Mercedes CLA 350 4Matic EQ im Test: Bestnote für den Elektro-Kompakten

Mercedes CLA 350 4Matic im Test
Der elektrische Rettungswagen von Mercedes?

ArtikeldatumVeröffentlicht am 23.10.2025
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Sagen Ihnen die Namen Helmut Eicker, Klaus Westrup und Götz Leyrer etwas? Falls nicht: Die Herren verfassten für auto motor und sport die ersten Tests des Mercedes W 123 (1976), des neuen 190ers (W 201, 1983) sowie der ersten A-Klasse (W 168, 1998). Ein ähnlich epochaler Mercedes soll der neue CLA (Baureihe 174) sein.

Schauen wir also, was der neue CLA so draufhat, und zwar das derzeitige Topmodell 350 4Matic mit EQ-Technologie – so der sperrige Name des Kompakt-Coupés. Auch das muss man sich in Erinnerung rufen: Der CLA ist ein – wenn auch sehr großes – Auto der Kompaktklasse und somit aus größerer Distanz betrachtet ein Nachfolger der ersten A-Klasse von 1998. Bei der kam Kollege Leyrer am Ende seines ausführlichen Tests zu der Erkenntnis, dass der kleine Mercedes so wegweisend nun doch nicht sei wie vom Hersteller versprochen.

Vorsicht, Spoiler: So weit wird es diesmal nicht kommen, es ist ja auch nicht die erste Ausfahrt mit dem neuen Mercedes und der ebenso neuen MMA-Plattform (Mercedes Modular Architecture). Was soll man sagen? All das, was wir vorher vermuteten, stimmt selbst nach genauerer Betrachtung. Dabei zählt es ja nicht zu den Angewohnheiten von auto motor und sport, die Lobhudeleien der Industrie einfach so an die Leser weiterzureichen. Immerhin vollmundet der Hersteller im Pressetext, der neue CLA sei der cleverste und effizienteste Serienwagen, den Mercedes jemals gebaut habe.

Mercedes CLA
Rossen Gargolov

Allrad, starke Leistung, hoher Preis

Als ersten Testwagen schickt uns Mercedes diesen klarblauen – so der offizielle Farbname – CLA 350 4Matic EQ in die Redaktion; einen inklusive Extras knapp 70.000 Euro teuren Viertürer mit zwei Motoren, mit 260 kW (354 PS) Systemleistung und 515 Nm stark – deftige Zahlen für Kompaktklasse-Kunden. Die Preisliste des CLA EQ beginnt bei 49.421 Euro für den CLA 200 mit 165 kW (224 PS). Den 350 4Matic gibt es ab 60.381 Euro. Es ist nicht einfach, sich davon ein Bild zu machen, weil Mercedes an der Politik ohne fixe Preislisten und mit tagesaktuellen Preisen in den Konfiguratoren festhält.

Jedenfalls gehen die beiden Synchronmaschinen sehr wuchtig zur Sache. Sie achten folgsam auf Befehle des Fahrpedals, vermeiden freilich allzu überschäumende Leistungsdarbietungen. Ohne viel Federlesens stürmt der CLA in 4,8 Sekunden auf 100 km/h, durcheilt die Zwischenbeschleunigungen (3,3 s von 80 auf 120 km/h) rasch und lässt selbst in höheren Temporegionen kaum je den Wunsch nach mehr Leistung und Speed aufkommen. Dabei bleibt der E-Antriebsstrang sehr unaufgeregt und laufruhig. Die automatisch ablaufenden Schaltmanöver des Zweigang-Planetengetriebes an der Hinterachse vollziehen sich unmerklich. Sinnvolle Steigerungen der Fahrkultur scheinen da kaum möglich, viel mehr geht nicht.

Mercedes CLA, Cockpit
Rossen Gargolov

Umso schöner, dass sich der Elektroantrieb recht sparsam zeigt. Um den Testverbrauch (19,8 kWh/100 km) zu erreichen oder gar merklich zu überbieten, muss man es dem CLA schon sehr entschlossen besorgen. Umgekehrt erweist es sich ohne Weiteres als möglich, mit 16 kWh je 100 km im Alltagsverkehr auszukommen. Das passt also.

Souveräner Autobahnkomfort verschleiert das Tempo

Es passt auch auf Autobahnabschnitten, auf denen man fast ungewollt schnell unterwegs ist. Weil heulende Motoren, stürmische Windgeräusche oder polterige Fahrwerksreaktionen so gut wie vollständig fehlen, müssen die Sensoren im Fahrerhirn neu justiert werden. Was, schon wieder 180?, fragt es sich beispielsweise, wenn die optischen Sensoren übers Head-up-Display schweifen. Zumal selbst dieses Tempo sich nicht, wie sonst häufig bei E-Wagen beobachtet, desaströs auf die Reichweite auswirkt. Bei 210 km/h wird der Wagen sanft abgeregelt.

