Doppel-Problem bei George Russell: Hatte Mercedes in Las Vegas eine Siegchance?

Doppel-Problem bei George Russell
Hatte Mercedes in Las Vegas eine Siegchance?

ArtikeldatumVeröffentlicht am 25.11.2025
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Der zweite Platz in der Konstrukteurs-WM ist für Mercedes zum Greifen nah. Die Silberpfeile führen 40 Punkte vor dem Einmann-Team Red Bull und 53 vor Ferrari. Bei zwei Grands Prix und einem Sprint sind maximal noch 101 Zähler für zwei Autos zu vergeben. Damit hat Mercedes in Las Vegas bereits einen Teil der Mission erfüllt. Den zweiten blieb der Vorjahressieger aber am Strip schuldig.

Es reichte weder zur Pole-Position noch zum Sieg. Der Rückstand von 23,5 Sekunden auf Max Verstappen täuscht. Um so viel besser war der Niederländer nicht. George Russell meldete schon früh im Rennen Probleme mit der Servolenkung. Am Kurvenausgang wollte sich das Lenkrad nicht wie gewohnt in seine Ausgangsstellung zurückdrehen. "Es fühlte sich an, als wäre die Aufhängung gebrochen", berichtete der Engländer am Funk.

Das Handicap war bereits in der Qualifikation aufgetreten. Nachdem Russell im Q1 und Q2 noch Bestzeit gefahren war, meldete er mitten im Q3 Alarm. Das Resultat war nur der vierte Startplatz. Nach Erlaubnis der FIA durfte Mercedes vor dem Rennen die Lenkgetriebe tauschen. Doch schon auf der Fahrt zum Startplatz und in der Formationsrunde meldete Russell erneut, dass sich die Lenkung komisch anfühlte. Die Ingenieure waren sich nicht sicher, ob sich der Fahrer das Problem vielleicht doch nur eingebildet hatte.

Verstappen außer Reichweite

Bis zur 15. Runde hielt Russell Sichtkontakt zu Spitzenreiter Verstappen. Dann stieg der Abstand erstmals über zwei Sekunden an und wurde schnell größer. Die wilde Fahrt hatte den Medium-Reifen zu stark zugesetzt. Es zeichnete sich Körnen ab. Zwei Runden später schon stand der zweifache Saisonsieger für den Reifenwechsel an der Box. "Wir wollten einem Undercut von Norris zuvorkommen."

McLaren ließ seinen WM-Favoriten bis zur 22. Runde auf der Strecke. "Das hätten wir auch so gemacht. Auf den Stopp von George gleich zu reagieren, hätte Norris nichts gebracht", erklärten die Mercedes-Strategen.

Verwundert waren sie allerdings, dass Red Bull den Stopp von Norris nicht sofort konterte. Der Vorteil des Undercuts ging zwar wegen der langen Aufwärmphase der harten Reifen und der Gefahr des Körnens gegen null, doch es kann sich immer ein schlechter Stopp einschleichen, der dann für den zum Problem werden kann, der später stoppt.

George Russell & Max Verstappen - GP Las Vegas 2025
Mark Thompson via Getty Images

Reifeninformationen waren dünn

Tatsächlich stand Verstappen beim Reifenwechsel drei Sekunden. Da setzte Russell alles auf eine Karte. Er flog mit 1,2 Sekunden Rückstand an Start und Ziel vorbei und sah seine Chance darin, dass seine Reifen schon heiß, die von Verstappen aber noch kalt waren. Der spätere Sieger wehrte die kurze Attacke locker ab. Dafür hatte sich Russell bei dem Angriff die Reifen ruiniert. "Ich war beim Versuch, Max zu kriegen, zu aggressiv. Die Reifen haben sofort mit Körnen reagiert. Einen Moment lang fürchtete ich, dass ich noch einen zweiten Boxenstopp brauchen würde."

So sahen es auch die Strategen. "Ab da ging es nur noch ums Überleben. Es war Georges einzige Chance, an Max vorbeizukommen, und er musste sie nutzen. Der Red Bull war schneller als unser Auto." Teamchef Toto Wolff relativierte: "Die Informationen über die Reifen waren nach dem Regen am Samstag ziemlich dünn. Es war schwer, eine Balance zwischen Reifenmanagement und Speed zu finden und abzuschätzen, was man ihnen zumuten kann. Vielleicht hat George die Reifen überfordert beim Versuch, Max zu folgen."

George Russell & Lando Norris - GP Las Vegas 2025
MediaNews Group/Inland Valley Daily Bulletin via Getty Images

Aktie mit Zukunft

Andrea Kimi Antonelli erweist sich für Mercedes immer mehr als Aktie mit Zukunft. Seit Baku zeigt die Formkurve des 19-jährigen Italieners nach oben. Den Fehler in der Qualifikation bügelte das Wunderkind mit einer grandiosen Aufholjagd von Platz 17 auf Rang 3 aus. Wobei Aufholjagd vielleicht das falsche Wort ist. Antonelli überholte auf dem Weg nach vorne nur zwei Autos.

Doch er zeigte für seine erst 22 GP-Starts eine erstaunliche Reife beim Reifenmanagement. Die Strategen dachten sich eine Taktik mit einem frühen Boxenstopp aus, um ihrem Schützling möglichst lang und möglichst oft freie Fahrt zu gönnen. Die Reifen dankten es mit einer Lebensdauer von 48 Runden. Und in der 46. Runde dieses Reifensatzes gelang Antonelli auch noch die drittschnellste Rennrunde.

Der Mercedes-Rookie schaffte den Spagat, einerseits Piastri und Leclerc in Schach zu halten, andererseits seine Reifen zu schonen. "Wir konnten uns anfangs nicht vorstellen, dass es möglich sein würde, die harten Reifen über eine so lange Distanz zu bringen", gab Wolff zu. Nur einmal machte sich Antonelli Sorgen: "So bei Halbzeit fingen die Reifen kurz an zu körnen. Da habe ich mit ihnen gesprochen, dass sie durchhalten mögen." Sein Glück: Nach ein paar Runden verschwand das Körnen wieder. Wolff verfluchte im Rückblick die Qualifikation. "Wir hätten gerne gewusst, wo Kimi mit einer normalen Startposition gelandet wäre."

Fazit