Das Gedicht "Der Erlkönig" von Johann Wolfgang von Goethe zählt zu den Klassikern der deutschen Literatur. Das Wesen wird als übernatürliche und bedrohliche Gestalt interpretiert, die eine magische und tödliche Seite verkörpert.
Mit Blick auf den WM-Kampf in der Formel 1 steht im übertragenen Sinne Max Verstappen für den Erlkönig. Und das aus der Sicht von Oscar Piastri und Lando Norris. Die beiden McLaren-Fahrer belegen die Ränge eins und zwei der Fahrer-Tabelle. Aber der Niederländer bleibt mit 63 Zählern Rückstand auf Piastri in Schlagdistanz. Er hetzt seine Gegner. Auch die McLaren-Verantwortlichen Zak Brown und Andrea Stella werden nicht müde, Verstappen als Kontrahent den roten Teppich auszulegen. Die Angst vor dem Champion greift um sich.
Über das gesamte Jahr verteilt hatten die Papaya-Piloten mit dem MCL39 das beste Auto in ihren Händen. Den zweiten Konstrukteurs-Titel in Folge fixierte das Duo beim vergangenen Grand Prix in Singapur. Trotzdem hängen einige Wolken über dem Team aus Woking. Der Clash zwischen Norris und Piastri in Südostasien wirkt noch nach. Die Nebenkriegsschauplätze spielen Verstappen in die Karten. Er ist zur Stelle, wenn McLaren patzt.
Verstappen sieht noch Chancen
Der 28-Jährige wurde im Vorfeld des US-GP in Austin auf seine WM-Chancen angesprochen. "50:50. Entweder du gewinnst, oder du gewinnst nicht", antwortete der Niederländer lakonisch. Der Aufwärtstrend seines Red Bulls spielt ihm in die Karten: "Das Auto ist jetzt einfach ein bisschen ausgewogener. Es übersteuert nicht dramatisch und es untersteuert auch nicht dramatisch."
Kaum gibt man ihm das Material, um Siege einzufahren, setzt es der viermalige Weltmeister auf der Strecke um. Der RB21 ist in den Händen von Verstappen wieder ein Auto für den Titel, der vermutlich beste Fahrer des Feldes sieht im Vergleich zum McLaren aber noch Potenzial. "Im Allgemeinen sind sie immer noch ziemlich stark in den mittelschnellen Kurven. Das ist definitiv eine Stärke ihres Autos. Der Rest hängt ein bisschen vom Streckenlayout und den Bedingungen ab."

Max Verstappen beziffert seine WM-Chancen auf 50:50 vor dem US-GP.
Gelingt in Austin der nächste Sieg?
Mittelschnelle Kurven gibt es in Austin einige. Aber auch Highspeed-Ecken und langsame Kurven sowie lange Geraden gilt es zu meistern. Das dürfte dem Red Bull in die Karten spielen – und damit Verstappen. Um den immer noch großen Abstand zu reduzieren, braucht der Familienvater Siege und Big Points. Da in Austin mal wieder ein Sprint stattfindet, gibt es noch mehr Zähler einzusammeln.
Das weiß man auch bei McLaren. Eine kleine Spitze Richtung seiner WM-Rivalen konnte sich Verstappen in Austin aber nicht verkneifen. Angesprochen, ob er glaube, dass McLaren Norris gegenüber Piastri bevorzugen würde, antwortete Verstappen ironisch: "Absolut!"
Wie man Titel gewinnt und sich auch mental behauptet, weiß der amtierende Weltmeister. Das ist ein Vorteil gegenüber den noch unerfahreneren Piastri und Norris. Seine Fähigkeiten und seine kompromisslose Vorgehensweise haben Verstappen viel Respekt im Fahrerlager eingebracht. Auch bei den McLaren-Männern – zu deren Erlkönig er sich aufgeschwungen hat.