Mercedes CLA
Rossen Gargolov

Alsbald stellt sich selbst bei sehr eiliger Autobahnfahrt entspanntes Wohlbefinden ein. Das sich auf Landstraßenetappen uneingeschränkt fortsetzt. Das liegt unter anderem am feinen Komfort, Adaptivdämpfer werden zu keinem Zeitpunkt wirklich vermisst. Die präzise austarierte, sauber arbeitende Lenkung trägt dazu bei, ebenso die zurückhaltend eingreifenden Assistenzsysteme und die beinahe neutrale Gewichtsverteilung (48,2/51,8 Prozent).

Der CLA erreicht bei Bedarf fast aberwitzig hohe Kurvengeschwindigkeiten und flößt auch dann mit sanften Reaktionen, neutralem Verhalten, hohem mechanischen Grip und geringer Seitenneigung viel Vertrauen ein. Nur wenn es allzu wild dahergeht, schreitet das ESP sanft mahnend ein. Wie gut das alles funktioniert, zeigen auch die sehr guten Ergebnisse beim Ausweichtest sowie im Slalom (139,9 und 67,1 km/h).

Mercedes CLA
Rossen Gargolov

Talentiert an der Säule

Dass sich der CLA 350 4Matic EQ dynamisch derart talentiert zeigt, bedeutet im Umkehrschluss freilich nicht, dass seine Elektroauto-Qualitäten deswegen verkümmert wären. So verfügt der MMA-Unterbau über 800-Volt-Technik, die mit einer maximalen Ladeleistung von 320 kW für vergleichsweise kurze Pausen an den Gleichstromsäulen sorgt.

Auch das erweist sich im Test als reproduzierbar. Mit über 300 kW startet der CLA auch im wahren Leben, selbst bei nur 10 Prozent Restladung. Nach ein paar Minuten hat er bereits Energie für rund 100 km nachgebunkert. Zwar sinkt die Ladeleistung, bleibt jedoch so hoch, dass der Aufenthalt an der Säule kurz bleibt (siehe Ladekurve). So gesehen kann man als CLA-Fahrer das Thema Reichweite gelassen angehen. Der niedrige Verbrauch und der große 85-kWh-Akku sorgen dafür, dass sich ausgedehnte Reisen entspannt gestalten. Meist kommt man mit einer Akkuladung mehr als 500 km weit. Und wenn man dann mal im Ladepark gastieren muss, gibt der CLA die schon erwähnte souveräne Vorstellung.

Mercedes CLA, Ladetest
Rossen Gargolov

Zudem bietet das Mercedes-Coupé einige Annehmlichkeiten, die verraten, wie gut durchdacht vieles an diesem Auto ist. So verbirgt sich der DC-Anschluss hinter einer federbelasteten Klappe; das sonst übliche Gefummel mit billigen Deckeln entfällt. Oder der Bordcomputer verrät auf Abfrage, wie teuer die Akkuladung tatsächlich wird. Auch das ist eine zuvorkommende Eigenheit, die vielen anderen E-Autos fremd ist.

Komfort trifft auf Kritik

Nun sind Sie bis fast ans Ende des Tests gekommen und haben immer noch nichts wirklich Negatives über den CLA gelesen. Einiges fanden wir dennoch, das war auch bei den Kollegen aus den 70er-, 80er- und 90er- Jahren nicht anders. Das Raumangebot im viertürigen Coupé zeigt sich für rund 4,70 Meter Länge sehr dürftig. Und der Zustieg in den engen Fond, dessen Türen nicht sehr weit öffnen, ist nur sehr kleinen oder sehr gelenkigen Personen zumutbar.

Ungewöhnlich auch, dass Mercedes auf die gewohnten Paddel zur manuellen Justierung der Rekuperation verzichtet. Das funktioniert beim CLA etwas umständlich über den Gangwählhebel. Die Lenkradtasten sind nicht weniger fummelig als bei älteren Mercedes-Modellen. Auch an der touchlastigen Bedienung gefällt nicht alles, insbesondere die Klimabetätigung über ein Touchfeld mit dahinter liegendem Menü erweist sich als unpraktisch. Und die Sprachbedienung zeigt sich begriffsstutziger als erwartet.

Sollten Sie mit diesen kleinen Schwächen leben können, dann ist der CLA in der Tat ein epochaler Mercedes. Das hätten die Kollegen Eicker, Westrup und Leyrer vermutlich genauso gesehen.

Fazit

Technische Daten
Mercedes CLA 350 4Matic EQ
Außenmaße4723 x 1855 x 1468 mm
Kofferraumvolumen405 l
Höchstgeschwindigkeit210 km/h
Verbrauch0,0 kWh/100 km