Die Papaya-Regeln verfolgen McLaren auf Schritt und Tritt. In Baku war der erzwungene Platztausch zwischen Lando Norris und Oscar Piastri von Monza das Tagesthema im Fahrerlager. Vier Wochen später spricht in Austin alles über den Kontakt der McLaren-Fahrer beim Start zum GP Singapur und dass der Vorfall dort zunächst folgenlos blieb.
Wie von Teamchef Andrea Stella versprochen gab es nach dem 18. WM-Lauf ein ausführliches Gespräch mit den Fahrern, um die Position des Teams zu erklären und die Wogen zu glätten. Piastri fühlte sich in der Hitze des Gefechts benachteiligt, weil ihn Lando Norris mit seinem Ausweichmanöver gegen Max Verstappen auf die schmutzige Spur ausgangs Kurve 3 gedrängt hatte. So verlor der Australier seinen Platz an den Teamkollegen. Die drei Punkte, die das Manöver gekostet hat, können in der Endabrechnung entscheidend sein.
Piastri forderte daraufhin einen Platztausch und musste enttäuscht feststellen, dass McLaren ähnlich wie die Sportkommissare keinen Grund sahen einzugreifen. Stella entschuldigte sich damals damit, dass auf die Schnelle nicht genug Beweise vorlagen, einen Platztausch zu rechtfertigen.
Piastri sieht sich bestätigt
Zehn Tage später hatten beide McLaren-Fahrer sichtlich Mühe, die Fragen zu der Aufarbeitung des Vorfalls zu beantworten, ohne allzu viel darüber preiszugeben, was in dem Meeting tatsächlich gesprochen wurde. Piastri nannte es ein gründliches Gespräch darüber, wie man in Zukunft Rennen fahren wolle. "Solche Kontakte in der ersten Runde sollten nicht vorkommen."
Der WM-Spitzenreiter sah sich in seiner Kritik in der Hitze des Gefechts bestätigt: "Lando hat die Verantwortung übernommen. Es war keine Absicht, aber doch eine Fehleinschätzung. Wir haben auch besprochen, wie wir das in Zukunft handhaben wollen. Es wird Konsequenzen geben." Welche das sind, wollte Piastri nicht preisgeben: "Fragt das Team. Ich werde nichts dazu sagen."
Auch Lando Norris wollte keine Klarheit schaffen. "Eigentlich will ich den Kontakt mit meinem Teamkollegen vermeiden. Und ich hätte mir gewünscht, wenn wir hier in Austin nicht darüber hätten sprechen müssen. Andrea versucht die Atmosphäre im Team und die Moral hochzuhalten, aber wenn zwei Fahrer so um den Titel kämpfen, ist das natürlich schwierig." Am Ende sagten beide Fahrer: "Es wird nichts daran ändern, wie wir Rennen fahren."

Oscar Piastri motzte in Singapur über die Aktion seines Teamkollegen Lando Norris. In Austin war er wieder besänftigt.
Ohne Monza kein Singapur-Ärger
Doch was sind die Konsequenzen, und was passiert, wenn exakt der gleiche Fall noch einmal eintritt? Auch McLaren wollte sich dazu nicht äußern. Die Papaya-Regeln seien klar und müssten nicht geändert werden. Kollisionen sind und bleiben ein No-go. Die Folgen für Norris bleiben ein Betriebsgeheimnis.
Bei einer Wiederholung einer solchen Szene wird es davon abhängen, wie klar die Beweise sind. Wenn es wieder zwei Blickwinkel gibt wie in Singapur, wird McLaren wahrscheinlich wieder nicht eingreifen, um zu vermeiden, dass man einem seiner Fahrer vorschnell die Schuld gibt. Ist der Fall klarer, werden die Plätze getauscht. Auch das ist nichts Neues.
Man merkt schon an den vielen Unsicherheiten, wie groß das Dilemma ist, in dem McLaren steckt. Piastri hätte vermutlich aus der Singapur-Nummer keine große Szene gemacht, wenn es den Platztausch in Monza nie gegeben hätte. So aber war der Australier negativ aufgeladen. Da reichte ein kleiner Anlass, zu glauben, Norris könnte bevorzugt werden.
Max Verstappen hat solche Probleme nicht. Er will sich über den Fall nicht äußern, weil er weiß, dass McLarens Zwickmühle ihm auch so in die Karten spielt. Der WM-Gegner wird beim Thema Fairness immer öfter und aus immer geringeren Anlässen in Entscheidungsnot geraten, was am Ende einem oder beiden Fahrern Punkte wegnimmt.
Indirekt hat der Weltmeister die Situation den McLaren-Piloten sogar eingebrockt. Sie kamen sich in die Quere, weil Verstappen plötzlich langsam fuhr. Nicht wenige sahen darin ein Revanchefoul an Norris für die angebliche Behinderung in der Qualifikation.












