Verstappen-Attacke in Katar: Flattern Norris jetzt die Nerven?

Matchball oder Führungswechsel
Flattern Norris jetzt die Nerven?

GP Katar 2025
ArtikeldatumVeröffentlicht am 25.11.2025
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Red-Bull-Sportchef Helmut Marko hatte es kommen sehen: "Wenn der Norris neben dem Max startet, flattern ihm die Nerven." Und genau das ist in Las Vegas passiert. Norris kam zwar besser von der Linie weg, konzentrierte sich dann aber so darauf, Max Verstappen innen den Weg abzuschneiden, dass er das Bremsen vergaß. Der McLaren schoss über sein Ziel hinaus, und schon lag der Gegner in Führung. Schlimmer noch. Norris öffnete mit seinem Manöver auch noch George Russell die Tür, zwei Kurven später vorbeizugehen.

Norris blieb wie immer ehrlich. Keine Ausflüchte, keine Entschuldigungen. "Ich habe Mist gebaut und zu spät gebremst." Nur um sich später zu beruhigen: "Wenn Max dich um 20 Sekunden schlägt, dann war er an dem Tag einfach besser als du." Oder der McLaren falsch abgestimmt. Aus Angst um die Bodenplatte musste Norris in den letzten fünf Runden massiv vom Gas. Es half nichts. Beide McLaren wurden disqualifiziert.

Damit schieben sich die drei WM-Kandidaten weiter zusammen. Norris führt noch, aber nur noch mit jeweils 24 Punkten vor Max Verstappen und Oscar Piastri. Man kann den WM-Stand zwei Rennen und einen Sprint vor dem Saisonende von zwei Seiten sehen: Wenn Norris zwei Punkte mehr aus Katar mitnimmt als seine Gegner, ist er in einer Woche Weltmeister. Er hat also Matchball. Ihm würden auch drei dritte Plätze reichen. Doch das klingt eher nach Zitterpartie. Auf der anderen Seite könnte Verstappen im Extremfall zum ersten Mal die WM-Führung übernehmen. Das wäre der Todesstoß für McLaren.

Max neben Lando: Das geht nicht gut

Bei Red Bull hofft man, dass der WM-Spitzenreiter jetzt das große Nervenflattern bekommt. Zumal George Russell den Favoriten für die schnelle Strecke von Losail schon kennt. "Das ist eine Red-Bull-Strecke. Schnelle Kurven sind ihr Revier. Das haben sie schon in Suzuka und Silverstone gezeigt." McLaren-Teamchef Stella stellt dagegen: "Dafür spielt die Strecke von Abu Dhabi uns wieder in die Karten."

Doch wenn es Verstappen gelingt, seinen Rückstand in Katar weiter zu verringern, dann wird das Finale eine Kopfsache. Und da ist normalerweise der Weltmeister im Vorteil. Man muss sich nur die letzten vier Starts anschauen. Immer, wenn der Angstgegner wie in Austin oder Las Vegas neben ihm in der Startaufstellung steht, verliert Norris das Duell in die erste Kurve. Hat er es mit anderen Fahrern wie Leclerc in Mexiko oder Antonelli in Interlagos zu tun, sind seine Starts perfekt.

Lando Norris & Max Verstappen - GP Las Vegas 2025
Glenn Dunbar via Getty Images

Red Bulls Erfolgsformel: Alle für Max

Verstappen hält noch eine Trumpfkarte in der Hand: Bei Red Bull arbeiten 1.000 Leute nur für einen Fahrer. Die Nummer zwei existiert gar nicht. Yuki Tsunoda darf höchstens mal andere Abstimmungen oder Reifensorten für den Chefpiloten testen. McLaren hielt bis jetzt an seinem Fairplay-Versprechen fest. Das schränkt die Strategen ein.

Zwei gleiche Strategien kann es gar nicht geben. Sie aber so gleich wie möglich aussehen zu lassen, kann je nach Rennsituation dem einen schaden, oder dem anderen nutzen. McLaren steht jetzt vor der schweren Aufgabe, entscheiden zu müssen, ob beide Fahrer weiter ihr eigenes Rennen fahren dürfen. Verstappen ist im Vergleich zu Norris immer noch auf die Mithilfe anderer angewiesen. Piastri könnte so ein Mitspieler werden, wenn er Norris Punkte wegnimmt.

Bei Fragen nach Stallregie hatten die Chefs Zak Brown und Andrea Stella stets betont, dass man so lange wie möglich beiden Fahrern eine Chance geben will. "Und wenn uns diese Ehrlichkeit den Titel kostet, müssen wir damit leben." Ein ehrenwerter Satz, der unter dem Druck der Titelentscheidung möglicherweise bald gestrichen wird. Und wenn nicht, freut sich Verstappen.

Lando Norris & Max Verstappen - GP Las Vegas 2025
Mark Sutton via Getty Images

Auch McLaren zeigt Nerven

Nicht nur bei Norris machte sich in Las Vegas der Druck der nahenden WM-Entscheidung bemerkbar. Auch McLaren ließ sich aus dem Konzept bringen. Das Team muss die Gefahr der zu starken Abnutzung der Bodenplatten-Beschläge erkannt haben. Warum ließ man Norris so lange so schnell fahren?

Sein Vorsprung auf George Russell betrug zehn Runden vor Schluss 6,1 Sekunden. Schon da hätte man mit Lift-and-Coast beginnen müssen. Selbst, wenn er noch den zweiten Platz an den Mercedes-Fahrer abgeben hätte müssen, wäre das immer noch besser gewesen, als einen Ausschluss zu riskieren.

Piastri fuhr weiter, als hätte es überhaupt kein Problem gegeben. Dabei war er von der Schaukelei auf den Geraden noch schlimmer betroffen als Norris. Man konnte das Highspeed-Bouncing schon an den TV-Bildern erkennen. Da brauchte es keine Sensor-Warnung. Hätte der Australier rechtzeitig Fahrt rausgenommen, wäre er Siebter statt Vierter geworden. Alles besser als eine Nullrunde.

Der WM-Zweite hat mental die beste Ausgangsposition. Nachdem er sechs Mal in Folge am Podium vorbeigefahren war, hatten ihn alle bereits abgeschrieben. Damit fährt er ein bisschen unter dem Radar. Piastri nimmt jetzt die Rolle von Verstappen ein, der nicht mehr sagen kann, er hätte nichts mehr zu verlieren. Das Schicksal hat ihm eine Hand gereicht, und die will er jetzt nicht mehr ausschlagen. Bei jedem Zweikampf hat er mehr zu verlieren als die McLaren-Piloten. Einer von denen profitiert nämlich immer.

Fazit