Bedienkonzept: Auch Mercedes kehrt zu Knöpfen und Tasten zurück

Neues Bedienkonzept bei Mercedes
Auch Mercedes kehrt zu Knöpfen und Tasten zurück

ArtikeldatumVeröffentlicht am 19.09.2025
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Jahrelang galt für die Autoindustrie bei der Cockpit-Gestaltung: möglichst wenige Tasten, Schalter und Knöpfe! Diese physischen Bedienelemente galten als altbacken und kompliziert, irgendwie unsexy. Während sie nach und nach verschwanden, wurden immer größer dimensionierte Touchscreens eingebaut. Oft auf Basis des Arguments, die Kundschaft kenne deren Bedienlogik von den eigenen Smartphones. Das nahm teils Exzesse an wie bei Tesla, wo das aktuelle Model 3 sogar auf Blinkerhebel verzichtet und die Fahrtrichtung nach Aktivierung einer berührungsempfindlichen Fläche am Lenkrad angezeigt wird. Und VW hatte in seinen Innenräumen irgendwann fast komplett auf sogenannte "Touch-Slider" umgestellt.

Mercedes beteiligt sich an der Konterrevolution

Auch Mercedes verwendete immer öfter derartige kapazitive Schalterfelder. Und sah sich ähnlich wie die Kollegen in Wolfsburg einer fortwährenden Kritik an diesem Bedienkonzept ausgesetzt. Also hängen sich die Schwaben nun an jene Konterrevolution an, die im vergangenen Jahr von VW ins Rollen gebracht wurde. Seit dem Golf-Facelift im Sommer 2024 kehren Tasten, Schalter und Knöpfe zurück in die Innenräume der Volkswagen-Modelle. Ähnliches passiert bald bei Mercedes.

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Das kündigt Magnus Östberg, der Software-Chef des schwäbischen Autokonzerns, im Gespräch mit dem britischen Magazin "Autocar" an. Die Entscheidung, wieder verstärkt auf physische Bedienelemente zu setzen, sei demnach nicht nur aus Design-Gründen erfolgt und auf Kundenkritik zurückzuführen. "Die Daten zeigen, dass physische Knöpfe besser sind", ergänzt Östberg, insbesondere für "bestimmte Alters- und Bevölkerungsgruppen". Deshalb sei es Mercedes wichtig, "ein Gleichgewicht zwischen physischen Tasten und Touchscreens zu finden".

Premiere im GLC und CLA Shooting Brake

Diese Daten seien über die Software bereits in Kundenhand befindlicher Mercedes-Modelle gewonnen worden, so Östberg. Allerdings wurden die Schwächen von kapazitiven Schalterfeldern und Touchscreen-Bedienung ebenso klar von professionellen Autotestern, von der Kundschaft und nicht zuletzt von Verbraucherschutz-Organisationen wie dem ADAC kritisiert – nicht nur bei VW, auch bei Mercedes. Gerade in Bezug auf Touchscreens setzte sich die Erkenntnis durch, dass sich diese zwar gut bedienen lassen, wenn man sich darauf fokussieren kann – wie bei der Nutzung eines Smartphones. Wenn man gleichzeitig ein Auto steuert und sich vor allem auf den Verkehr konzentriert, zeigt das Bedienkonzept jedoch immer wieder Schwächen.

Inzwischen steht zudem fest, mit welchen Modellen Mercedes den Umkehrschwung einleitet: mit dem neuen, kürzlich auf der Münchner IAA präsentierten GLC (siehe Fotoshow über dem Artikel), und der kurz darauf folgenden Shooting-Brake-Version des neuen CLA. Laut "Autocar" werde ein neues Lenkrad mit physischen Bedienelementen in der Folge zum Standard bei Mercedes. Und zwar nicht nur für künftige Modelle, denn es soll auch in alle bereits existierenden Baureihen eingebaut werden – beginnend noch in diesem Jahr mit der kürzlich vorgestellten CLA Limousine. Dies sei laut Östberg die einfachste und kostengünstigste Möglichkeit, bereits im Verkauf befindliche Fahrzeuge mit physischen Bedienelementen auszustatten und gleichzeitig die digital orientierten Innenräume von Mercedes beizubehalten.

Tasten, Schalter, Hyperscreen

Die neue Mercedes-Haltung kommt durchaus überraschend, schließlich rühmt sich der Hersteller dafür, in den GLC mit dem optionalen, fast einen Meter breiten MBUX-Hyperscreen den größten Bildschirm seiner Firmengeschichte in ein Auto einzubauen. Gleichzeitig umfasst das überarbeitete Bedienkonzept klassische Bedienelemente, die sich vorrangig am neuen Lenkrad befinden. Das weist zwar weiterhin kapazitive Schalterfelder auf, doch die bieten nun haptische Fühlhilfen zur besseren Orientierung und kontrollieren für eine optimierte Übersicht weniger Funktionen als zuvor. Zudem gibt es auf dem Volant rechts wieder eine Walze für die Lautstärkeregelung sowie links einen Wippschalter für die Geschwindigkeitslimitierung und den Distronic-Tempomat.

Richtige Tasten und Drückschalter finden sich aber auch an anderen Stellen im GLC-Cockpit. Zum Beispiel auf dem Zierteil, das die Mittelkonsole mit dem Instrumententräger verbindet. Am hinteren Rand der induktiven Smartphone-Ladeschale sitzt eine Querleiste mit mehreren Tasten für wichtige Funktionen, in deren Zentrum sich der Warnblinker befindet. Die Fensterheber, Spiegelverstellung, Ver- und Entriegelung der Türen sowie die Sitzverstellung sind ebenfalls dort untergebracht, wo man sie in einem Mercedes erwartet – und nicht in den Tiefen des Touchscreen-Menüs wie beispielsweise bei Tesla.

Verschiedene Lenkräder für unterschiedliche Märkte

Das bedeutet aber nicht, dass der neue Mercedes GLC oder andere künftige Modelle der Marke auf jedem Markt über dasselbe Bedienkonzept verfügen müssen. Während beispielsweise Europäer Knöpfe bevorzugen, kommendieren asiatische Fahrerinnen und Fahrer ihre Autos eher per Touchscreen und Sprachsteuerung. Hier könnten also andere Lenkräder zum Einsatz kommen, die weiter auf berührungsempfindliche Schaltflächen setzen. Obendrein könnten weitere physische Bedienelemente zurückkehren. Allerdings vorrangig in SUV-Modellen, da "wir in größeren Autos mehr Freiheit bei der Gestaltung haben" und die Käufer dieser Autos "mehr Wert auf Knöpfe legen".

Fazit