Zünd- oder Glühkerze: Deshalb hat ein Diesel keine Zündkerzen

Zünd- oder Glühkerze
Deshalb hat ein Diesel keine Zündkerzen

ArtikeldatumVeröffentlicht am 25.12.2025
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Darstellung von Zündkerze und Glühkerze nebeneinander
Foto: Philippe Donn via Pexels, Beru, Bosch, A. Jüngling

Wer ein gewisses Grundverständnis dafür hat, wie sein Auto funktioniert, fährt besser. Zum Glück wird noch heute von der einen oder anderen Stunde im Physikunterricht der Mittelstufe berichtet, in der die grobe Funktionsweise von Motoren vermittelt wird. Wer’s kompakt erklären kann, bringt Elektro- und Ottomotor sogar in einer einzelnen Unterrichtsstunde unter. Im E-Motor regen sich Rotor und Stator gegenseitig mit Magnetfeldern an, die beim Drehen des Stators ständig ihre Polung wechseln: je mehr Strom, desto öfter, und je öfter, desto schneller die Drehbewegung. Der Verbrennungsmotor braucht ein externes Andrehen, damit sich ein Kolben Luft und Sprit in den Brennraum zieht, dann verdichtet, dann verbrennt und dann ausstößt – macht vier Takte (oder auch nur zwei), die wiederum für eine konstante Drehbewegung der Kurbelwelle sorgen. Damit oben Kraftstoff rein- und Abgas rauskommt, tanzen im Zylinderkopf die Ventile ihr Ballett, und zwar in genauer Abhängigkeit von der Kurbelwelle, damit sich Kolben und Ventile nicht in die Quere kommen. Herzlichen Glückwunsch: Die Abschlussprüfung für die Frage "Mama/Papa, wie funktioniert eigentlich ein Motor?" bestehen Sie damit schon mal.

Wie lässt sich allerdings die Frage beantworten, worin eigentlich der Unterschied zwischen Diesel und Benziner besteht? Oder anders: Woher weiß eigentlich der Motor, wann wo was gezündet werden muss? Hier verbirgt sich der Grund, weshalb der eine Verbrennungsmotor Zündkerzen besitzt, und der andere Glühkerzen. Gehen wir mal der Reihe nach.

Benziner: Hier funkt’s

Gerade waren wir noch beim Physikunterricht, jetzt blicken wir kurz in die Chemie – kennen Sie Nitroglyzerin? Trifft ein Tropfen dieser klaren Flüssigkeit aus einigen Zentimetern Höhe auf eine harte Oberfläche, gibt’s einen gewaltigen Knall. Das Zeug ist zündwillig wie ein Elfjähriger an Silvester. Warum? Weil hier bereits ein Sauerstoffmolekül im Brennstoff vorhanden ist. Dann reicht zur Zündung schon eine winzige Erschütterung. Genau so ist Benzin nicht. Zum Glück. Damit sich Benzin entzündet, muss es sich durch Verdampfung mit Luft vermischen. Wirft man ein brennendes Streichholz direkt in eine Schüssel mit Benzin, passiert normalerweise nichts. Die Flamme wird ertränkt. Zündelt man dagegen an einer Tankentlüftung herum, aus der starke Benzindämpfe treten, wird es unschön. Machen Sie bitte beides nicht nach.

Die Tatsache, dass Benzin erst dann einen heftigen Knall produziert, wenn es mit Luft vermischt und angezündet wird, lässt sich im Ottomotor hervorragend nutzen. Früher über die feinen Düsen eines Vergasers, die die durchströmende Luft im richtigen Verhältnis mit Kraftstoff anreichern, heute über genau dosierbare Einspritzdüsen/Injektoren, kann wunderbar gesteuert werden, wie viel Benzin-Luftgemisch zum richtigen Zeitpunkt im richtigen Brennraum landet. Dann braucht es nur ein winziges Fünkchen, um die gewünschte Explosion auszulösen. Und das kommt von der Zündkerze.

