Der Fluch der Leistungsdichte: So eng lag das Feld am Ende zusammen

Der Fluch der Leistungsdichte
So eng lag das Feld am Ende zusammen

GP Abu Dhabi 2025
ArtikeldatumVeröffentlicht am 12.12.2025
Als Favorit speichern

Lewis Hamilton war am Boden zerstört. Zum dritten Mal in Folge flog er in Abu Dhabi aus dem Q1. Diesmal nur um acht Tausendstel. Das mochte den Rekordsieger nicht trösten. Teamkollege Charles Leclerc zitterte sich durch die K.O.-Runden und landete schließlich mit einer Chaosrunde im Q3 auf Platz fünf.

Das sah natürlich für Hamilton maximal schlecht aus. Der 40-jährige Engländer antwortete auf Fragen im TV-Bereich mit Sprachlosigkeit. Ferrari-Teamchef Frédéric Vasseur nahm sein Sorgenkind in Schutz: "Lewis war nur 0,231 Sekunden langsamer als Charles. Das hat früher zwei Positionen bedeutet. Heute fliegt der eine aus dem Q1 und der andere fährt in die Top Ten."

Auch beim Aufstieg ins Q3 ging es um Sekundenbruchteile. Isack Hadjar bremste Oliver Bearman um 0,031 Sekunden aus. In Abu Dhabi lagen die 20 Fahrer innerhalb von 1,285 Sekunden. Im Q2 ging es dann so eng zu wie noch nie. Die Top 15 drängten sich in einer Zeitspanne von nur 0,367 Sekunden zusammen. Und das bei 16 Kurven. 16 Möglichkeiten, Zeit zu gewinnen oder zu verlieren.

Zu Beginn der Groundeffect-Ära 2022 fielen die Abstände auf der gleichen Strecke noch deutlich größer aus. Die Top 20 waren durch 1,300 Sekunden getrennt, die Top 15 durch 0,989 Sekunden. Inzwischen sind vier Jahre ins Land gegangen. Alle haben ihre Autos optimiert und sich dadurch auch angenähert.

Fernando Alonso - Aston Martin - Formel 1 - GP Katar 2025
Clive Rose via Getty Images

Monza mit dem kleinsten Delta

In der zweiten Saisonhälfte 2025 fiel die hohe Leistungsdichte besonders auf. Die Autos waren ausentwickelt. Es kamen kaum noch Upgrades. Damit verstanden die Teams ihre Autos immer besser. In Monza war das Delta von 0,865 Sekunden für 20 Fahrer am kleinsten. Auch in Zandvoort und Mexico-City lag es unter einer Sekunde. Die selektivste Strecke war Singapur mit 1,496 Sekunden Differenz.

Gefühle wie in der Vergangenheit kamen nur in Baku und Las Vegas auf. In Baku brachte eine Serie von Unfällen und roten Flaggen Teams und Fahrer aus dem Rhythmus. Das Resultat waren 2,447 Sekunden Abstand zwischen Platz 1 und 20. Noch krasser fielen die Unterschiede in Las Vegas aus. Dort sorgte der Regen mit einem Delta von 3,971 Sekunden für eine echte Selektion.

Wenn wir nur in das Jahr 2021 zurückgehen, waren größere Zeitabstände die Normalität. In Zandvoort ging die Schere der 20 Teilnehmer auf 2,046 Sekunden auf, in Austin 2018 auf 1,605 Sekunden. Fürs Weiterkommen in die nächste K.O.-Runde konnten aber auch schon damals minimale Abstände über Sein und Nichtsein bestimmen. Lando Norris kämpfte sich 2021 in Zandvoort mit 0,041 Sekunden Vorsprung auf Sergio Pérez in die zweite Qualifikationsrunde. Kevin Magnussen warf Fernando Alonso 2018 in Austin um 0,052 Sekunden aus dem Q2.

Lewis Hamilton - Ferrari - Formel  1 - GP Brasilien 2025
xpb

Qualifikation wird zum Krimi

Das enge Feld macht jede Qualifikation zum Krimi. Die Fahrer brauchen perfekte Runden, um weiterzukommen. Perfekt beginnt bei der Reifenvorbereitung. Wenn der Fahrer da zu schnell fahren muss oder wegen Verkehr zu langsam ist, kann er die Nummer vergessen, selbst wenn der Speed vorhanden ist, um locker weiterzukommen.

Sauber schickte in Abu Dhabi im Q1 seine zwei Fahrer ganz am Ende raus. Während Gabriel Bortoleto noch sechs Sekunden Luft auf seinen Vordermann hatte, ging Nico Hülkenberg im Dreisekunden-Abstand zu seinem Teamkollegen auf seinen letzten Versuch. Es reichte nicht. Die Turbulenzen des vorausfahrenden Autos kosteten zu viel Abtrieb. Bei einem normalen Lauf wäre der Sauber-Pilot locker aufgestiegen.

Im Rennen werden die Lücken im Feld schnell größer. Da setzt die Reifenabnutzung die Bremse. Die trifft die Fahrer im Pulk umso mehr, je stärker die Turbulenzen sind, die von den Autos nach hinten abgestrahlt werden. Der Segen der engen Abstände kehrt sich im Rennen in einen Fluch um.

Das nachfolgende Auto ist in der verwirbelten Luft sowieso schon im Nachteil. Wenn dann der Zeitabstand zum Gegner minimal ist, wird das Überholen zum Kunststück. Die Überholzahlen sind am Sinken. Sieben in Katar, 18 in Las Vegas, 24 in Baku. Eine Inflation gab es zuletzt nur noch in Mexiko, Brasilien und Abu Dhabi. Das lag aber lediglich daran, dass die Autos auf unterschiedlichen Strategien und Reifenmischungen unterwegs waren.

Fazit