Porsche Erlkönige der 70er: Mit Audi und Opel auf geheimer Testfahrt

Porsche Prototypen der 70er
Unter diesen Coupés steckt Porsche-Technik

ArtikeldatumVeröffentlicht am 14.12.2025
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Was tut ein Autohersteller, wenn er neue Technik testen möchte, aber das neue Design noch geheim bleiben soll? Heute simulieren Computerprogramme Belastungen und Crashs, laufen Aggregate auf Prüfständen, reißen Erlkönige Kilometer auf abgeschirmten Testgeländen ab. Eine Möglichkeit, neue Technik diskret im realen Straßenverkehr zu erproben, sind sogenannte Mules. Das englische Wort heißt auf Deutsch Maultier. Genau wie ein Maultier Gepäck schleppt, trägt ein automobiler Mule Technik. Der zweite Vorteil eines Mules: Während die Ingenieure die Technik auf der Straße erproben, kann parallel im Designstudio die neue Karosserie entstehen.

Meist landen diese Mules nach getaner Arbeit ganz unromantisch in der Schrottpresse, ohne dass die Nachwelt Notiz davon nimmt. Manche Mules bleiben jedoch im Gedächtnis, vielleicht auch, weil jemand im richtigen Moment ein Foto gemacht hat. Solche Fotos belegen: Porsche hat in den 70er-Jahren Mules genutzt, um die Technik der neuen Transaxle-Baureihen 924 und 928 zu testen.

924 und Manta: 2 Zoll und 3 cm Unterschied

Der Sportwagenhersteller kaufte drei Opel Manta , riss die Technik raus und installierte den Antriebsstrang des 924. Wer die Prototypen sieht, ahnt, dass die Abmessungen ziemlich gut gepasst haben müssen; die Tarnung fällt auch auf den zweiten Blick kaum auf. Lediglich die Räder wirken nicht gerade wie die eines serienmäßigen Opel Manta: Der Mule rollt auf 15-Zoll-Rädern, nicht auf den originalen 13-Zöllern. Praktisch ist, dass der Radstand des Manta nur drei Zentimeter länger ist als der des 924.

125 Porsche-PS unter der Manta-Haube

Alle anderen Maße unterscheiden sich deutlich stärker: Der Manta A ist 13 Zentimeter länger, sechs Zentimeter schmaler und neun Zentimeter höher als das Porsche-Coupé, hat also ganz andere Proportionen. Der Antrieb ist viel stärker: Der Opel-Vierzylinder leistet aus 1,9 Liter Hubraum 90 PS, während Porsche aus einem Zweiliter-Vierzylinder 125 PS holt. Mit dieser Leistung dürfte der Porsche-Mule zu den schnellsten Manta auf den Straßen gehört haben – abgesehen von Rallye-Modellen natürlich. Den längs eingebauten Zweiliter-Vierzylinder erprobte Porsche übrigens auch in einem gebraucht gekauften BMW 2002. Dieser sah bis auf eine leichte Tieferlegung und Fünfstern-ATS-Räder recht serienmäßig aus. Ursprünglich war "EA 425" ein Entwicklungsauftrag des Volkswagen-Konzerns an Porsche. Nachdem VW das Interesse verlor, übernahm Porsche das Projekt und entwickelte daraus einen Einstiegs-Sportwagen – der 924 wurde ein Bestseller und rettete die Marke in die 80er-Jahre.

11 cm breiter: Audi Coupé mit 928-Technik

Zu radikaleren Mitteln griffen die Porsche-Techniker bei der Erprobung des 928: Drei Audi 100 S Coupés bekamen eine verlängerte und um elf Zentimeter breitere Karosserie, damit Antrieb und Fahrwerk des Achtzylinder-Sportwagens drunterpassten. Der 4,5-V8 verdoppelte die Leistung der Ausgangsbasis: Aus serienmäßigen 112 PS aus einem Vierzylinder wurden 240 PS. Größere Räder unter breiteren Radläufen und das nach hinten links schräg herausragende Endrohr dürften manche Betrachter ebenso vor Rätsel gestellt haben wie die Fahrleistungen und der Klang.

Mit diesem Prototypen erprobte Porsche die neue Technik des Achtzylinder-Transaxle-Sportwagens 1973 bei Testfahrten in Nordafrika und Südfrankreich. In einem früheren Stadium hatte Porsche den 4,5-Liter-V8 und die Vorderachse in einem umgebauten Mercedes SL erprobt. Die neue Weissach-Achse ("Winkel einstellende selbst stabilisierende Ausgleichs-Charakteristik" ) hatten die Techniker zu Testzwecken in einem Opel Admiral eingebaut. Einer der 928-Prototypen im Audi-Coupé-Look ist laut Road & Track 2011 bei einem Lagerhausbrand in der Nähe von Hamburg zerstört worden.

Fazit