsluft oder von Industrieanlagen abgefischt.

Noch haben synthetische Kraftstoffe ihre Schwächen. Es wird viel Energie eingesetzt, und noch kommt zu wenig Ertrag dabei heraus. Die Wärmeverluste in der Produktion sind zu hoch. Doch die schlauen Köpfe der Formel 1 können dabei helfen, den Wirkungsgrad in der Kraftstoffgewinnung zu erhöhen.

Mit Luftfahrt verbünden

Es muss das Ziel sein, den CO2-Ausstoß beim Auto zu eliminieren – schnellstmöglich. Und mit E-Fuels kann die Formel 1 Vorreiter darin sein. Vorreiter für eine saubere Verbrennung. Beschützer der individuellen Fortbewegung eines jeden. Elektroautos haben ihre Daseinsberechtigung – im Stadtverkehr oder für kurze Verbindungsetappen Überland. Doch sie allein werden das Auto nicht retten. Der Verbrennungsmotor wird auch in zehn Jahren noch die Mehrzahl bewegen. Der Altbestand sollte dann aber mit den neu entwickelten Kraftstoffen tanken.

Die wären aktuell noch teuer. Ein Liter E-Fuels kostet um die 4,50 Euro in der Herstellung, schreibt der ADAC. Doch wenn man Kräfte bündelt, kann der Preis schnell fallen. Die Schifffahrt, die statt Schweröl auf synthetische Kraftstoffe umschwenken könnte, und die Luftfahrtindustrie, die das Kerosin ersetzen könnte, stehen vor der gleichen Problematik. Lufthansa-Chef Carsten Spohr rechnete im Spiegel vor, dass ein Inlandsflug mit E-Fuels um 40 Euro teurer werde. Und ein Langstreckenflug pro Ticket um etwa 400 Euro.

Warum verbündet man sich nicht? Die Formel 1 mit der Luftfahrt, um aufs Gaspedal der Dekarbonisierung zu drücken? Die Formel 1 mit dem Ziel, tatsächlich serienrelevant zu sein, indem sie beim Aufbau von Industrieanlagen unterstützt, von denen sie ihr CO2 neutrales Benzin gewinnt und gleichzeitig für Straßenautos produziert. Sie sollte dafür sorgen, dass E-Fuels massentauglich werden. Dann würde keiner in Zukunft nach ihrer Sinnhaftigkeit fragen. Es ließen sich auch problemlos Synergien mit anderen Rennserien schaffen, dem Langstreckensport zum Beispiel. Mit Serien, die ohnehin schon unter dem FIA-Dach sind, und auch welchen außerhalb.

Max Verstappen - Red Bull - GP Abu Dhabi 2020
Wilhelm
Mit Fahrern wie Verstappen, Leclerc, Russell und Norris hat die Formel 1 eine goldene Generation. Synthetische Kraftstoffe würden die Ampel für die Zukunft auf grün stellen.

Goldene Fahrergeneration

Ansonsten sind die Zutaten vorhanden für eine goldene Zukunft. Das Fahrerfeld verspricht grandiosen Wettbewerb in den nächsten zehn bis 15 Jahren. Max Verstappen, Charles Leclerc, George Russell, Lando Norris, Pierre Gasly – alles junge Fahrer mit Potenzial, die Weltmeister der Zukunft zu sein. Und alle sind in ihrem Charakter grundverschieden, was zu Geschichten führt, und einem Sport, den man noch besser vermarkten kann.

Die Liste lässt sich beliebig erweitern. Mit Esteban Ocon, der im ersten Jahr seiner Rückkehr noch eingerostet war. Mit Carlos Sainz, von dem wir bald wissen werden, wie gut er tatsächlich ist. Auch gestandene Rennfahrer wie Daniel Ricciardo und Sergio Perez haben noch viele gute Jahre vor sich. Sie alle jagen Lewis Hamilton, der mit 36 Jahren noch zwei, drei Saisons auf höchstem Niveau bestreiten kann.

Sie sehen: Um die Fahrer braucht sich die Formel 1 nicht zu sorgen. Mit den neuen Regeln ist sie auf dem richtigen Weg. Der Budgetdeckel, der ab diesem Jahr greift und in den nächsten Jahren weiter fällt, gibt den kleinen Teams eine Hoffnung, die Großen zu ärgern. Das Feld wird näher zusammenrücken. Nicht unbedingt schon 2021. Für die neuen Autos, die zu 60 Prozent aus den alten gebaut werden wegen der Homologationsvorschriften, konnten die großen Teams noch ihre hohen Budgets aufwenden.

Doch mit den Jahren sollte es zu einer echten Annäherung kommen. Machen wir uns nichts vor: Spitzenteams werden Spitzenteams bleiben. Das ist auch gut so. Doch der Budgetdeckel räumt ehemaligen Spitzenmannschaften wie McLaren und Renault (ab 2021 als Alpine unterwegs) die Möglichkeit ein, zu den Monstern aufzuschließen, zu denen Mercedes, Red Bull und Ferrari in den letzten zwei Jahrzehnten gewachsen sind. Weil sie keine Monster mit 800 bis 1.000 Mitarbeitern in der Chassisabteilung mehr sein dürfen.

Qualität und Effizienz werden sich durchsetzen. Nicht mehr nur die, die das meiste Geld haben. Fehler der Großen werden härter bestraft werden. Und es dann zwangsläufig mehr Grand Prix der Sorte Italien und Sakhir geben. Sprich mehr Überraschungssieger, ohne dabei künstliche Werkzeuge wie eine umgedrehte Startreihenfolge zu brauchen.

Formel 1 2022
FOM/FIA
Mit den Autos ab 2022 sollte das Überholen einfacher werden.

Neue Autos, bessere Show

Die neuen Autos ab 2022 stellen die Uhren auf null. Der Ground Effect kehrt zurück, die Ingenieure müssen die bekannten Denkmuster beiseite schieben, um sich auf das neue Abenteuer einzulassen. Das kann zu Verschiebungen im Feld führen. Wenn die Autos das halten, was uns die Regelmacher versprechen, wird das Hinterherfahren deutlich einfacher und damit auch das Überholen. In einem zweiten Schritt könnte man dann in mittelfristiger Zukunft die künstlichen Überholwerkzeuge wie DRS abschaffen. Und das so ausufernde und komplizierte Regelwerk entschlacken. Das geht, wenn der Budgetdeckel richtig überwacht wird.

Wenn die Rennen besser werden, der Ausgang unberechenbarer wird, es öfter unterschiedliche Sieger gibt, steigt auch das Interesse. Das lockt Sponsoren. Mit dieser Aussicht und mit dem Budgetdeckel wird die Formel 1 tatsächlich ein Profitcenter für Teams. Bei einem Gewinn in der Jahresendabrechnung tut auch das Verlieren auf der Rennstrecke nicht mehr so weh, wie es das in den letzten Jahren tat.

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