Die Beteiligungsgesellschaft Porsche SE ist längst an der Börse – jetzt überlegt der VW-Konzern auch mit Aktien der Porsche AG Geld zu machen.
Die Beteiligungsgesellschaft Porsche SE ist längst an der Börse – jetzt überlegt der VW-Konzern auch mit Aktien der Porsche AG Geld zu machen.
Der Volkwagen-Konzern kann frisches Geld gebrauchen, schließlich sind für die Umstellung auf die Entwicklung und Produktion von Elektroautos Milliarden-Investitionen nötig – und die Folgen des Abgasskandals haben die Wolfsburger bereits Milliarden gekostet. Deshalb überlegt man laut Insidern im VW-Konzern, Porsche-AG-Aktien zu verkaufen – allerdings werde man davon höchstens 25 Prozent freigeben. Diese 25 Prozent könnten 20 bis 25 Milliarden Euro wert sein.
Die Porsche AG, über deren Börsennotierung VW diskutiert, ist nicht zu verwechseln mit der Volkswagen-Dachgesellschaft Porsche SE (vollständig: Porsche Automobil Holding SE), die bereits seit Jahren börsennotiert ist. Sie ging durch Auslagerung des Produktions-Geschäfts am 13. November 2007 mit dem Ziel aus der Porsche AG hervor, VW zu übernehmen. Dieses Vorhaben scheiterte 2009 aufgrund von Finanzierungs-Schwierigkeiten. Im Gegenzug kaufte am 7. Dezember 2009 Volkswagen von der Porsche SE 49,9 Prozent der Anteile an der Porsche AG für 3,9 Milliarden Euro – am 1. August 2012 schluckte VW dann die Porsche AG gegen eine Zahlung in Höhe von 4,49 Milliarden Euro komplett.
Die Porsche SE hält wiederum 53,3 Prozent der Stammaktien an VW, was einem Anteil am gezeichneten Kapital in Höhe von 31,4 Prozent entspricht – damit ist der Konzern der größte VW-Einzelaktionär. Außerdem fließt der Porsche SE damit jährlich über die Hälfte der Dividende aus der VW-Stammaktie zu. Die Stammaktien gehören aktuell zu 100 Prozent den Familien Piëch und Porsche. Interessenten können an der Börse ausschließlich die stimmrechtslosen Porsche-SE-Vorzugsaktien erwerben, deren Dividende aber ein paar Cent höher ist als die der Stammaktien (für das Geschäftsjahr 2019: 4,80 zu 4,86 Euro).
Weitere Fahrzeugmarken der Porsche SE sind Audi, Bentley, Bugatti, Ducati, Lamborghini, MAN, Porsche, Scania, Seat, Skoda und Volkswagen Nutzfahrzeuge.
Auf die Aktie der Porsche AG hatten Investoren bisher keinen Zugriff – trotz hoher Begehrlichkeiten. Der Begriff "Aktiengesellschaft" bedeutet nämlich nicht zwangsläufig, dass die Papiere dieser Firma an der Börse gehandelt werden. Gehören alle Firmenanteile einem Mehrheitsgesellschafter, im Falle der Porsche AG ist dies eben die Volkswagen AG, deren Mehrheitsgesellschafter wiederum die Porsche SE ist, ergäbe eine Börsennotierung nur bedingt Sinn.
Die jetzt als Gerücht zur Öffentlichkeit durchgesickerten Börsenpläne der Porsche AG hatten umgehend den Kurs der VW-Vorzugsaktie kurzzeitig um 5,3 Prozent beflügelt. Stefan Bratzel, Chef des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach, geht davon aus, dass eine Erhöhung des Börsenkurses ebenfalls zu den Gründen für VWs Gedankenspiele hinsichtlich eines Börsengangs der Porsche AG zählt. Nicht nur VW-Boss Herbert Diess selbst wünscht sich einen höheren Börsenwert seines Unternehmens – viele Wirtschaftsfachleute teilen diese Meinung.
Schließlich hat der kalifornische Elektroautohersteller Tesla aktuell einen Börsenwert in Höhe von rund 650 Milliarden Euro. Dagegen dümpelt VW bei 90 Milliarden Euro vor sich hin. Dabei bildet ein Börsenkurs nicht unbedingt den wirtschaftlichen Grundlagen einer Firma ab, sondern wird auch von Erwartungen und Gerüchten getrieben. Und die sind offensichtlich bei einem als Tech-Konzern wahrgenommenen Hersteller wie Tesla aktuell erheblich höher als bei einem klassischen Autobauer wie VW. Nicht ohne Grund macht Diess in Sachen Digitalisierung bei VW immens Druck.
Wäre ein Teil der Porsche-AG-Aktien an der Börse verfügbar, erkennen auch die potenziellen Investoren den Wert des Gesamtkonzerns besser, betont Bratzel. Schließlich habe die Börse auch die kürzlich angekündigte Abspaltung der Daimler-Nutzfahrzeugsparte vom Pkw-Hersteller mit Kursgewinnen belohnt. Nach Börsenlogik sind hier die einzelnen Unternehmensteile mehr wert als das gesamte Unternehmen.
Auch Stefan Bratzel ist davon überzeugt, dass die Porsche SE und damit die Familien Piëch und Porsche auf gar keinen Fall die Kontrolle über die Porsche AG aufgeben werden. Aus diesem Grunde rechnet auch er damit, dass höchstens 25 Prozent der Porsche-AG-Anteile auf den freien Markt gelangen.
Der für eine Notierungsaufnahme nötige Börsengang (IPO: initial public offering) wird aber laut den VW-Insidergerüchten nicht mehr im Jahr 2021 stattfinden.
Jahrelang kamen interessierte Investoren nicht an die Aktien der Porsche AG heran – der hoch angesehene Autobauer hängt derart im Porsche-SE-Firmengeflecht fest, dass die Volkswagen AG zu 100 Prozent der Eigentümer ist, was die Familien Familien Piëch und Porsche zu mittelbaren Mehrheitseigentümern der Porsche AG macht. Und die Familien werden die Kontrolle über eines der Goldstücke der Porsche SE behalten – aber sie scheinen bereit zu sein, mit der Porsche AG auch an der Börse Geld zu verdienen.
Einen Erlös in Höhe von bis zu 25 Milliarden Euro erwarten Analysten, sollten tatsächlich 25 Prozent der begehrten Porsche-AG-Papiere frei an der Börse verfügbar sein. Damit würde VW-Chef Herbert Diess zwei seiner Ziele ein Stück näher kommen: Zum einen braucht er enorme Summen Geld für den Umbau von VW zu einem Tech-Konzern. Zum anderen sollen Investoren den Wert von VW klarer erkennen und durch Investitionen in Aktien den Börsenwert nach oben treiben – schließlich ist in dieser Disziplin Tesla um hunderte von Milliarden Euro voraus.
Allein das Durchsickern der Gerüchte zu einem möglichen Börsengang der Porsche-AG hat der VW-Aktie Auftrieb verliehen – die Porsche-AG-Papiere könnten also bei einer Notierungsaufnahme tatsächlich heiß begehrt sein.