Nach dem Verkauf der Formel-1-Rechte an Liberty Media im Jahr 2017 wurde die Marketing-Strategie der Königsklasse komplett auf links gedreht. Die neuen Bosse verwandelten den Grand-Prix-Zirkus in ein hochklassiges Entertainment-Produkt, das eigene Inhalte über alle Medienkanäle an die Fans verbreitete. Der Show- und Glamour-Faktor wurde gesteigert. Im Gegenzug trat das sportliche Geschehen etwas in den Hintergrund.
Künstlich aufgeheizte Dokuserien wie Drive to Survive, Boulevard-Geschichten auf den Social-Media-Kanälen und regelmäßige Gastauftritte von Hollywood-Stars an der Rennstrecke verfehlten ihre Wirkung nicht. Die Formel 1 wurde plötzlich für ein breites Publikum interessant, das zuvor noch keine Berührungspunkte mit Motorsport hatte. Die globale Reichweite stieg massiv nach oben. In den USA konnte man sogar einen regelrechten Boom erkennen.
Das Publikum wurde immer jünger und weiblicher, wodurch sich auch die Attraktivität der Formel 1 für die Werbepartner steigerte. Die größten Firmen der Welt stritten sich auf einmal um die besten Plätze für ihre Markenlogos auf den Rennautos und am Streckenrand. Der Serie und den zehn Teams gelang es dadurch, die Einnahmen massiv zu steigern. Das ganze Business profitierte von dem wirtschaftlichen Aufschwung. Plötzlich waren die Rennställe mehrere Milliarden wert.
Warnung der Traditionalisten
Im Hintergrund versuchten die Traditionalisten unter den Fans immer mal wieder zu warnen, dass die Show nicht vor den Sport gestellt wird. Doch solange der Laden brummte, blieben die Formel-1-Bosse ihrer Linie treu. Erst das Rennen in Singapur führte zu einer kleinen Zensur. Zum ersten Mal gab es nach dem Nacht-Grand-Prix einen größeren Aufschrei der Fans. In der Kritik stand die TV-Regie, die viele Überholmanöver und interessante Szenen verpasst hatte.
Es stand der Vorwurf im Raum, dass sich die Bildauswahl zu sehr auf die Stars konzentriert und das Geschehen im Mittelfeld vernachlässigt. Carlos Sainz äußerte zudem Kritik, dass zu oft von der Action auf der Strecke weggeschwenkt wird, um die Frauen und Freundinnen der Fahrer oder andere VIPs in den Garagen zu zeigen. Die Formel 1 dementierte zwar, dass die sportliche Seite zu kurz kommt, trotzdem gab es beim Rennen in Austin einen sichtbaren Kurswechsel.
Um den Kritikern keine Angriffsfläche zu bieten, wurden die Frauen der Rennfahrer gar nicht mehr gezeigt. Der Fokus lag komplett auf dem Renngeschehen, was danach zu viel Lob aus den Reihen der Hardcore-Fans führte. Die Frage lautete damals nur, ob es sich um ein einmaliges Experiment handelte, oder ob der neue Kurs weitergefahren wird. Der Grand Prix von Mexiko gab darauf eine deutliche Antwort.

Beim gelegentlichen Blick in die Garagen wurde nur David Bearman gezeigt, der mit seinem Sohn Ollie mitfieberte.
Keine Fahrer-Frauen mehr im Bild
Wer während des Rennens die Frauen der Fahrer oder andere Stars aus der Entertainment-Branche sehen wollte, kam gar nicht auf seine Kosten. Mit Reaktionen aus den Garagen wurde generell sehr spärlich umgegangen. Nur der Vater von Ollie Bearman, der bei der tollen Fahrt seines Sohnes bis auf Rang vier emotional mitfieberte, wurde von den Kameras eingefangen, was aber für alle Fans gut nachvollziehbar war.
Die TV-Regie schaffte es, die ganze Dramatik eines spannenden Rennens einzufangen. Vorne stand natürlich die Aufholjagd von Max Verstappen im Fokus. Dazu wurden aber auch immer wieder Wiederholungen von sehenswerten Manövern im Verfolgerfeld gezeigt. Wie schon in Austin hatten die Verantwortlichen bei der Bildauswahl allerdings etwas Pech beim Timing der Startwiederholungen.

Beim TV-Sender Sky wurde eine Onboard-Aufnahme der heiklen Lawson-Szene eingespielt. Im World Feed war davon gar nichts zu sehen.
Lawson-Szene wird zensiert
In Texas hatte Sainz den Mercedes von Antonelli abgeräumt, als gerade die Startphase aus allen Perspektiven gezeigt wurde. In Mexiko war der Einspieler gerade fertig, da setzte Max Verstappen zur Attacke auf Lewis Hamilton an, was eine chaotische Kettenreaktion über mehrere Kurven zur Folge hatte. Für den Zuschauer war es im ersten Moment nicht einfach zu erkennen, was da direkt nach den Startwiederholungen im Live-Bild passierte.
Etwas ärgerlich war auch, dass im sogenannten World-Feed nichts von der heiklen Szene um Liam Lawson zu sehen war, der in der Anfangsphase beinahe mit mehreren Streckenposten kollidiert war. Trotzdem gab es nach dem Rennen eher positives Feedback für die Regie in den sozialen Medien. Lobend wurde zum Beispiel erwähnt, dass die Bilder der emotionalen Fans auf den Tribünen nicht mehr ganz so inflationär eingespielt wurden, wie es in der Vergangenheit häufig der Fall war.












