Der Igel ist schuld daran, dass die Elektromobilität den Verbrenner überholt. Zumindest der österreichische. Denn der CLA Hybrid, um den es hier im Fahrbericht geht, wird auf den Autobahnen im Nachbarland eingebremst. Wegen der IG-L-Regelung ("Immissionsschutzgesetz Luft") darf das EQ-Modell hier 130 km/h schnell stromern, während sich der Mildhybrid an 100 km/h Tempolimit abarbeiten muss. Gut immerhin für den Verbrauch, der sich beim CLA 220 4Matic bei 5,8 l/100 km nach WLTP einpendeln und so über 800 km mit einer Tankfüllung erlauben soll.
Die Rückkehr von Walze und Wippe
Doch wir sind nicht für einen Reichweitentest gekommen, also runter von der Autobahn und rauf auf den Berg, genauer: das Timmelsjoch. Während draußen die Temperatur ins Minus rutscht und flockiger Neuschnee Tirol frisch bezuckert, findet sich der Fahrer drinnen sofort zurecht. Die Sitzposition ist wegen der gleichen MMA-Basis wie bei der E-Limousine leicht erhaben. Das Raumangebot bleibt im Fond etwas eingeschränkt und der Kofferraum wenig variabel. Erfreulich ist die Rückkehr von Wippe und Walze auf den oberen Lenkradstegen; hier gibt es bei den ersten E-CLA noch die ungeliebten Touchflächen.
Die Sitze passen sich mit Verstelltasten in den Türtafeln dem eigenen Geschmack an. Für die Lordoseneinstellung oder Massageprogramme muss man jedoch in den Touchscreen abtauchen. Dabei könnte auch der Beifahrer dank des eigenen Displays vor der Nase weiterhelfen. Zwar lassen sich mit der Sprachbedienung viele Funktionen bedienen, jedoch längst nicht alle. Immerhin: Die meisten Touchflächen im Infotainmentsystem sind gut erreichbar. Warum jedoch das Deaktivierungsfeld der Geschwindigkeitswarnung nur fingerkuppengroß geriet, verstehen wir bis heute nicht. Und auch, dass nur die jeweils letzten benutzten Unterfunktionen direkt auf dem Homescreen auftauchen, nervt.
Unnötige E-Auto-Funktionen im Verbrenner
Mehr Differenzierung wünscht man sich auch im Digital-Cockpit, das wenig variabel prägnant die Reichweite orakelt und die Tankanzeige in Prozent darstellt. Und das Navi, das mit Google-Maps-Daten zeitweise die Orientierung im Ötztal verliert, gefällt sich darin, die umliegenden Ladestationen anzuzeigen. Immerhin läuft man keine Gefahr, sich zu verfahren, denn der Weg wird einem direkt in die Frontscheibe projiziert und noch mal mit Augmented Reality im großen Mittelbildschirm dargestellt. Wer will, kann die Navigation auch noch auf das digitale Instrument legen lassen.
Ja, man bekommt schnell das Gefühl, der Hybrid stand bei der CLA-Entwicklung nicht im Fokus.
China-Motor und Tripelkupplungsgetriebe
Das gilt umso mehr für dessen Mildhybridantriebsstrang, den Mercedes in drei Leistungsstufen von 136 bis 190 PS anbietet. Wir sitzen im stärksten, dem 220 4Matic, mit 300 Nm starkem Frontmotor samt Hang-on-Allradantrieb. Der von Mercedes entwickelte und von Geely gebaute M 252, ein 1,5-Liter-Benziner mit Turboaufladung, säuselt meist dezent, wird beim Anfahren und Rangieren elektrisch von einem ins Achtganggetriebe integrierten E-Motor unterstützt.

Statt Frunk unter der Haube werkelt vorn der von Benz entwickelte 1,5-l-Benziner (M 252), den Geely baut.
Das Tripelkupplungsgetriebe (TKG) arbeitet gleich mit drei Kupplungen und ist teilweise hörbar der Knackpunkt im System. Denn beim Druck aufs Gaspedal schnellt zwar die Drehzahl geräuschvoll in die Höhe, doch bis der Schub einsetzt, dauert es. Der 22 kW starke E-Motor schafft es nicht, die Lücke zu überbrücken, die an ein großes Turboloch erinnert. Manuelles Eingreifen ist leider auch keine gute Lösung. Wie beim EQ-Modell fallen die Paddle hinter dem Lenkrad zugunsten eines Bedienhebels weg. Was bereits bei der Reku-Variation beim Stromer stört, nervt beim manuell Schalten erst recht. Denn das Ziehen bzw. Drücken des Automatik-Wählhebelchens hinter dem Lenkrad fördert in keiner Weise den Fahrspaß.
Zudem kuppelt sich der E-Motor teils unsanft ein und aus. Dafür ermöglicht er elektrisches Fahren bei geringer Last und rekuperiert bergab kräftig. Und auch das Bremspedal reagiert gefühlvoll – zum ersten Mal seit Langem in einem Mercedes-Mildhybrid.
Spürbarer Gewichtsvorteil trotz Allrad
Adaptive Dämpfer gibt es auch für den Hybrid-CLA nicht. Warum auch, schließlich federt er so ausgewogen wie der EQ und fühlt sich dabei noch eine Idee leichter an. Tatsächlich reden wir hier von rund 350 kg. Das wirkt sich auch positiv auf das Lenkgefühl aus; der CLA Hybrid mit seinem Frontmotor-Layout besitzt eine eigene Lenkungsanbindung.
Apropos kurz angebunden: Der Hang-on-Allradantrieb leitet maximal 50 Prozent der 300 Nm Drehmoment nach hinten. Um zu illustrieren, wie gut das funktioniert, räumt uns Mercedes einen Teil der gesperrten Mautstraße hinüber nach Italien. Wobei diese eher als präpariert, also wie bei einer Skipiste, durchgeht. Ja, auch wenn der Klimawandel schneebedeckte Fahrbahnen künftig zumindest im Winter eher zur Ausnahme macht, darf man durchaus die Sicherheitsreserven des Allradantriebs auch bei Nässe propagieren, zumal die modernen Allradsysteme Mehrverbräuche nur im niedrigen Nachkommastellenbereich verursachen.
Auf der schneebedeckten, extra gesperrten Straße hinauf zum Timmelsjoch lässt sich der 4Matic mit abgeschaltetem ESP sogar leicht quer durch die engen Kehren treiben und sich so nicht einmal vom Igel stoppen.
Teurer Einstiegs-Benz
Künftig soll es keine Frage des Geldes sein, ob man sich den CLA als EQ oder die Verbrennervariante holt. Nun, das setzt allerdings eine gewisse Solvenz voraus: Der CLA 180 4Matic startet erst bei 46.243 Euro. Das ist rund 3.000 Euro billiger als der günstigste CLA 200 mit EQ-Technologie. Wer Allradantrieb will, ist mit dem hier gefahrenen CLA 220 4Matic ab 54.228 Euro gut dabei. Der günstigste Allrad-Elektriker, der CLA 350, kostet rund 60.000 Euro.