Die Zündkerze in auto motor und sport professional
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Die Zündkerze an sich besteht aus einem Schraubgewinde mit Steckanschluss, einem Isolator aus Keramik, sowie (an der Spitze, die in den Brennraum ragt) aus zwei Elektroden, die eine stromführend, die andere auf Masse geführt. Dazwischen, ein kleiner Spalt, den der Strom dank der sehr hohen Zündspannung als Funke überspringt. Diese Spannung liefert eine simple Spule, früher meist eine für alle Zündkerzen, heute besitzt jede Kerze ihre eigene kleine Zündspule. Die altmodische Variante wird über einen Zündverteiler mit Strom versorgt, in dem sich eine vom Motor angetriebene Welle dreht. Dreht man wiederum den Verteilerkörper selbst, lässt sich der Zündzeitpunkt einstellen, in der Regel einige Millisekunden bevor der jeweilige Kolben seinen oberen Totpunkt erreicht. Weil das in Zeit gar nicht genau genug messbar ist, und sich mit der Drehzahl ständig verändert, spricht man beim Zündzeitpunkt von einer Winkelangabe in Grad. Sprich: Der richtige Zündzeitpunkt ist erreicht, wenn die Kurbelwelle z.B. 5 Grad vor dem Erreichen des oberen Totpunktes (OT) steht. Dann leitet der korrekt eingestellte Verteiler den winzigen Hochspannungsimpuls ins jeweilige Zündkabel. Diese hochkomplexen (und theoretisch auch fehleranfälligen) Abläufe regelt heute ein elektronisches Steuergerät, welches seine Zeitpunkte aus den Drehwinkelangaben der Kurbel- und Nockenwellensensoren errechnet und je nach Zustand aktiv variieren kann. Weil – je nach Material in verschwindend geringem Maße – die Elektroden der Zündkerze mit der Zeit abbrennen, müssen Zündkerzen nach ein paar Jahren getauscht werden. Wichtiger wird ein Wechsel allerdings, wenn die Verbrennung z.B. aufgrund verstellter Einspritz- oder Zündzeiten nicht sauber abläuft, oder ein Motor nie seine Betriebstemperatur erreicht, und sich Ruß auf den Elektroden bildet.

Diesel: Einmal Glühen reicht

Klingt scheußlich kompliziert, so ein Ottomotor, ist aber tatsächlich recht leicht verständlich. So wie ein Tennisspieler immer zum genau richtigen Zeitpunkt den Ball schlägt, zündet der Verbrenner, damit der Kolben immer zielgenau angetrieben wird. Aber wie macht das der Diesel, wenn er keine Zündkerzen hat? Und warum hat er eigentlich keine? Fangen wir wieder bei der Chemie an. Diesel ist noch weniger zündwillig, weshalb er in der Handhabung im Normalfall noch ungefährlicher ist als Benzin. Wer im Dieseldampf herumzündelt und funkt, erntet nichts als schiefe Blicke. Damit der Diesel kraftvoll verbrennt, braucht er Druck und Hitze. Ersteres liefert jeder Ottomotor, weil ja der hochschnellende Kolben die Luft im Brennraum verdichtet (Dieselmotoren sind natürlich bewusst so gebaut, dass diese Kompression höher ausfällt als bei normalen Benzinern). Folglich muss der Brennstoff nur genau dorthin befördert werden, und das Ganze ist funktionsfähig. Das geschieht simpel gesagt über Einspritzdüsen, deren Hochdruck-Varianten heute als Injektoren bezeichnet werden. Der feine Dieselnebel explodiert dann allein durch Kompression.

