Vorschau GP Singapur: Das wichtigste Rennen des Jahres

Vorschau GP Singapur
Das wichtigste Rennen des Jahres

ArtikeldatumVeröffentlicht am 02.10.2025
Als Favorit speichern

Nur noch sieben Grands Prix stehen in der aktuellen Formel-1-Saison auf dem Spielplan. Zwei Wochen nach dem Rennen in Baku erwartet die Fans in Singapur erneut Stadtkurs-Action. Allerdings unterscheiden sich die Layouts der beiden Strecken so sehr, dass sich das Kräfteverhältnis beim Flutlicht-Grand-Prix ganz anders darstellen könnte.

In Monza und Baku waren zuletzt Low-Downforce und möglichst wenig Luftwiderstand auf den langen Geraden angesagt. In Singapur geht der Vollgasanteil mit 59 Prozent deutlich nach unten. Das führt dazu, dass die Ingenieure wesentlich steilere Flügel montieren lassen müssen.

Nach den letzten beiden Verstappen-Siegen weiß niemand genau, wie weit die jüngsten Upgrades am Red Bull für den Höhenflug verantwortlich waren und wie sehr die besonderen Strecken geholfen haben. Sollte der Weltmeister zum ersten Mal in seiner Karriere auch in Singapur gewinnen, wäre das ein deutliches Zeichen, dass man mit Red Bull nun in jedem Rennen rechnen muss.

Auch Mercedes hat zuletzt in Baku überdurchschnittlich stark abgeliefert. Ferrari und McLaren konnten dagegen nicht in den Kampf um die Podiumsplätze eingreifen. Die beiden Traditionsteams hoffen, dass in Singapur wieder der Normalzustand hergestellt wird, den man von den Rennen vor der Sommerpause kannte.

Mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit wird McLaren dieses Wochenende den Konstrukteurspokal fix machen. Die Mercedes-Fahrer müssten schon 31 Punkte mehr holen als Lando Norris und Oscar Piastri, um das Thema zumindest theoretisch offen zu halten. In der Praxis müsste also ein Silberpfeil-Doppelpodium her, bei einem gleichzeitigen Papaya-Doppelausfall.

Das verlangt nach einigem Chaos, das in Singapur gar nicht so selten ist. In 14 von 15 Rennen hatte Safety-Car-Fahrer Bernd Mayländer mindestens einen Auftritt. Auch das Wetter spielt im tropischen Stadtstaat bekanntlich gerne mal verrückt. Laut den Vorhersagen der Meteorologen muss man auch an diesem Wochenende immer wieder mit Wolkenbrüchen rechnen.

Die Strecke: Marina Bay Street Circuit

Schon mehrmals änderten die Streckenbetreiber das Layout des Marina Bay Circuit. 2023 zwangen Sanierungen sie dazu. Dabei fielen gleich vier Kurven zum Opfer. Zwischen T15 und T16 entstand ein fast 400 Meter langes Vollgasstück. Die große Überholproblematik konnte dadurch allerdings nicht behoben werden.

Der Umbau kürzte die Gesamtlänge von 5,063 auf 4,940 Kilometer. Die Rundenzeiten fielen um zehn Sekunden. Der Kurs ist nun flüssiger als zuvor. Zu rund 70 Prozent führt dieser im Stadtteil Marina Bay über öffentliche Straßen. Regelmäßige Regengüsse verhindern, dass sich eine klebrige Gummischicht auf der Ideallinie bilden kann. Der Griplevel befindet sich stets am unteren Rand der Skala.

Die vielen engen, rechtwinkligen Ecken und die Bodenwellen machen den Ritt durch den Leitplanken-Dschungel für die Piloten zur Tortur. Als wären Temperaturen von über 30 °C und eine Luftfeuchtigkeit auf Sauna-Niveau nicht schon anstrengend genug. Meistens gehen die Rennen an bzw. über die Zwei-Stunden-Marke.

Viele Fahrer bezeichnen den GP Singapur deshalb auch als das körperlich anstrengendste aller Rennen. Bis zu drei Kilo Gewicht schwitzen sie im Laufe des GP aus. Die Fehlerrate ist hier traditionell hoch, das Überholen wie erwähnt schwierig. Daran ändern auch drei DRS-Zonen nichts. Pirelli bringt die Sorten C3, C4 und C5 ins Spiel. Mehr als einen Boxenstopp erwarten wir aber nicht – wenn kein Safety-Car dazwischenfunkt.

