Mit den neuen Modellen auf Basis von MMA (Mercedes Modular Architecture) sowie der MB.EA beginnt für Mercedes-Benz eine neue Phase der Elektromobilität mit einer neuen Batterie-Technik. Ihren Ersteinsatz hat sie im neuen CLA es folgen der GLC EQ auf der MB.EA (2026), GLA, GLB (MMA) und die C-Klasse EQ (MB.EA). Kernstück dieser neuen Fahrzeugfamilie ist ein modulares Batteriesystem, das sich flexibel an unterschiedliche Fahrzeugtypen anpassen lässt und mit zwei verschiedenen Arten von Zellchemie zur Auswahl steht.
Die Hochvoltbatterien bestehen aus vier großen Modulen mit robusten Hardcase-Zellen. Zwei unterschiedliche Zellchemien decken verschiedene Leistungs- und Preisbereiche ab. Die "Top-Type"-Variante nutzt Zellen mit Nickel-Mangan-Kobalt-Kathoden (NMC) und Anoden, denen Siliziumoxid beigemischt ist. Dadurch steigt die Energiedichte um bis zu 20 Prozent im Vergleich zu herkömmlichen Graphit-Anoden. Für Einstiegsmodelle ist eine günstigere Lithium-Eisen-Phosphat-Batterie (LFP) vorgesehen, die zwar eine geringere Energiedichte aufweist, dafür aber als besonders langlebig und kostengünstig gilt.
Einheitliches Konzept, unterschiedliche Leistung
Unabhängig von der Zellchemie bleibt die grundlegende Struktur gleich. Jede Batterie besteht aus 192 in Reihe geschalteten Zellen, wodurch eine Systemspannung von rund 800 Volt erreicht wird – ein Wert, der schnelles Laden und hohe Effizienz ermöglicht. Unterschiede ergeben sich aus Zelltyp und Bauhöhe: Mercedes unterscheidet zwischen flachen und hohen Zellen. Die flachen Varianten sind 17,6 Zentimeter hoch, die höheren 19 Zentimeter.
In der Praxis bedeutet das vier verschiedene Batteriekonfigurationen: zwei LFP-Varianten mit 58 und 64 kWh Kapazität sowie zwei NMC-Versionen mit 85 und 94 kWh. Damit deckt Mercedes den Bereich vom kompakten Stadtmodell bis zur Langstreckenlimousine ab. Die größte Batterie, die im GLC EQ und in der C-Klasse EQ zum Einsatz kommen wird, soll eine Reichweite von über 800 Kilometern nach WLTP ermöglichen.
Modularität und Wartungsfreundlichkeit
Die neue Batteriearchitektur wurde nicht nur für maximale Energieausbeute, sondern auch für eine hohe Servicefreundlichkeit konzipiert. Elektronikkomponenten sind von unten zugänglich und können bei Bedarf einzeln ersetzt werden, ohne das gesamte System zu demontieren. Im Falle einer Reparatur bedeutet das einen ganz erheblichen Kostenvorteil im Vergleich zu aktuellen Systemen, bei denen langwierig das gesamte Batteriepaket demontiert werden muss. Der Batteriedeckel ist verschraubt statt verklebt, was Reparaturen erleichtert und die Lebensdauer des Gesamtsystems verlängert.
Thema Sicherheit: Das Batteriegehäuse ist Teil der Fahrzeugstruktur und in das Crashkonzept integriert. Zwischen den Zellen sorgen spezielle Abstände und Materialien dafür, dass sich eine mögliche thermische Reaktion – etwa durch Überhitzung – nicht ausbreitet. Ein Sensor im Zentrum der Batterie überwacht den Zustand auch im geparkten Fahrzeug.
Damit die Batterie unabhängig von Außentemperaturen stets im optimalen Bereich arbeitet, ist sie in das zentrale Thermomanagement des Fahrzeugs eingebunden. Eine Flüssigkeitskühlung sorgt bei Hitze für Temperaturschutz, bei Kälte hilft ein elektrischer Zuheizer, damit die Batterie möglichst schnell auf Wohlfühl-Temperatur kommt. Außerdem kann die Batterie während der Fahrt auf die optimale Lade-Temperatur vorkonditioniert werden, wenn das Navigationssystem eine Schnellladestation als Ziel erkennt.
In der Top-Type-Variante sind dabei Ladeleistungen von bis zu 320 Kilowatt möglich. Damit lässt sich die Batterie in rund 22 Minuten von 10 auf 80 Prozent aufladen. Mercedes garantiert wie bisher eine Mindestkapazität von 70 Prozent über acht Jahre oder 160.000 Kilometer.
Eigene Entwicklung
Die Entwicklung der neuen Batteriesysteme erfolgt weitgehend im eigenen Haus. Mit dem neu eröffneten "eCampus" in Stuttgart-Untertürkheim bündelt Mercedes-Benz seine Forschung zur Zellchemie und Fertigungstechnologie. Dort werden neue Materialkombinationen und Fertigungsprozesse erprobt, bevor sie bei Partnern in Serie gehen. Der Produktionsstart für die Batterien erfolgt in Kamenz, wo die Module zu kompletten Batteriesystemen zusammengebaut werden.
Zukunftstechnik Festkörperbatterien
Parallel zum Serienanlauf der neuen Batterien arbeitet Mercedes-Benz an der nächsten Batteriegeneration. Ein besonders vielversprechender Ansatz ist die Festkörpertechnik, bei der der flüssige Elektrolyt durch eine feste Substanz ersetzt wird. Diese Zellen sind sicherer, kompakter und können mehr Energie speichern.
Im Sommer 2025 absolvierte ein mit einer solchen Batterie ausgerüsteter EQS erfolgreich eine 1.205 Kilometer lange Testfahrt von Stuttgart nach Malmö – ohne Zwischenladen. Die Lithium-Metall-Festkörperzellen stammten vom US-Hersteller Factorial Energy und wurden gemeinsam mit Mercedes-AMG High Performance Powertrains weiterentwickelt. Pneumatische Aktuatoren gleichen während des Betriebs Volumenänderungen der Zellen aus und sorgen für konstanten Anpressdruck – eine Voraussetzung für die Langlebigkeit der Zellen.
Denn während des Betriebs verändern Batteriezellen ihr Volumen leicht – sie dehnen sich beim Laden aus und ziehen sich beim Entladen wieder zusammen. Damit dabei keine mechanischen Spannungen entstehen, sind in der Festkörperbatterie kleine, mit Luftdruck arbeitende Stellglieder (eben: pneumatische Aktuatoren) eingebaut. Sie passen den Druck im Inneren der Batterie ständig an und halten die Zellen immer gleichmäßig zusammengedrückt. Dieser konstante Anpressdruck ist wichtig, damit die Zellen dauerhaft stabil bleiben und ihre volle Leistung über viele Ladezyklen erhalten.
Die neue Batterie wird der "Gamechanger"
Der Test unter realen Bedingungen gilt als wichtiger Schritt Richtung Alltagstauglichkeit. Die Festkörperbatterie des Erprobungsträgers erreichte 25 Prozent mehr Energieinhalt bei gleichem Gewicht wie die aktuelle EQS-Batterie. Zudem kommt sie mit passiver Luftkühlung aus, was das Gesamtsystem leichter und effizienter macht. Mercedes sieht in dieser Technologie einen "Gamechanger" – die Marktreife soll bis Ende des Jahrzehnts erreicht werden.