Dadurch entfällt die Zündkerze und der Zündzeitpunkt richtet sich ganz simpel nach dem Einspritzzeitpunkt. Der wiederum wurde früher (so ähnlich wie beim Zündverteiler) über den Verteiler der Einspritzpumpe reguliert, der wiederum von Kurbel- oder Nockenwelle angetrieben wird und dadurch im richtigen Zeitverhältnis arbeitet. Heute versorgt meist eine Hochdruckpumpe ein einzelnes Rohr (die sogenannte Rail), das permanent unter Kraftstoffdruck steht und einzelne Düsen (Injektoren), die elektronisch angesteuert winzige Portiönchen von diesem Kraftstoffvorrat einspritzen. Das nennt man Common Rail, also eine "gemeinsame Leitung".

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Wiesinger (5), Hartmann (1), Beru (1), Bosch (1), Osram (1), Torsten Henning (1)

Und wo bleibt endlich die Glühkerze? Ganz einfach. Das System wird erst dann zum Selbstläufer, wenn in den Brennräumen Hitze vorhanden ist. Die entsteht im Betrieb von selbst. Damit der Diesel aber überhaupt erstmal anspringt, muss man ihn vorglühen. Das besorgen die Glühkerzen: lange dünne Heizelemente, die bis in den Brennraum jedes Zylinders reichen. Beim Einschalten der Zündung fließt viel Strom hindurch, sodass die Stäbe in Sekundenschnelle zu glühen beginnen. Dann kann Diesel eingespritzt werden und der Motor läuft, sobald der Anlasser ihn wachrüttelt. Damit das auch bei sehr niedrigen Temperaturen möglichst sanft läuft, lässt eine elektronische Steuerung die Kerzen noch für eine bestimmte Weile nachglühen. Die Glühkerzen selbst sind wartungsfrei, was jedoch nicht bedeutet, dass nicht auch mal eine ausfallen kann – in der Regel erst in einem gewissen Alter, unabhängig von der Laufleistung. Hier wird dann häufig zum Problem, dass die stählernen Glühkerzen ohne jegliches Spiel und mit großen Dichtflächen in den Zylinderkopf geschraubt sind, damit der Verbrennungsdruck auf keinen Fall entweichen kann. Weil der Zylinderkopf jedoch zumeist aus einer Aluminiumlegierung besteht, unterscheidet sich zwangsläufig die thermische Ausdehnung von Kopf und Kerze. Kurzum: Nach unzähligen Hitzezyklen sind Glühkerzen häufig so festgebacken, dass sie sich nicht mehr problemlos lösen lassen. Werkstätten kennen das Problem und gehen bewusst geschickt vor, nutzen vor dem Ausbau kriechfähige Schmiermittel und passen ein geeignetes Temperaturfenster ab, ehe sie einen Versuch unternehmen, die festsitzende Kerze zu lösen. Selbst dann kommt es jedoch immer wieder vor, dass die Schraubköpfe von Glühkerzen unter dem hohen Kraftaufwand abbrechen. Dann muss die Kerze aufwendig ausgebohrt werden, weshalb teilweise sogar der Zylinderkopf demontiert werden muss.

Letztere Erklärung geht zwar ins Geld und ist kein unbekanntes Problem, aber keinesfalls ein Grund zur ständigen Sorge für alle Dieselfahrer. Das Phänomen gehört schlicht zum Grundwissen. Wer alles verinnerlicht hat, folgert übrigens richtig, dass ein Pkw-Diesel mit mehreren Zylindern auch dann starten müsste, wenn mal eine oder zwei Glühkerzen streiken, solange irgendwo noch genug Hitze produziert wird. Das stimmt auch – akustisch erkennbar an langem Anlasserorgeln und rumpeligem Leerlauf für die ersten paar Sekunden. Für den Motor ist das jedoch die reinste Tortur. Dort, wo nicht ausreichend vorgeglüht wird, wäscht eingespritzter Diesel das Öl von den Zylinderlaufbahnen. Setzen die Zündungen dann plötzlich und unkontrolliert ein, bekommt der Kolben zum falschen Zeitpunkt sprichwörtlich "eine auf den Deckel", nicht viel anders, als würde man mit einem Hämmerchen darauf herumklopfen. Wie immer gilt also: Achten Sie auf Ihren Motor. Wer gut pflegt, der gut fährt.