Pirelli-Reifengrafik GP Singapur 2025
Pirelli

Fast Facts

  • Streckenlänge: 4,940 Kilometer
  • Runden: 62
  • Renndistanz: 306,143 km
  • Anzahl Kurven: 19 (12 links / 7 rechts)
  • Rundenrekord (Rennen): 1:34.486 Minuten (Ricciardo, 2024)
  • Distanz von Pole Position bis zur ersten Bremszone: 177 Meter
  • Länge Boxengasse: 405 Meter
  • Zeit in der Boxengasse bei Speedlimit: 25 Sekunden
  • Vollgas-Anteil (Rundendistanz): 59 Prozent
  • Top-Speed: 307 km/h
  • DRS-Zonen: 3 (T13-T14, T15-16, T19-T1)
  • Pirelli-Reifen: C3, C4, C5
  • Bremsenverschleiß: hoch
  • Safety-Car-Wahrscheinlichkeit: 93 Prozent
Safety Car - Formel 1 - GP Singapur 2022 - Rennen
Wilhelm

Setup

Die Stop-and-Go-Charakteristik führt in Verbindung mit den hohen Außentemperaturen zu einer hohen Bremsbelastung. Die Teams zählen gleich vier harte Bremszonen. Durch das Fehlen langer Geraden und die kurzen Abstände zwischen den Kurven wird weniger Luft in die Bremsen geleitet. Die Kühlung ist daher ein wichtiges Thema.

Wer in Singapur schnell sein will, braucht eine Vorderachse, die zupackt, und ein Heck, das kein wildes Eigenleben führt. Untersteuern können die Fahrer bei den vielen langsamen Kurven gar nicht gebrauchen. Die Balance muss stimmen. Hier ist im Freien Training viel Setup-Arbeit gefragt. Ein stabiles Auto bringt Vertrauen und Zehntel auf der Uhr.

Das Fahrwerk muss möglichst weich und hoch eingestellt werden, um den Ritt über die Randsteine und die Bodenwellen abzufedern und die mechanische Traktion zu verbessern. Das beißt sich eigentlich mit den Grundeigenschaften der Groundeffect-Autos, was die Abstimmungsarbeit kompliziert und zugleich spannend macht.

Die Einstellung des Flügelwerks ist extrem. Die vielen rechtwinkligen Kurven verlangen maximalen Abtrieb. Obwohl es für einen Stadtkurs noch relativ lange Geraden gibt, ist Top-Speed zweitrangig – ganz im Gegensatz zu beispielsweise Monza oder selbst Baku zuvor.

Es fehlen zwar die schnellen Kurven. Trotzdem belastet Singapur die Reifen – und zwar auf der Hinterachse. Das ständige Abbremsen und Beschleunigen, gepaart mit hohen Außentemperaturen und einem aggressiven Asphalt, setzt den Pirellis über die Distanz zu. Die Oberfläche kann nie richtig auskühlen. Reifenmanagement ist gefragt, sonst überhitzen die Gummis, verschleißen und bauen ab. Auch in der Nacht.

Updates

So langsam wird es immer dünner auf der offiziellen Upgrade-Liste der FIA. Schon die letzten Rennen haben gezeigt, dass die meisten Teams die Entwicklung an den Auslaufmodellen längst eingestellt haben. Alle Ingenieure sind schon fokussiert auf die neuen Rennwagen für die Saison 2026. Wenn jetzt noch was kommt, dann ist es entweder streckenspezifisch oder es dient der Haltbarkeit. Im Vorfeld von Singapur hat kein Team ein Performance-Upgrade angekündigt.

Favoriten

So spannend wie in Singapur war es dieses Jahr lange nicht. Nach zwei Red-Bull-Siegen sollte man meinen, dass Max Verstappen auch in Singapur zu den ersten Anwärtern für den obersten Podestplatz zählt. Aber der Weltmeister hat das Nachtrennen in seiner Karriere noch nie gewonnen. Und eigentlich sollten die mittelschnellen Kurven dem McLaren am besten schmecken. Auch Ferrari ist auf dieser Art Strecken eigentlich höher einzuschätzen.

Die Frage lautet, ob die Änderungen am Unterboden, die Red Bull in Monza vorgenommen hat, nun auch auf einem kurvigeren Stadtkurs wie Singapur Früchte trägt. Oder ob wir das alte Kräfteverhältnis von den Rennen davor wiedersehen. Wenn Verstappen den Hattrick schafft, muss man ihn bei allen Grands Prix bis zum Saisonabschluss auf der Rechnung haben – und damit auch für den WM-Titel.

Im Mittelfeld ist es eine ähnliche Frage, die sich stellt. Williams und Toro Rosso konnten auf den schnellen Strecken zuletzt glänzen. Sauber, Haas und Aston Martin hoffen, dass ihnen das Layout von Singapur mehr entgegenkommt und dass nach der Punktediät in Baku nun wieder etwas Zählbares eingefahren wird.

Zeitplan GP Singapur

Das Qualifying und das Rennen werden in Singapur traditionell erst nach Sonnenuntergang gestartet. Durch die Zeitverschiebung ändert sich für die deutschen Fans nicht viel. Das Qualifying beginnt am Samstag um 15.00 Uhr, das Rennen wird um 14.00 Uhr freigegeben.