Der Gebrauchtwagenmarkt in Deutschland zeigt im November eine deutliche Divergenz zwischen Elektrofahrzeugen und klassischen Verbrennern, was sich primär in der Preisentwicklung und der Kauflust der Verbraucher widerspiegelt. Laut dem AutoScout24 Gebrauchtwagen-Preis-Index (AGPI) verbilligten sich gebrauchte E-Autos im November um 0,6 Prozent gegenüber dem Vormonat und notierten bei einem Durchschnittspreis von 34.009 Euro. Im Jahresverlauf haben die Stromer damit 2,6 Prozent an Wert verloren, ausgehend von einem Durchschnittspreis von 34.910 Euro im Januar dieses Jahres.
Diese Preisentwicklung steht im Kontrast zu anderen Antriebsarten: Das gesamte Preisplus auf dem Gebrauchtwagenmarkt im November ging primär auf das Konto der Benziner. Deren Durchschnittspreis stieg um 0,7 Prozent auf 25.146 Euro. Während Hybride mit 38.219 Euro preislich nahezu stabil blieben (minus 0,1 Prozent), mussten Diesel mit 28.126 Euro einen leichten Rückgang von 0,2 Prozent hinnehmen.
Die preisliche Attraktivität der gebrauchten E-Autos geht einher mit einer Verschiebung im Verhältnis von Angebot und Nachfrage: Die Händler stellten im November 7,4 Prozent mehr gebrauchte Stromer in die digitalen Showrooms ein. Gleichzeitig sank die Resonanz (die Nachfrage) bei E-Autos um 9 Prozent. Zum Vergleich: Benziner verzeichneten 5,2 Prozent weniger Klicks, und das Gesamtangebot an Gebrauchtwagen sank leicht um 0,6 Prozent.
Batterie-Angst als größtes Hemmnis
Die anhaltende Zurückhaltung der Käufer bei gebrauchten E-Fahrzeugen wird durch eine aktuelle DEKRA/Ipsos-Studie untermauert: 64 Prozent der Gebrauchtwagenkäufer in Deutschland können sich ein gebrauchtes reines Elektroauto eher nicht oder überhaupt nicht vorstellen. Dieser Wert liegt noch höher als bei der Vorgängerbefragung 2023 (59 Prozent). Nur 19 Prozent würden sich "auf jeden Fall oder sehr wahrscheinlich" für einen gebrauchten Stromer entscheiden.
Die größten Sorgen der Befragten betreffen den Zustand der Batterie (43 Prozent) und die Reichweite (41 Prozent). Hinzu kommen Bedenken bezüglich der unklaren Restwerte (24 Prozent) und fehlender Lademöglichkeiten (27 Prozent). Angesichts der steigenden Neuzulassungen von E-Fahrzeugen betont DEKRA-Geschäftsführer Jann Fehlauer, dass ein funktionierender Gebrauchtwagenmarkt immer wichtiger wird. Er stellt fest, dass der Handel Überzeugungsarbeit leisten müsse, um das Vertrauen der Kunden in die Qualität der gebrauchten Fahrzeuge, insbesondere den Zustand der Batterie, zu stärken.
Ist die Sorge begründet?
Die Bedenken hinsichtlich der Lebensdauer und Leistungsfähigkeit der Akkus werden jedoch durch umfangreiche technische Analysen, wie sie unter anderem in unserem Artikel zur Langlebigkeit von EV-Akkus erläutert werden, fachlich relativiert. Eine Auswertung der Stuttgarter Technologie-Beratungsfirma P3, basierend auf über 7.000 analysierten Elektroautos, zeigte, dass Batterien deutlich länger halten als vermutet. Sie bleiben auch jenseits von 300.000 Kilometern "gesund".
Der Gesundheitszustand der Batterie, als State of Health (SoH) bezeichnet, gibt an, wie viel Prozent der vollen Kapazität noch genutzt werden kann. Automobilhersteller versichern ihren Kunden in der Regel eine Garantie, dass der SoH über einen Zeitraum von acht Jahren oder 160.000 km nicht unter 80 Prozent fällt; manche sichern ihre Batterien mittlerweile sogar bis zu zehn Jahre und 250.000 Kilometer ab.
Die Ergebnisse der P3-Analyse zeigen, dass selbst E-Autos mit 200.000 oder 300.000 Kilometern im Durchschnitt noch über 87 Prozent SoH verfügen. Wissenschaftler des SLAC-Stanford Battery Center kommen zu ähnlichen Erkenntnissen und ermittelten eine durchschnittliche Lebensdauer von 313.000 Kilometern oder 14 durchschnittlichen Jahren, bevor die Leistung signifikant nachlässt. Sie gehen davon aus, dass Batterien im realen Betrieb bis zu 38 Prozent länger halten als bisherige Labortests vermuten ließen.

Speziell bei hochwertigen E-Autos, die schon seit einigen Jahren auf dem Markt sind, finden sich durchaus Verkaufsinserate mit hohen Laufleistungen. Nach aktuellem Kenntnisstand muss das kein Problem darstellen.
Ein wichtiger Befund der Untersuchung ist, dass der Kapazitätsverlust der Batterie nicht linear verläuft. Der größte chemische Prozess, der den SoH auf etwa 95 Prozent sinken lässt, findet innerhalb der ersten 30.000 Kilometer statt. Danach verlangsamt sich der Alterungsprozess deutlich. Nach etwa 100.000 Kilometern verfügen Elektroautos im Schnitt noch über gut 90 Prozent ihrer Kapazität, ein Wert, der sich danach kaum noch verschlechtert.
Dennoch können individuelle Nutzungsgewohnheiten den Verschleiß beeinflussen: Stressfaktoren für die Batteriezellen sind unter anderem hohe oder niedrige Temperaturen, ständig hohe Ladeleistungen oder lange Standzeiten mit 100 Prozent Ladezustand (SoC).
Um die bestehenden Vorbehalte wirksam zu bekämpfen und das Vertrauen der Kunden in den Gebrauchtmarkt zu erhöhen, sind laut Experten Transparenz und Qualitätssicherung entscheidend. Der Handel sollte den technischen Zustand der Batterie mit unabhängigen Prüfberichten dokumentieren und Garantien anbieten, um das Risiko für Käufer zu senken. Obwohl unabhängige Tests des Batteriezustands nur von 12 Prozent der Befragten als besonders hilfreich angesehen werden, ist dies ein klarer Hinweis darauf, dass noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden muss, bis der Gebrauchtwagenmarkt für Elektrofahrzeuge wirklich in Gang kommt.
In der Bildergalerie zeigen wir die Ergebnisse eine ADAC-Untersuchung über den SoH von EV-Akkus.












